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Brunetti 04 - Vendetta

Brunetti 04 - Vendetta

Titel: Brunetti 04 - Vendetta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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nicht?«
    »Wenn Sie ein Kind in Brasilien haben, ist das ein weiter Weg zur Arbeit.« Er lächelte dabei, und sie nahm es nicht übel.
    »Ich verdiene genug, um meiner Tante Geld schicken zu können, genug für die Schule, für gutes Essen und eine neue Schuluniform, wenn sie eine braucht.« Ihre Stimme klang gepreßt vor Stolz oder Wut; welches von beidem, konnte Brunetti nicht sagen.
    »Und in Säo Paulo konnten Sie kein Geld verdienen? Um nicht so weit fort von ihr zu sein?«
    »Ich bin mit neun von der Schule abgegangen, weil jemand sich um die anderen Kinder kümmern mußte. Meine Mutter war lange krank, und ich war das einzige Mädchen. Nachdem dann meine Tochter geboren war, habe ich Arbeit in einer Bar gefunden.« Sie sah seinen Blick und erklärte: »Nein, nicht, was Sie denken. Ich habe nur Getränke serviert.«
    Als es schien, als ob sie weiter nichts sagen wollte, fragte Brunetti: »Wie lange haben Sie das gemacht?«
    »Drei Jahre. Es reichte für die Miete und zum Essen für mich und Ana und meine Tante, die sich um sie kümmerte. Für viel mehr aber auch nicht.« Sie schwieg wieder, aber für Brunettis Gefühl war sie jetzt doch ins Erzählen gekommen.
    »Was dann?«
    »Dann kam Eduardo, mein Romeo«, sagte sie. Dabei bearbeitete sie eine der Kippen auf dem Boden mit der Schuhspitze, bis nur noch Papierschnipsel und Tabakkrümel übrig waren.
    »Eduardo?«
    »Eduardo Alfieri. So hat er sich mir jedenfalls vorgestellt. Er kam eines Abends in die Bar und blieb, bis wir zumachten. Dann hat er mich gefragt, ob ich noch einen Kaffee mit ihm trinken gehe. Keinen Drink, wohlgemerkt, einen Kaffee, ganz wie man ein ehrbares Mädchen zu einem Stelldichein einlädt.«
    »Und was passierte?«
    »Was denken Sie wohl, was passierte?« fragte sie, und ihre Stimme klang zum ersten Mal verbittert. »Wir sind Kaffee trinken gegangen, und von da an ist er jeden Abend in die Bar gekommen und hat mich immer nach der Arbeit zu einem Kaffee eingeladen, immer respektvoll, immer höflich. Meiner Großmutter hätte er sehr gefallen, so respektvoll war er. Es war das erste Mal, daß ein Mann mich nicht wie ein Ding behandelte, das nur zum Bumsen gut ist, und ich habe getan, was jedes Mädchen tun würde. Ich habe mich in ihn verliebt.«
    »Ja«, sagte Brunetti, »ja.«
    »Und dann hat er gesagt, daß er mich heiraten will, aber dazu müßte ich nach Italien kommen und seine Familie kennenlernen. Er wollte alles besorgen, das Visum und eine Arbeitsstelle in Italien. Italienisch zu lernen sei kein Problem, sagte er.« Sie grinste wehmütig. »Das dürfte das einzige Wahre gewesen sein, was er mir erzählt hat, dieser Dreckskerl.«
    »Und dann?«
    »So bin ich nach Italien gekommen. Ich habe alle Papiere unterschrieben und mich in eine Alitalia-Maschine gesetzt, und im Handumdrehen war ich in Mailand, und Eduardo hat mich vom Flughafen abgeholt.« Der Blick, mit dem sie Brunetti ansah, war offen und ehrlich. »Das haben Sie wahrscheinlich schon tausendmal gehört, nicht?«
    »So ähnlich, ja. Dann gab's Ärger mit den Papieren?«
    Sie lächelte fast belustigt, wenn sie an ihre Arglosigkeit von früher dachte. »Genau. Ärger mit den Papieren. Bürokratie. Aber er wollte mich fürs erste mit in seine Wohnung nehmen, dann würde sich schon alles finden. Ich war verliebt und habe ihm geglaubt. Am Abend hat er sich meinen Paß geben lassen, damit er am nächsten Tag das Aufgebot bestellen könne.« Sie nahm sich eine Zigarette, steckte sie aber wieder in die Packung zurück. »Meinen Sie, ich könnte hier einen Kaffee bekommen?« fragte sie.
    Brunetti ging wieder zur Tür und klopfte, diesmal um Gravini nach Kaffee und Sandwichs zu schicken. Als er zu seinem Stuhl zurückging, rauchte sie wieder.
    »Ich habe ihn noch einmal gesehen, nur noch einmal. Er kam am Abend zurück und sagte, daß es ernsthafte Probleme mit meinem Visum gebe und er mich nicht heiraten könne, bevor das geregelt sei. Ich weiß nicht, ab wann ich ihm nicht mehr geglaubt und endlich gemerkt habe, was sich da abspielte.«
    »Warum sind Sie nicht zur Polizei gegangen?« fragte Brunetti.
    Ihr Erstaunen war nicht gespielt. »Zur Polizei? Er hatte doch meinen Paß, und dann hat er mir dieses eine Papier gezeigt, das ich unterschrieben hatte, er hatte sich sogar die Mühe gemacht, meine Unterschrift notariell beglaubigen zu lassen, unter dem Vorwand, wir hätten es dann hier in Italien leichter, und darin stand, daß er mir 50 Millionen Lire geliehen hätte.«
    »Und

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