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Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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ehrlich eingestehen könnten, mit wem wir ins Bett gehen wollen. Es erscheint mir wenig genug.« Er zog sich die Schüssel mit dem Salat heran, streute Salz darüber, goß reichlich Olivenöl darauf und gab einen großzügigen Schuß Essig hinzu.
    Brunetti reichte ihm seinen Teller und nahm dafür das saubere Salatschälchen entgegen. Padovani schob ihm die Schüssel hin. »Nimm dir. Es gibt keinen Nachtisch. Nur Obst.«
    »Ich bin froh, daß du dir keine große Mühe machen mußtest«, sagte Brunetti, und Padovani lachte.
    »Also, ich hatte wirklich alles im Haus. Bis auf das Obst.«
    Brunetti nahm eine sehr kleine Portion Salat; Padovani nahm noch weniger.
    »Was weißt du sonst noch über Crespo?« fragte Brunetti.
    »Ich habe gehört, daß er sich als Frau verkleidet und sich Francesca nennt. Aber ich wußte nicht, daß er auf der Via Cappuccina gelandet ist. Oder spielt sich das alles in den öffentlichen Parks von Mestre ab?«
    »Sowohl als auch«, antwortete Brunetti. »Und ob er dort gelandet ist, weiß ich nicht. Die Adresse, die er angegeben hat, ist durchaus eine gute, und sein Name stand an der Tür.«
    »An der Tür kann jeder beliebige Name stehen. Es hängt ganz davon ab, wer die Miete bezahlt«, meinte Padovani, der sich in diesen Dingen offenbar besser auskannte.
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Brunetti.
    »Viel mehr weiß ich nicht über ihn. Er ist kein schlechter Kerl, zumindest war er das nicht, als ich ihn kannte. Aber kriecherisch und leicht verführbar. Solche Eigenschaften verändern sich nicht; er wird dich also wahrscheinlich anlügen, wenn er sich davon einen Vorteil verspricht.«
    »Wie die meisten Menschen, mit denen ich zu tun habe«, sagte Brunetti.
    Padovani lächelte und ergänzte: »Wie die meisten Menschen, mit denen wir alle ständig zu tun haben.«
    Brunetti mußte über die bittere Wahrheit dieser Worte lachen.
    »Ich hole das Obst«, sagte Padovani, stellte die Salatschälchen zusammen und trug sie hinaus. Gleich darauf kam er mit einer blaßblauen Keramikschale zurück, in der sechs vollkommene Pfirsiche lagen. Er reichte Brunetti einen neuen kleinen Teller und stellte ihm die Schale hin. Brunetti nahm einen Pfirsich und begann, ihn mit Messer und Gabel zu schälen.
    »Was kannst du mir über Santomauro sagen?« fragte er und hielt den Blick auf seinen Pfirsich geheftet.
    »Du meinst den Präsidenten, oder wie immer er sich nennt, der Lega della Moralità?« erkundigte sich Padovani, der den letzten Worten einen übertrieben feierlichen Unterton verlieh.
    »Ja.«
    »Ich weiß genug über ihn, um dir versichern zu können, daß die Nachricht von der Gründung der Lega in bestimmten Kreisen mit denselben Lachsalven aufgenommen wurde, mit denen wir uns Rock Hudsons Angriffe auf die Tugend von Doris Day angesehen haben oder mit denen wir heute die etwas aggressiveren Filmauftritte gewisser lebender Schauspieler verfolgen, seien es nun Italiener oder Amerikaner.«
    »Du meinst, es ist allgemein bekannt?«
    »Ja und nein. Die meisten von uns wissen es, aber wir beachten immer noch die Gentlemenregeln, im Gegensatz zu den Politikern, und wir plaudern normalerweise nicht aus der Schule. Wenn wir das täten, dann bliebe keiner übrig, um die Regierung zu führen, oder den Vatikan, wenn wir schon dabei sind.«
    Brunetti war froh, den richtigen Padovani wieder zum Vorschein kommen zu sehen, oder vielleicht eher den zwanglosen Plauderer, von dem Brunetti immer geglaubt hatte, es sei der richtige Padovani.
    »Aber so etwas wie die Lega? Das ist doch der blanke Hohn. Wie konnte man ihm das nur durchgehen lassen?«
    »Eine sehr gute Frage. Aber wenn du dir die Geschichte der Lega mal ansiehst, wirst du feststellen, daß Santomauro in ihren Kindertagen nicht viel mehr als eine graue Eminenz war. Ich glaube sogar, daß er bis vor zwei Jahren gar nichts damit zu tun hatte, jedenfalls nicht offiziell, und bekannt wurde er erst im vergangenen Jahr, als er zur Oberschwester oder Gouvernante gewählt wurde, oder wie sie ihren Anführer nennen, grande priore? Irgend so etwas Aufgeblasenes.«
    »Aber warum hat damals niemand etwas gesagt?«
    »Ich glaube, weil die meisten von uns die Lega lieber als Witz betrachten wollen. Meiner Ansicht nach übrigens ein schwerer Fehler.« In seinem Ton lag etwas uncharakteristisch Ernstes.
    »Warum sagst du das?«
    »Weil ich meine, daß der politische Trend in Zukunft zu Gruppen wie der Lega geht, Grüppchen, deren Ziel es ist, größere Gruppen zu

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