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Brüllbeton - Kriminalroman

Brüllbeton - Kriminalroman

Titel: Brüllbeton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Klarsichtfolie steckte.
    Â»Als Sie mich neulich die Zeichnung von meiner Schwester sehen ließen, wusste ich sofort, dass es geschehen war. Wenn ein Polizist die Zeichnung statt des Fotos einer Person mit sich herumträgt, dann ist das für mich so etwas wie ein Todesurteil. Ein grausamer Tod, sonst hätte man sich nicht die Mühe gemacht, das Gesicht zu zeichnen.«
    Kroll fühlte sich in seiner Haut recht unwohl. Obwohl ihm jetzt die üblichen Floskeln des Beileids erspart blieben, bedrückte es ihn, dass er so unsensibel mit den Gefühlen Mirjas umgegangen war. Vielleicht hätte er neulich besser das Spiel mit dem Bild vermieden.
    Mirja ließ ihm keine Zeit zur Entschuldigung. Das war für sie jetzt nicht mehr wichtig. Sie schob die Akte ein wenig von sich weg und löste sich mit einem inneren Ruck von dem Anblick der Zeichnung.
    Â»Ich denke, es ist am besten für uns alle, auch für Nadja, dass ich Ihnen zuerst erzähle, was ich weiß. Dann können Sie anschließend Ihre Fragen stellen und Ihre Schlussfolgerungen ziehen.«
    Sie schaute kurz zu Kevin, der ihr fast unmerklich zunickte.
    Â»Meine jüngere Schwester Nadja hatte längere Zeit erfolgreich für ein russisches Reiseunternehmen als Touristenführerin gearbeitet, weil sie sehr gut Russisch sprach. In erster Linie betreute sie die Pauschalreisen von Petersburg nach Paris und Nizza, weil auch ihr Französisch ausgezeichnet war. Ich weiß, dass sie in ihrer Arbeit aufging, dass sie gut verdiente. Ich weiß aber auch, dass sie, je mehr Geld sie hatte, immer tiefer in Kreise hineingeriet, die an einem touristischen Kulturaustausch wenig Interesse hatten. Irgendwann kam eine enttäuschende Liebschaft dazu, und plötzlich war sie in einen Drogensumpf geraten. Sie hat mir nie Details erzählt, aber ich habe es in ihren Augen, an den Einstichen in ihrem Oberarm und auch zwischen den Zeilen ihrer Briefe gelesen.«
    Mirja legte eine Pause ein. In Gedanken versunken spielte sie mit ihrer Kaffeetasse. Kroll hütete sich, sie zu unterbrechen. Auch Kevin schwieg und starrte sie gebannt an.
    Â»Vor einem Jahr erschien Nadja plötzlich in meiner Firma und wollte meinen Chef sprechen. Die beiden verbrachten längere Zeit in seinem Büro. Ich musste dann anschließend unsere Geschäftskontakte zu russischen und französischen Betrieben heraussuchen. Als Spezialist für modernen Straßenbau hat Müller überall seine Finger drin. Als ich Nadja auf ihren Besuch bei uns in der Firma ansprach, wich sie mir in einer Weise aus, die mich umso neugieriger machte. Außerdem vermied sie seitdem jeglichen Kontakt mit mir. Irgendetwas lief da ziemlich schief, hatte ich den Eindruck. Ich wollte dahinterkommen, um Nadja zu helfen. Schließlich ist sie – war sie meine Schwester.«
    Mirja nahm einen kräftigen Schluck Kaffee. Dann holte sie ein Notizbuch aus ihrer Tasche und legte es Kroll auf den Tisch. »Das sind die Eintragungen eines ganzen Jahres. Hier eine Liste aller mir bekannten Reisen meiner Schwester. Und hier eine Auflistung aller Geschäftsverbindungen meines Chefs mit Russland und Frankreich, alle Kies- und Betontransporte sowie die Zwischenlager, vor allem, was das in Landau in der Pfalz betrifft. Der Standort Landau spielt für unsere Firma insofern eine wichtige Rolle, als uns die Tour de France jedes Jahr einen Haufen Neuaufträge einbringt. Wie Sie wissen, ändert sich die Route ständig. Da gibt es regelrechte Konkurrenzkämpfe zwischen den französischen Gemeinden. Jede will mit dabei sein und ein Stück vom großen Kuchen abhaben. Nicht selten lassen sich die Gemeinden ihre Verkehrswege neu asphaltieren, und dann ist unsere Firma zur Stelle.«
    In diesem Moment beugte sich die Touristin vom Nachbartisch herüber und hielt Kroll den Reiseführer vor die Nase. »Lovely places in this guide. Castle of Eutin. I like it. Very romantic. Good old Germany. Where to go?«
    Schon wieder diese lästige Störung! Kroll hätte der Frau das Buch am liebsten um die Ohren geschlagen, aber weil er dessen Verfasser persönlich kannte, hielt er sich zurück und empfahl der Dame: »Bitte wenden Sie sich an die Bedienung. Die wird Ihnen sicherlich weiterhelfen können. Please, don’t disturb us anymore.«
    Die Touristin lächelte ihn an und drehte sich weg. Sie tat so, als hätte sie nicht verstanden, was Kroll ihr gesagt hatte.

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