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Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Titel: Brunetti 06 - Sanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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steht es denn?« fragte er.
    »Sie wurde bewußtlos eingeliefert. Ich habe ihr die Schulter eingerenkt und die Rippen bandagiert, aber von Kopfverletzungen verstehe ich nicht genug. Ich habe ein paar Tests mit ihr gemacht. Wollte wissen, was sich in ihrem Kopf tat und warum sie nicht wieder zu sich kam. Aber dann war sie so schnell wieder von hier weg, daß ich gar keine Zeit hatte, mir Gewißheit zu verschaffen.«
    »Ein Bekannter war hier und wollte sie besuchen«, sagte Brunetti. »Niemand hat ihm gesagt, daß sie nach Venedig verlegt wurde.«
    Der Arzt wies mit einem Achselzucken alle Verantwortung von sich. »Ich sagte Ihnen ja, wir sind hier nur zu dritt. Jemand hätte ihm das sagen müssen.«
    »Ja«, pflichtete Brunetti ihm bei, »das hätte ihm jemand sagen müssen.« Dann fragte er: »Können Sie mir sonst noch etwas über ihren Zustand sagen?«
    »Nein. Da müssen Sie die Kollegen im Civile fragen.«
    »Wo liegt sie dort?«
    »Wenn die einen Neurologen zugezogen haben, dürfte sie auf der Intensivstation liegen. Oder sollte.« Der Arzt schüttelte den Kopf, ob aus Müdigkeit oder in Erinnerung an Marias Verletzungen, war für Brunetti nicht zu erkennen. Plötzlich wurde ein Türflügel von innen aufgestoßen, und eine junge Frau in ebenso zerknittertem Kittel kam heraus. »Dottore«, rief sie schrill und aufgeregt. »Wir brauchen Sie. Kommen Sie schnell.«
    Der Arzt machte kehrt und folgte der Frau durch die Tür, ohne noch etwas zu Brunetti zu sagen. Vianello hatte er gar nicht erst zur Kenntnis genommen.
    Brunetti machte ebenfalls kehrt und ging auf demselben Weg, den sie gekommen waren, wieder zum Boot. An Bord sagte er, ohne Bonsuan zu erklären, was los war: »Zurück, zum Ospedale Civile.« Er blieb unter Deck, während sie die unruhiger werdenden Wellen durchschnitten, beobachtete aber durch die Glasfenster der Kabinentür, wie Vianello dem Bootsführer berichtete, was sie erlebt hatten. Am Ende des Berichts schüttelten beide Männer angewidert die Köpfe, die einzig mögliche Reaktion auf jede längere Berührung mit dem öffentlichen Gesundheitssystem.
    Eine Viertelstunde später legte das Boot am Ospedale Civile an, und Brunetti ließ Bonsuan wieder warten. Er und Vianello kannten aus langer Erfahrung den Weg zur Intensivstation und eilten schnell durch das Labyrinth der Korridore.
    Auf dem Gang vor der Intensivstation stand ein Arzt, den Brunetti kannte, und zu diesem ging er.
    »Buon giorno, Giovanni«, sagte er, als der Arzt ihn erkannte und lächelte. »Ich suche eine Frau, die gestern vom Lido hierher verlegt wurde.«
    »Die mit den Kopfverletzungen?« fragte der junge Mann.
    »Ja. Wie geht es ihr?«
    »Allem Anschein nach ist sie mit dem Kopf zuerst gegen ihr Fahrrad und dann noch einmal auf den Boden geschlagen. Sie hat eine Platzwunde über dem Ohr. Aber wir bekommen sie nicht aus der Bewußtlosigkeit heraus, kriegen sie einfach nicht wach.«
    »Weiß jemand...?« begann Brunetti, verstummte dann aber, weil er gar nicht wußte, was er fragen sollte.
    »Wir wissen gar nichts, Guido. Sie kann heute aufwachen. Oder bewußtlos bleiben. Oder sterben.« Er stieß die Hände in die Taschen seines Arztkittels.
    »Was macht man in so einem Fall?« fragte Brunetti.
    »Als Arzt?«
    Brunetti nickte.
    »Wir untersuchen und untersuchen. Und dann beten wir.«
    »Darf ich sie sehen?«
    »Da gibt's außer Verbänden nicht viel zu sehen«, sagte der Arzt.
    »Ich möchte trotzdem zu ihr.«
    »Na gut. Aber allein«, sagte er mit einem Blick in Vianellos Richtung.
    Vianello nickte und ging zu einem Stuhl an der Wand. Er hob den Innenteil einer alten Zeitung vom Boden auf und fing an zu lesen.
    Der Arzt führte Brunetti den Korridor hinunter und blieb vor der dritten Tür rechts stehen. »Wir sind überfüllt, darum haben wir sie hierher gelegt.« Damit öffnete er die Tür und ging Brunetti voran.
    Alles wohlvertraut: der Geruch nach Blumen und Urin, die Plastikflaschen mit Mineralwasser, die zum Kühlhalten auf den Fensterbrettern standen, das erwartungsvolle Elend. Von den vier Betten im Zimmer war eines leer. Brunetti sah Maria sofort. Sie lag im letzten Bett ganz hinten an der Wand. Er merkte nicht, wie der Arzt hinausging und die Tür hinter sich schloß, er ging zu dem Bett, blieb stehen, trat aber dann ans Kopfende.
    Ihre dichten Wimpern waren kaum zu erkennen vor den dunklen Schatten unter beiden Augen; ein Büschel kurzer dunkler Haare schaute unter dem Verband um ihren Kopf hervor. Ihre Nase war

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