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Brüllbeton - Kriminalroman

Brüllbeton - Kriminalroman

Titel: Brüllbeton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Tod vor mindestens 24 Stunden eingetreten ist, nicht früher. Auch kann ich mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen, dass die weiße chemische Substanz, deren Zusammensetzung ich allerdings noch nicht kenne, dem Mann erst nach seinem Tod in den Rachenraum getrichtert wurde. Viele Merkmale sprechen für einen letalen Herzinfarkt. Mehr kann ich im Moment nicht sagen.«
    Den beiden Kriminalbeamten genügte jedoch auch das schon, um sich verwundert gegenseitig anzuschauen. »Mensch, Hopfinger, ich werde das Gefühl nicht los, dass das die Sache nur noch komplizierter macht. Unfall oder Suizid wären damit ja wohl erst einmal auszuschließen. Und wer weiß, vielleicht sind Tatort und Fundort wieder einmal nicht identisch. So wie bei dem Mord an Mirja, ich meine an Müllers Sekretärin. Kommen Sie mit, ich brauche ein wenig frische Luft in den Kopf.«
    Die beiden verließen das Haus und schlenderten das Ostseeufer Richtung Rosenhagen hoch. »Vor über 20 Jahren war hier noch Stacheldraht«, dozierte Kroll. »Da wäre niemand ohne Sondergenehmigung durchgekommen. Der hätte wohl auch den Dopingschmuggel zwischen Ost und West unterbunden.«
    Ob Kroll sich da nicht vielleicht täuscht?, sinnierte Hopfinger, der diese Zeit als Jugendlicher nur am Rande erlebt hatte.
    Lange Zeit gingen sie schweigend nebeneinander her, jeder in seine Gedanken vertieft. Irgendwann blieb Kroll stehen. Er bückte sich und warf ein paar Kieselsteine so flach über das Wasser, dass sie mehrfach über die Oberfläche hüpften, ehe sie weit draußen versanken. Im Ditschen , so nennen die Norddeutschen diese Geschicklichkeitsübung, war er ein Meister. Hopfinger versuchte, es ihm nachzumachen, musste aber kläglich eingestehen, dass er die komplizierte Technik nicht sonderlich beherrschte.
    Währenddessen brachte Kroll das Gespräch auf den aktuellen Fall zurück. »Vielleicht sollten wir uns mal erste Gedanken über die Motive machen. Was meinen Sie?«
    Hopfinger überlegte eine Weile. Endlich hatte auch er den Dreh mit dem Ditschen heraus, zumindest fürs Erste. Dann antwortete er: »Tatmotive? – Tja, da sehe ich im Moment zwei Möglichkeiten. Die erste wäre die klassische: Liebe und Eifersucht, Beziehungsdrama. Das Dreiecksverhältnis Verdinand – Chantal – Grigorij. Und dann noch die betrogene Ehefrau. Da ist ja alles drin, wie wir auf dem Radsportfest gesehen haben. Die zweite Variante wäre der Krieg zwischen den Drogen- und Dopingbanden. Auch dafür hätten wir genügend Hinweise.«
    Kroll nickte zustimmend. »Ja, das sehe ich auch so. Allerdings sollten wir einen anderen Klassiker nicht ausschließen: Erbschleicherei. Schließlich hinterlässt der Betonbaron ein ziemliches Erbe.« Kroll kratzte sich nachdenklich am Kopf und schränkte ein: »Obwohl – weder seiner charmanten Ehefrau Amelie noch seinem introvertierten Sohn Kevin traue ich eine solche Tat zu.«
    Hopfinger wagte, ihm zu widersprechen. »Wenn ich was von Ihnen als Ihr Assistent gelernt habe, Chef, dann das, dass man nie dem Äußeren eines Menschen trauen sollte. Also für mich sieht das alles eher nach einem Familiendrama aus. Schließlich muss Müller seinem Mörder selber die Tür geöffnet haben. Außerdem wickeln die Drogenbanden ihre Fehden eher mit der Pistole oder dem Messer aus, nicht mit Dopingkapseln.«
    Â»Gut gebrüllt, Löwe«, entgegnete Kroll, dem es gefiel, dass sein Assistent endlich mal versuchte, einen eigenen Weg zu gehen. »Aber erstens können wir annehmen, dass Müller bereits tot in den Bungalow getragen wurde. Und das wäre für eine so zierliche Musikerin wie Amelie wohl kaum machbar. Und außerdem: Wer anderes als die Dopingdealer kommt an das Zeugs heran, das in seinem Rachen steckte?«
    Kroll hörte mit dem Ditschen auf und zeichnete mit der Schuhspitze einen Kreis in den feuchten Sand. »Vergessen wir nicht den sagenumwobenen Zarewitsch . Das könnte Grigorij sein, der in seiner Gruppe immerhin den Spitznamen Zar hat. In meinen Augen erfüllt der alle Bedingungen für ein zentrales Mitglied einer Drogenmaffia. Und wenn wir dann auch noch Chantal dazurechnen, hätten wir gleich beides in einem Topf: Beziehungsdrama und Drogenkrieg.«
    Der Kriminalhauptkommissar wischte den Kreis im Sand mit einer entschlossenen Fußbewegung wieder aus.

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