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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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er.
    Sie zögerte kurz, dann legte sie mit ihrer Erklärung los. »Zuerst versuchst du deine Tochter zu erpressen, damit sie dir Wein holt, den sie selbst nicht trinkt, und dann sorgst du dich, daß dein Sohn nichts ißt. Nicht daß er nicht lernt, sondern daß er nicht ißt.«
    »Worum sollte ich mich denn sonst sorgen?«
    »Daß er nicht lernt«, schoß Paola zurück.
    »Er hat doch das ganze letzte Jahr nichts weiter getan als gelernt, und ansonsten in der Wohnung herumgehangen und an Sara gedacht.«
    »Was hat Sara damit zu tun?«
    Was hatte das alles überhaupt damit zu tun, überlegte Brunetti. »Was hat Chiara denn gesagt?« fragte er.
    »Daß sie dir angeboten hat, zu gehen, wenn du mitgehst, und daß du nicht wolltest.«
    »Wenn ich hätte gehen wollen, wäre ich gleich selber gegangen.«
    »Du sagst immer, daß du nicht genug Zeit für die Kinder hast, und wenn sich die Gelegenheit bietet, nutzt du sie nicht.«
    »In eine Bar zu gehen, um eine Flasche Wein zu kaufen, ist nicht gerade das, was ich mir unter ›Zeit für die Kinder haben‹ vorstelle.«
    »Was dann? Am Tisch sitzen und ihnen erklären, auf welche Weise Geld den Leuten Macht verleiht?«
    »Paola«, sagte er, alle drei Silben ihres Namens schön nacheinander, »ich habe zwar keine Ahnung, was das alles soll, aber ich bin ziemlich sicher, es hat nichts damit zu tun, daß ich Chiara zu Do Mori geschickt habe.«
    Sie zuckte die Achseln und wandte sich ab.
    »Was ist los, Paola?« fragte er, ohne sich vom Fleck zu rühren, aber seine Stimme schien sich förmlich nach ihr auszustrecken.
    Sie zuckte erneut die Achseln.
    »Sag's mir, Paola. Bitte.«
    Sie drehte ihm weiter den Rücken zu, und ihre Stimme war leise. »Ich fühle mich allmählich alt, Guido. Raffi hat eine Freundin, und Chiara ist schon fast eine Frau. Bald werde ich fünfzig.« Er staunte über ihre Rechenkünste, sagte aber nichts. »Ich weiß, daß es dumm ist, aber ich finde es deprimierend; als ob mein Leben verbraucht wäre, der beste Teil hinter mir läge.« Gütiger Himmel, und sie nannte ihn gewöhnlich?
    Er wartete, aber sie war anscheinend fertig.
    Sie hob den Deckel vom Topf und war einen Moment lang eingehüllt in die Dampfwolke, die daraus hervorquoll. Sie nahm einen langen Holzlöffel und rührte den Topfinhalt, was immer es sein mochte; aber wie eine Hexe sah sie dabei ganz und gar nicht aus. Brunetti versuchte, wenn auch nicht sehr erfolgreich, die über zwanzig Jahre Liebe und Vertrautheit zu vergessen und sie ganz objektiv zu betrachten. Er sah eine große, schlanke Frau von Anfang Vierzig mit dunkelblondem Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel. Sie drehte sich um und warf ihm einen Blick zu, und er sah die lange Nase, die dunklen Augen und den großen Mund, der ihn seit Jahrzehnten entzückte.
    »Heißt das, ich muß dich umtauschen?« fragte er vorsichtig.
    Sie kämpfte einen Moment gegen das Lächeln, bevor sie es zuließ.
    »Stelle ich mich sehr albern an?« fragte sie.
    Er wollte gerade antworten, sie stelle sich, wenn überhaupt, nicht alberner an, als er es von ihr gewohnt sei, als die Wohnungstür aufflog und Chiara hereinstürmte.
    »Papà«, rief sie schon im Flur, »das hast du mir ja gar nicht erzählt.«
    »Was habe ich dir nicht erzählt, Chiara?«
    »Das mit Francescas Vater. Daß ihn einer umgebracht hat.«
    »Du kennst sie?« fragte Brunetti.
    Sie kam in die Küche, die Stofftasche mit den Flaschen in der Hand. Offenbar hatte die Neugier ihren ganzen Zorn auf Brunetti verdrängt. »Klar. Wir waren doch zusammen in der Schule. Suchst du jetzt den, der es war?«
    »Ich suche mit«, sagte er, denn er hatte wenig Lust, sich auf die penetrante Fragerei einzulassen, die sonst unweigerlich folgen würde. »Hast du sie gut gekannt?«
    »Nein, nein«, antwortete sie. Zu seinem Erstaunen behauptete sie nicht, ihre beste Freundin gewesen zu sein und somit Anspruch auf alles zu haben, was er wußte. »Sie hat immer mit der Pedrocci zusammengesteckt, weißt du, die so viele Katzen zu Hause hatte. Die roch, darum wollte niemand mit ihr befreundet sein. Außer Francesca.«
    »Hatte Francesca noch andere Freundinnen?« mischte Paola sich ein, die nun auch neugierig geworden war und sich willig an dem Versuch ihres Mannes beteiligte, dem eigenen Kind Informationen zu entlocken. »Ich glaube nicht, daß ich sie mal kennengelernt habe.«
    »Nein, nein, sie war nie hier. Wer mit ihr spielen wollte, mußte zu ihr nach Hause. Ihre Mutter wollte das so.«
    »Und das

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