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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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immerhin einmal ein Weltreich«, sagte sie mit der gleichen Geste wie vorhin, die wieder die Basilika, den Campanile und darunter die Loggetta von Sansovino umschloß. »Jetzt haben wir nur noch dieses Disneyland. Ich glaube, das ist Grund genug zum Pessimismus.«
    Brunetti nickte, sagte aber nichts. Sie hatte ihn nicht überzeugt. Für ihn war die Glorie der Stadt trotz allem lebendig.
    Sie trennten sich am Fuß des Campanile, sie, um einen Patienten am Campo della Guerra zu besuchen, und er, um zur Rialtobrücke und von dort nach Hause zum Mittagessen zu gehen.

8
    Die Läden hatten noch geöffnet, als er in seine Gegend kam, also ging Brunetti in den Gemüseladen an der Ecke und kaufte vier Glasflaschen Mineralwasser. In einem schwachen Moment ökologischer Friedfertigkeit hatte er sich bereit gefunden, den Plastikflaschenboykott seiner Familie mitzumachen, woraufhin er sich, wie die anderen auch, das mußte er ihnen lassen, angewöhnt hatte, jedesmal ein paar Flaschen aus dem Laden mitzunehmen, wenn er vorbeikam. Manchmal fragte er sich, ob die anderen in dem Zeug badeten, so schnell verschwand es immer.
    Auf dem fünften Treppenabsatz setzte er die Tüte mit den Flaschen ab und fischte seinen Schlüssel heraus. Von drinnen hörte er die Radionachrichten, die zweifellos eine gierige Öffentlichkeit mit den letzten Neuigkeiten über den Mord an Trevisan versorgten. Er stieß die Tür auf, stellte die Flaschen hinein und machte hinter sich zu. Aus der Küche hörte er eine Stimme sagen: »...leugnet jedes Wissen um die Dinge, die ihm zur Last gelegt werden, und verweist auf zwanzig Jahre treue Dienste für die frühere Democrazia Cristiana als Beweis seines Engagements für Recht und Gerechtigkeit. In seiner Zelle im Regina-Coeli-Gefängnis erhält jedoch der geständige Mafia-Mörder Renato Mustacci seine Behauptung aufrecht, er habe auf Befehl des Senators gehandelt, als er im Mai letzten Jahres gemeinsam mit zwei anderen Männern den Richter Filippo Preside und seine Frau Elvira erschoß.«
    Auf die ernste Stimme des Nachrichtensprechers folgte der Singsang einer Waschmittelreklame, übertönt von Paola, die laut zu ihrem liebsten Publikum redete, sich selbst. »Du widerliches, verlogenes Schwein. Widerliches, verlogenes DC-Schwein, du wie alle anderen. Engagement für Recht und Gerechtigkeit. Wenn ich das schon höre... « Es folgte einer jener etwas skurrilen Kraftausdrücke, die seine Frau auf Lager hatte, seltsamerweise aber nur bei ihren Selbstgesprächen benutzte.
    Sie hörte ihn über den Flur kommen und drehte sich um. »Hast du das gehört, Guido? Hast du das gehört? Alle drei Mörder haben ausgesagt, daß er sie beauftragt hat, den Richter umzubringen, und er redet von seinem Engagement für Recht und Gerechtigkeit. Aufhängen sollte man ihn. Aber er ist Parlamentsabgeordneter, sie kommen nicht an ihn heran. Einsperren sollte man sie alle, so wie sie da sind. Das gesamte Parlament im Knast, das würde uns allen viel Zeit und Ärger sparen.«
    Brunetti ging durch die Küche, bückte sich und stellte die Flaschen in das Schränkchen neben dem Kühlschrank. Es war nur noch eine da, obwohl er tags zuvor erst wieder fünf mitgebracht hatte. »Was gibt es zu essen?« fragte er.
    Sie machte einen kleinen Schritt rückwärts und richtete anklagend den Finger auf sein Herz. »Die Republik bricht zusammen, und er denkt nur ans Essen«, sagte sie, diesmal an den unsichtbaren Zuhörer gewandt, der seit mehr als zwanzig Jahren stiller Teilhaber in ihrer Ehe war. »Guido, diese Schurken vernichten uns alle. Vielleicht haben sie es schon getan. Und du fragst, was es zu essen gibt.«
    Brunetti verkniff sich die Bemerkung, daß jemand, der Kaschmir aus der Burlington Arcade trug, nicht gerade einen glaubwürdigen Revolutionär abgab, und sagte statt dessen: »Gib mir zu essen, Paola, und ich gehe wieder und widme mich meinem eigenen Engagement für Recht und Gerechtigkeit.«
    Das genügte, um sie an Trevisan zu erinnern, und wie Brunetti hätte vorhersagen können, verzichtete Paola gern auf ihre philosophischen Donnerschläge für ein bißchen Klatsch. Sie schaltete das Radio aus und fragte: »Hat er ihn dir übertragen?«
    Brunetti nickte und stemmte sich aus seiner Hockstellung hoch. »Er fand, daß ich im Moment nichts Besonderes zu tun hätte. Der Bürgermeister hatte schon angerufen, da muß ich dir nicht sagen, in welcher Verfassung er war.« Von wem die Rede war, bedurfte keiner weiteren Erklärung.
    Paola

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