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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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was er über Trevisan wußte. Oder über dessen Klienten.
    Unter der Liste lag eine mühsam getippte und unangemessen lange Mitteilung von Agente Gravini, worin er erklärte, daß die brasilianische Hure und ihr Zuhälter am Abend zuvor in der Pinetta-Bar erschienen seien, worauf er eine Festnahme initiiert habe. »Initiiert?« hörte Brunetti sich laut fragen. Das hatten sie davon, daß sie Universitätsabsolventen in ihre Reihen aufnahmen. Als Brunetti unten anrief und fragte, wo die beiden seien, erfuhr er, daß man sie heute früh aus dem Gefängnis hergebracht und auf Gravinis Geheiß hin in getrennte Räume gesteckt habe, falls Brunetti sie verhören wolle.
    Das nächste war ein Fax der Paduaner Polizei, in dem stand, daß die aus Lottos Leiche geborgenen Geschosse aus einer 5,6-Millimeter-Pistole stammten, aber man habe noch keine Profilvergleiche vorgenommen, um zu überprüfen, ob es dieselbe Waffe wie im Mordfall Trevisan war.
    Brunetti spürte im Innersten, daß ein solcher Vergleich nur das ergeben würde, was er sowieso schon wußte.
    Darunter kamen noch mehr Faxe zum Vorschein, diese mit dem Briefkopf der Telecom und der Liste von Telefonaten, die von Giorgio zu besorgen er Signorina Elettra gebeten hatte. Beim Gedanken an Rondini und die vielen Listen, die er ihnen schon beschafft hatte, fiel Brunetti wieder ein, daß er den Brief für den jungen Mann noch nicht geschrieben hatte. Daß Rondini es für nötig hielt, seiner Verlobten einen solchen Brief vorzuweisen, löste in Brunetti die Frage aus, warum er sie überhaupt heiraten wollte, aber er hatte es längst aufgegeben, die Ehe als solche begreifen zu wollen.
    Brunetti mußte sich eingestehen, daß er auch noch keine Ahnung hatte, was er von Mara oder ihrem Zuhälter eigentlich zu erfahren hoffte, aber er wollte auf jeden Fall mit ihnen reden. Er ging ins Erdgeschoß hinunter, wo sich drei zellenähnliche Zimmerchen befanden, in denen die Polizei üblicherweise Verdächtige und andere verhörte, die zur Vernehmung hergebracht worden waren.
    Vor einem dieser Zimmer stand Agente Gravini, ein gutaussehender junger Mann, der vor einem Jahr zur Polizei gekommen war, nachdem er die beiden vorherigen Jahre damit verbracht hatte, nach jemandem Ausschau zu halten, der einem siebenundzwanzigj ährigen Universitätsabsolventen mit Abschluß in Philosophie und ohne Berufserfahrung eine Stelle anzubieten hätte. Brunetti fragte sich oft, was Gravini wohl zu seiner Entscheidung veranlaßt hatte, welches Philosophen Lehre ihn bewogen haben mochte, die Uniform, Pistole und Mütze der Ordnungshüter anzulegen. Oder vielleicht - der Gedanke sprang von irgendwo aus dem Nichts heraus in Brunettis Hirn -, vielleicht glaubte Gravini ja auch in Vice-Questore Patta die Fleischwerdung von Platos Philosophenkönig gefunden zu haben.
    »Guten Morgen, Commissario«, sagte Gravini mit zackigem Salut, und ohne irgendwelches Erstaunen darüber zu verraten, daß sein Vorgesetzter still vor sich hinlachte, als er auf ihn zukam. Philosophen, heißt es, tragen solches mit Gelassenheit.
    »Wer von den beiden ist da drin?« fragte Brunetti, wobei er mit dem Kopf zu der Tür hinter Gravini deutete.
    »Die Frau, Commissario.« Mit dieser Auskunft händigte er Brunetti eine dunkelblaue Mappe aus. »Hier ist die Akte des Mannes drin. Über die Frau haben wir nichts.«
    Brunetti nahm die Akte und warf einen Blick auf die beiden im Deckel angehefteten Blätter. Das Übliche: Körperverletzung, Drogenhandel, Zuhälterei. Franco Silvestri war einer von Tausenden. Nachdem er alles genau durchgelesen hatte, gab er Gravini die Mappe zurück. »Irgendwelche Probleme bei der Festnahme?«
    »Bei der Frau nicht, Commissario. Es kam einem fast so vor, als ob sie darauf gewartet hätte. Aber der Mann hat zu entkommen versucht. Ruffo und Vallot waren bei mir, draußen vor der Tür. Sie haben ihn geschnappt.«
    »Gut gemacht, Gravini. Wer hatte die Idee, sie mitzunehmen?«
    »Nun ja«, antwortete Gravini hüstelnd, »ich habe ihnen gesagt, was ich vorhatte, und da haben sie angeboten mitzugehen. In ihrer Freizeit, versteht sich.«
    »Sie kommen gut mit ihnen aus, ja?«
    »Stimmt, Commissario.«
    »Schön, schön. Dann wollen wir uns die Dame mal ansehen.« Brunetti trat durch die Tür in den düsteren kleinen Raum. Die einzigen Lichtquellen waren ein schmutziges Fensterchen hoch oben in der einen Wand, viel höher, als jemand springen konnte, und eine 6o-Watt-Birne hinter einem Drahtgitter in der

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