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Brunetti 05 - Acqua alta

Brunetti 05 - Acqua alta

Titel: Brunetti 05 - Acqua alta Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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zu setzen.
    »Wo waren Sie den ganzen Vormittag?« fragte Patta ohne Einleitung.
    »Ich habe mich mit dem Opfer eines versuchten Raubüberfalls unterhalten«, erklärte Brunetti. Er drückte sich bewußt so ausweichend - und hoffentlich nichtssagend - wie möglich aus.
    »Dafür haben wir die uniformierten Kollegen.«
    Brunetti sagte nichts.
    Patta wandte sich dem Naheliegenden zu und fragte: »Was ist mit der Konferenz in Stresa? Wer von uns nimmt teil?«
    Vor zwei Wochen hatte Brunetti eine Einladung zu einer von Interpol organisierten Konferenz in Stresa am Lago Maggiore bekommen. Er wollte gern teilnehmen, weil dies eine Gelegenheit war, seine freundschaftlichen Beziehungen und Kontakte zu verschiedenen Leuten bei Interpol zu vertiefen, und weil im Programm eine Weiterbildung in den neuesten Computertechniken zum Speichern und Abrufen von Informationen angeboten wurde. Patta, der Stresa als einen beliebten Urlaubsort kannte, dessen Klima zur Flucht vor dem feuchtkalten venezianischen Winter einlud, hatte gemeint, er solle vielleicht besser selbst hinfahren. Da die Einladung jedoch an Brunetti persönlich gerichtet war und ihr eine handgeschriebene Notiz des Organisators beilag, war es Patta schwergefallen, Brunetti den freiwilligen Verzicht darauf schmackhaft zu machen. Und nur höchst widerstrebend hatte Patta es sich versagt, Brunetti die Teilnahme kurzerhand zu verbieten.
    Brunetti schlug die Beine übereinander und zückte sein Notizbuch. Wie immer stand auf den Seiten nichts, was mit Polizeiarbeit zu tun hatte, aber wie immer merkte Patta das nicht. »Lassen Sie mich noch mal die Daten prüfen«, sagte Brunetti, während er herumblätterte. »Am sechzehnten, ja? Bis zum zwanzigsten?« Seine Pause war auf Wirkung bedacht, ganz im Einklang mit Pattas wachsender Ungeduld. »Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich in dieser Woche Zeit habe.«
    »Von wann bis wann, sagten Sie?« Patta blätterte nun in seinem Schreibtischkalender. »Sechzehnter bis zwanzigster?« Seine Pause war noch mehr auf Wirkung abgestellt als zuvor Brunettis. »Also, wenn Sie nicht können, ich könnte es vielleicht einrichten. Allerdings müßte ich ein Treffen mit dem Innenminister verlegen, das wäre aber eventuell zu machen.«
    »Vielleicht wäre es wirklich besser, Vice-Questore. Könnten Sie denn tatsächlich diese Zeit erübrigen?«
    Pattas kurzer Blick war nicht zu entziffern. »Ja.«
    »Dann wäre das also geregelt«, sagte Brunetti mit falscher Aufrichtigkeit.
    Irgend etwas in Brunettis Ton, vielleicht auch nur seine Bereitwilligkeit, ließ bei Patta die Alarmglocken läuten. »Wo waren Sie heute vormittag?«
    »Wie ich schon sagte, beim Opfer eines versuchten Raubüberfalls.«
    »Welchem Opfer?« fragte Patta mißtrauisch.
    »Eine Ausländerin, die hier lebt.«
    »Was für eine Ausländerin?«
    »Dottoressa Lynch«, antwortete Brunetti und beobachtete, wie der Name bei Patta ankam. Im ersten Moment blieb sein Gesicht ausdruckslos, aber dann verengten sich seine Augen, als er sich langsam erinnerte, wer das war. Brunetti konnte den genauen Moment feststellen, in dem Patta nicht nur einfiel, wer, sondern auch was sie war.
    »Diese Lesbe«, murmelte er. »Was ist mit ihr?«
    »Sie wurde in ihrer Wohnung zusammengeschlagen.«
    »Von wem? Irgend so einem rabiaten Weibsstück, das sie in einer Lesbenbar aufgegabelt hat?« Als er sah, wie seine Worte auf Brunetti wirkten, mäßigte er seinen Ton ein wenig: »Was ist passiert?«
    »Sie wurde von zwei Männern angegriffen«, erklärte Brunetti und fügte hinzu: »Von denen keiner lesbisch aussah. Sie liegt im Krankenhaus.«
    Patta enthielt sich eines Kommentars und fragte statt dessen: »Haben Sie deswegen keine Zeit, an der Konferenz teilzunehmen?«
    »Die Konferenz findet erst nächsten Monat statt, Vice-Questore. Ich habe noch ein paar Fälle in Arbeit.«
    Patta schnaubte, um seine Ungläubigkeit auszudrücken, dann fragte er unvermittelt: »Was haben die mitgenommen?«
    »Anscheinend nichts.«
    »Wieso nicht? Wenn es ein Raubüberfall war.«
    »Jemand hat sie davon abgehalten. Und ich weiß auch gar nicht, ob es ein Raubüberfall war.«
    Patta ignorierte den zweiten Teil von Brunettis Satz und stürzte sich auf den ersten. »Wer hat sie abgehalten? Diese Sängerin?« wollte er wissen, und es klang so, als ob Flavia Petrelli für ein paar Münzen an Straßenecken sänge, nicht für hohe Gagen an der Scala.
    Als Brunetti darauf nicht einging, fuhr Patta fort: »Natürlich war es ein

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