Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brüllbeton - Kriminalroman

Brüllbeton - Kriminalroman

Titel: Brüllbeton - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
Vom Netzwerk:
anderen Mann, offenbar ebenfalls einem Norddeutschen bekommen hatte, der ihn mit Mörtel ansprach. Zu seinem Leidwesen war damit aber sein aufregender Fall vorerst beendet, denn weder Mörtel noch die Dame mit dem Schal bekam er je wieder zu Gesicht.
    Nun stand Alfred in der Lounge seines Hotels und hielt die Zeitungsmeldung jenes Tages in der Hand. Jetzt fügen sich einige Puzzleteile zusammen, meinte er. Doch die Lösung des Falls – und er war sich sicher, dass es sich um ein Kriminaldelikt handelte – blieb ihm versagt. Alfred beschloss, morgen in Landau bei der Kripo vorbeizuschauen und seine Beobachtungen zu Protokoll zu geben.

8. Kapitel – Ostseesand
    Harry stiefelte mürrisch durch den lockeren Sand, der mit jedem Schritt nachgab, sodass ihm das Gehen schwerfiel. Wegen des starken Ostwinds hatte er den Kragen seiner abgewetzten Jacke bis zu den Ohren hochgestellt. Die Hände ballte er in den Taschen zu Fäusten.
    Â»Schlechte Zeiten für ehrliche Menschen«, beteuerte er lautstark, doch der Wind verwehte seine Worte. Ohnehin hätte ihm niemand zugehört, nicht, weil er ein Vagabund war und auch so aussah, sondern weil sich bei dem Sauwetter kein vernünftiger Mensch auf den Priwallstrand verirrte. In den Ferienbungalows oberhalb der Sanddüne herrschte Totenstille. Kein offenes Fenster, kein Licht, keine Menschenseele weit und breit.
    Aber das kam Harry gerade recht. Wieder einmal war er knapp bei Kasse, und dabei verspürte er ausgerechnet heute einen richtigen Jieper auf einen Schluck Köm. Aus langjähriger Erfahrung wusste er, dass es in den Bungalows immer die eine oder andere Flasche Schnaps zur Selbstbedienung gab. Einbrechen wollte er nicht, schließlich hielt er sich für einen ehrlichen Menschen. Er hatte eine Nase dafür, wo die Besitzer die Schlüssel ihrer Ferienwohnungen versteckten. An den neumodischen Wertsachen wie Fernsehern oder Telefonen war er nicht interessiert, auch nicht an den ungeöffneten Schnapsflaschen im Kühlschrank. Nur an angebrochene Flaschen machte er sich ran. Das war legaler Mundraub, denn das Zeugs musste ja entsorgt werden, bevor es ungenießbar wurde.
    Der etwas größere Bungalow am Ende der Vorderreihe erweckte seine Aufmerksamkeit. Wie immer schlich er erst in großem Bogen um sein Zielobjekt herum, um sicherzugehen, dass sich niemand im Gebäude aufhielt. Alles war ruhig. Nichts tat sich, weder vor noch in dem Haus. Kein Auto in der Einfahrt, kein Fahrrad am Zaun, keine Kinderspielsachen auf dem Rasen.
    Behutsam zwängte er sich durch die Hecke, die den Bungalow vom Weg abschirmte, und bewegte sich auf die große Glasfront zu. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf die See, dachte er voller Neid, denn so ein Zuhause konnte er sich nicht leisten.
    Von der Seite her wagte er einen Blick ins Innere. Auch da regte sich nichts. Schon wollte Harry sich daran machen, das Schlüsselversteck zu suchen, da fuhr ihm ein riesiger Schreck in die Knochen.
    Da war ja doch jemand im Wohnzimmer. Und der schlief im Sessel direkt neben dem Fernseher. Instinktiv duckte sich Harry. Jetzt nichts wie weg hier, war sein erster Gedanke, ehe der aufwacht.
    Er tat ein paar Schritte rückwärts, vorsichtig mit den Händen die Wand entlangtastend. Plötzlich fiel ihm etwas ein. Wieso lag der da in seinem Sessel und kein Auto stand vor der Tür? Nicht einmal ein Fahrrad. Leute dieser Wohnkategorie kamen nie zu Fuß an den Ostseestrand. Hatte er sich etwa getäuscht?
    Harry beschloss, einen zweiten Angriff zu wagen. Ganz langsam lugte er um die Ecke und spähte angestrengt in das Zimmer hinein.
    In der Tat, da lag jemand offenbar schlafend im Sessel, mit gespreizten Beinen und zur Seite baumelnden Armen. Ganz unnatürlich sieht das aus, überlegte Harry. Und sein Kopf ist so merkwürdig verrenkt. So kann ein normaler Mensch nicht schlafen.
    Der Vagabund wartete eine Weile, doch nichts rührte sich da drinnen. Jetzt wurde er schon etwas mutiger und presste die Nase an die Glasscheibe, um alles möglichst genau sehen zu können.
    Die Augen des Mannes waren geschlossen, als schliefe er. In seinem Mundwinkel hatte sich eine weiße Masse gebildet, die auch auf seine Brust heruntergetropft war. Ganz offenbar atmete er nicht.
    Â»Verdammt«, fluchte Harry. »Wenn der nicht hopps is’, fresse ich ’nen Besen!«
    Sein Jieper auf einen Schnaps war schlagartig verflogen.

Weitere Kostenlose Bücher