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Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Brunetti 06 - Sanft entschlafen

Titel: Brunetti 06 - Sanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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erwähnt worden, und das in der linken Presse.
    »Aber mit Polizeiakten ist es doch sicher etwas anderes«, bohrte er.
    Sie sah auf und bedachte ihn mit dem gleichen mitleidigen Lächeln, mit dem Paola oft eine Diskussion beendete. »Ich besorge mir seinen richtigen Namen und sehe mal nach, Commissario.« Sie klappte die Seite ihres Notizblocks um. »Noch etwas?«
    »Nein, im Moment nicht«, sagte Brunetti und ging aus dem Zimmer, um sich langsamen Schrittes wieder in sein eigenes zu begeben.
    In den paar Jahren, seit Signorina Elettra in der Questura arbeitete, hatte Brunetti sich an ihre spezielle Art von Ironie gewöhnt, aber manchmal gab sie immer noch Dinge von sich, mit denen er rein gar nichts anzufangen wußte, wenngleich er sich andererseits geniert hätte nachzufragen. So hatte er mit Signorina Elettra auch noch nie über Religion oder Kirche gesprochen, aber bei näherer Überlegung konnte er sich des Verdachts nicht erwehren, daß ihre Ansichten von denen seiner Frau nicht allzusehr abwichen.
    Sowie er wieder in seinem Zimmer war, schob er alle Gedanken an Signorina Elettra und die Heilige Mutter Kirche beiseite und nahm den Hörer vom Telefon. Er wählte Lele Cossetos Nummer, und als der Maler sich nach dem zweiten Klingeln meldete, sagte Brunetti ihm, daß er noch einmal wegen Doktor Messini anrufe.
    »Woher weißt du, daß ich zurück bin, Guido?« fragte Lele.
    »Zurück von wo?«
    »Aus England. Ich hatte eine Ausstellung in London und bin seit gestern nachmittag wieder da. Wollte dich heute gleich anrufen.«
    »Weswegen?« fragte Brunetti, zu neugierig, um sich erst einmal höflich nach dem Erfolg der Ausstellung zu erkundigen.
    »Es scheint, daß Fabio Messini die Frauen liebt«, antwortete Lele.
    »Im Gegensatz zu uns ändern allen, Lele?«
    Lele, der in jungen Jahren einen einschlägigen Ruf in der Stadt genossen hatte, mußte lachen. »Nein, ich meine, er liebt die Gesellschaft junger Damen und läßt sie sich gern etwas kosten. Außerdem gibt es anscheinend zwei davon.«
    »Zwei?«
    »Zwei. Eine hier in der Stadt, in einer Vierzimmerwohnung nahe San Marco, für die er die Miete bezahlt, und eine draußen am Lido. Keine der beiden Damen geht einer Arbeit nach, aber beide sind sehr gut gekleidet.«
    »Ist er der einzige?«
    »Der einzige was?«
    »Der einzige, der sie besucht«, versuchte Brunetti es zu umschreiben.
    »Hmm, danach habe ich gar nicht gefragt«, meinte Lele mit hörbarem Bedauern ob dieser Unterlassung. »Beide sollen sehr schön sein.«
    »Sollen? Wer sagt das?«
    »Freunde«, antwortete Lele geheimnisvoll.
    »Was erzählen diese Freunde noch?«
    »Daß er beide zwei- bis dreimal die Woche besucht.«
    »Was sagtest du, wie alt er ist?«
    »Gesagt habe ich nichts, aber er ist in meinem Alter.«
    »Soso«, machte Brunetti in neutralem Ton, schwieg einen Moment und fragte dann: »Haben deine Freunde zufällig auch etwas über das Pflegeheim gesagt?«
    »Die Heime«, korrigierte Lele.
    »Wie viele sind's denn?«
    »Inzwischen offenbar fünf, das eine hier, und vier auf dem Festland.« Brunetti schwieg so lange, daß Lele schließlich fragte: »Bist du noch da, Guido?«
    »Ja, ja, Lele. Ich bin noch da.« Er überlegte kurz, bevor er fragte: »Wußten deine Freunde noch mehr über die Pflegeheime?«
    »Nein, nur daß in allen fünfen derselbe Orden das Personal stellt.«
    »Die Schwestern vom Heiligen Sakrament?« fragte Brunetti, denn so hieß der Orden, der das Pflegeheim seiner Mutter betrieb und dem Maria Testa nicht mehr angehörte.
    »Ja. In allen fünf.«
    »Wie kann es dann sein, daß sie ihm gehören?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich weiß nicht, ob sie ihm wirklich gehören oder ob er nur der Direktor ist. Aber er ist für alle fünf zuständig.«
    »Verstehe«, sagte Brunetti, der schon seine nächsten Schritte plante. »Danke, Lele. Und weiter haben sie nichts gesagt?«
    »Nein«, antwortete Lele trocken. »Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie zu Diensten sein, Commissario?«
    »Entschuldige, Lele«, sagte Brunetti, »ich wollte nicht ungezogen sein. Tut mir leid. Aber du kennst mich ja.«
    Das konnte man wirklich sagen. Lele kannte Brunetti von dessen Geburt an. »Schon gut, Guido. Laß dich mal wieder blicken, ja?«
    Brunetti versprach es, verabschiedete sich herzlich und hatte sein Versprechen, kaum daß der Hörer aufgelegt war, schon wieder vergessen. Er nahm den Hörer von neuem ab und ließ sich von der Vermittlung mit der Casa di Cura San Leonardo beim Ospedale

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