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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Formfehlers, den die magistratura feststellte, wieder auf freien Fuß gesetzt werden mussten. Allerdings geschah dies gewöhnlich erst lange, nachdem Lama den Fall bearbeitet hatte, und so wurde" sein Vorgehen selten als Grund für die spätere Rücknahme einer Anklage oder Aufhebung eines Urteils erkannt. Wahrgenommen wurde nur die Kühnheit seiner Handlungen, und das war seiner Karriere förderlich, so dass er raketengleich immer höher stieg, wobei jede Beförderung bereits den Weg für die nächste bahnte.
    Brunetti erinnerte sich, dass es Lama gewesen war, der die Freundin von Roberte Lorenzoni vernommen und es versäumt hatte, ihrer und Conte Lorenzonis Aussage nachzugehen, es könne sich bei der Entführung möglicherweise um einen Streich gehandelt haben. Oder wenn er danach gefragt hatte, stand davon jedenfalls nichts in seinem Protokoll.
    Brunetti zog den alten Briefumschlag zu sich heran und begann eine neue Liste, diesmal von Leuten, die er befragen konnte, wenn schon nicht über die damalige Entführung, so doch über die Familie Lorenzoni. Zuoberst notierte er automatisch den Namen seines Schwiegervaters, Conte Orazio Falier. Wenn es in der Stadt jemanden gab, der ein Gespür für das feine Spinnennetz von Adel, Geschäftsinteressen und enormem Reichtum hatte, dann war es Conte Orazio, Signorina Elettras Eintreten lenkte ihn vorübergehend von seiner Liste ab. »Ich habe mit Cesare gesprochen«, sagte sie, indem sie ihm eine Mappe auf den Schreibtisch legte. »Er hat in seinem Computer das Sendedatum gefunden und meint, er könne ohne Schwierigkeiten eine Kopie von dem Band beschaffen. Er will es heute nachmittag per Kurier schicken.« Noch ehe Brunetti fragen konnte, wie sie das gemacht habe, antwortete Elettra schon: »Es hat nichts mit mir zu tun, Dottore. Er sagt, er kommt nächsten Monat nach Venedig, und ich glaube, er will unser heutiges Gespräch als Vorwand benutzen, um wieder Kontakt mit Barbara aufzunehmen.«
    »Und der Kurier?« erkundigte sich Brunetti.
    »Den verrechnet er bei dem RAI-Bericht über die Flughafenstraße«, antwortete sie, womit sie Brunetti an einen der jüngsten Skandale erinnerte. Milliarden waren an Freunde von Regierungsbeamten geflossen, die den Bau der sinnlosen auto-strada zu Venedigs winzigem Flughafen geplant und durchgeführt hatten. Einige waren daraufhin wegen Betrugs verurteilt worden, aber der Fall ging jetzt durch die Mühlen eines endlosen Berufungsverfahrens, während der ExMinister, der sich als Drahtzieher der ganzen Sache eine goldene Nase verdient hatte, nicht nur weiterhin seine Pension bezog, dem Vernehmen nach zehn Millionen Lire monatlich, sondern jetzt in Hongkong, wie es hieß, weiteres Vermögen anhäufte.
    Brunetti riss sich aus seinem Tagtraum und sah zu Signorina Elettra auf. »Bitte richten Sie Cesare meinen Dank aus.«
    »Nicht doch, Dottore, ich finde, wir sollten ihn in dem Glauben lassen.«
    »Er soll ruhig meinen, dass wir es sind, die ihm einen Gefallen tun, indem wir ihm einen Vorwand liefern, sich wieder mit Barbara in Verbindung zu setzen. Ich habe ihm sogar versprochen, es ihr gegenüber zu erwähnen, damit er einen Grund hat, sie anzurufen«
    »Und wozu das?« wollte Brunetti wissen. Sie schien sich zu wundern, dass er das nicht selbst sah. »Für den Fall, dass wir ihn wieder mal brauchen. Weiß man denn, wann wir vielleicht einmal einen Fernsehsender für uns einspannen möchten?« meinte sie. Brunetti dachte an die Katastrophe bei einer der letzten Wahlen, als der Besitzer dreier der größten Fernsehsender diese schamlos für seine Kampagne eingesetzt hatte. Er wartete auf Elettras Kommentar. »Ich finde es an der Zeit, dass statt der anderen die Polizei sich das Fernsehen zunutze macht.«
    Brunetti, der bei politischen Diskussionen immer vorsichtig war, wollte sich da lieber zurückhalten, weshalb er die Aktenkopien nahm und ihr dankte, als sie ging. Das Telefon klingelte, noch bevor er seinerseits über Anrufe auch nur hatte nachdenken können. Als er abnahm, hörte er die vertraute Stimme seines Bruders.
    »Ciao, Guido, come stai?«
    »Bene«, antwortete Brunetti, während er sich fragte, warum Sergio ihn wohl in der Questura anrief. Sofort waren seine Gedanken und seine Gefühle bei seiner Mutter. »Was ist passiert, Sergio?«
    »Nichts, gar nichts. Mein Anruf hat nichts mit mamma zu tun.« Wie schon seit ihrer Kindheit, beruhigte Sergios Stimme ihn auch jetzt und gab ihm die Gewissheit, dass alles in Ordnung war oder bald

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