Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
Vom Netzwerk:
Geschäftsfreunde bei einem gemeinsamen Essen. Ja, so war es. Wie zwei Leute, die sich geschäftlich treffen müssen. Vielleicht ist mir das deshalb immer so eigenartig vorgekommen, eine so attraktive Frau, und er ein gutaussehender Mann; aber da war nichts von dieser Spannung zu merken wie sonst zwischen einem Mann und einer Frau, überhaupt nichts. Ja, wenn ich es mir jetzt überlege, war es das, was ich so eigenartig fand.« Er lächelte, nachdem er es jetzt endlich herausgebracht hatte.
    »Wissen Sie noch, was sie für Wein getrunken haben?« fragte Brunetti.
    Der Kellner und della Corte sahen ihn beide verwundert an.
    Der Ober dachte ein Weilchen nach. »Barolo«, antwortete er schließlich. »Einen guten, herzhaften Roten. Paßte zu ihren bistecche. Und zum Dessert dann Vin Santo.«
    »Hat der Mann irgendwann einmal den Tisch verlassen?« fragte Brunetti, der wußte, wie herzhaft dieser Wein war und wie leicht man einem da etwas ins Glas tun konnte.
    »Ich erinnere mich nicht. Könnte sein.«
    »Wissen Sie noch, ob er mit Kreditkarte bezahlt hat?« fragte Brunetti.
    »Nein, diesmal hat er bar bezahlt, und wenn ich mich recht erinnere, die anderen Male auch.«
    »Wissen Sie, ob er sonst noch mal hier war? Ich meine, außer den Malen, als Sie die beiden gesehen haben?«
    »Ich habe meine Kollegen schon gefragt, und keiner kann sich erinnern. Es ist aber unwahrscheinlich. Wir haben ja dienstags und mittwochs geschlossen, und an den anderen Tagen bin ich immer hier. Ich habe in dreizehn Jahren noch keinen Tag gefehlt. Wenn sie kamen, war ich hier, und ich kann mich nicht erinnern, sie je gesehen zu haben, außer vorige Woche und diese beiden anderen Male. An eine Frau wie sie würde ich mich erinnern.«
    Della Corte sah über den Tisch hinweg zu Brunetti, aber der schüttelte den Kopf. Er hatte keine Fragen mehr, vorerst nicht. Della Corte griff in die Tasche und holte eine kleine Visitenkarte heraus. »Wenn Ihnen noch irgend etwas einfällt, können Sie mich in der Questura erreichen«, sagte er und gab dem Kellner die Karte. Dann fügte er in bemüht beiläufigem Ton hinzu: »Verlangen Sie aber auf jeden Fall mich persönlich.«
    Der Kellner steckte die Karte ein, stand auf und ging. Plötzlich hielt er an, drehte sich um und kam noch einmal zurück. »Möchten Sie ihre Brille haben?« fragte er ohne Einleitung.
    »Wie bitte?« sagte della Corte.
    »Ihre Brille. Die hat sie hier auf dem Stuhl liegenlassen. Sie muß sie abgenommen haben, nachdem sie diese Papiere angesehen hatte, und dann vergessen, sie mitzunehmen. Wir haben sie hinterher gefunden. Soll ich sie Ihnen geben?«
    Della Corte fing sich sofort wieder. »Ja, natürlich.«
    Der Kellner verschwand und kam ein paar Sekunden später wieder, in der einen Hand eine Metallrandbrille. Er hob sie in die Höhe und sagte mit fast kindlichem Vergnügen: »Sehen Sie mal.« Damit faßte er die Brille an beiden Bügelenden und verdrehte sie, als wäre der Rahmen aus Gummi und das Ganze ein raffinierter Trick. Die Bügel ließen sich zu einer regelrechten Brezel verdrehen und sprangen, als der Kellner losließ, sofort in ihre ursprüngliche Form zurück. »Ist das nicht toll?« fragte er. Der Kellner gab die Brille della Corte und ging dann durch das Restaurant zurück zu der Tür, die in die Küche führte.
    »Warum bricht das nicht?« fragte della Corte, während er die Brille mit einer Hand festhielt und sie mit der anderen verdrehte, wie es der Kellner gemacht hatte.
    »Titan«, antwortete Brunetti, obgleich es eine rein rhetorische Frage gewesen war.
    »Was?« fragte della Corte.
    »Titan«, wiederholte Brunetti. »Meine Frau hat sich letzten Monat eine neue Lesebrille gekauft und mir von dieser Neuheit erzählt. Darf ich mal?« fragte er und streckte die Hand aus. Della Corte gab ihm die Brille, und Brunetti hielt sie sich dicht vor die Augen, um das Herstellerzeichen zu suchen. Er fand es auf der Innenseite des rechten Bügels, ganz dicht beim Scharnier. »Sehen Sie mal«, sagte er, wobei er sie della Corte hinstreckte und auf das winzige Zeichen zeigte.
    »Was ist denn da?« fragte della Corte. »Ich habe meine Brille nicht bei mir.«
    »Aus Japan«, sagte Brunetti. »Glaube ich jedenfalls. Die Dinger werden nur in Japan hergestellt.«
    »Japan?« fragte della Corte. »Macht man da auch Brillen?«
    »Die Gestelle«, erklärte Brunetti. »Und diese Gestelle kosten, wie ich sagen würde, fast eine Million Lire. Sagt zumindest meine Frau. Wenn sie aus Titan sind,

Weitere Kostenlose Bücher