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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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tödlich. Ein Kratzer an der Innenseite der linken Augenhöhle konnte durch das Austreten der Kugel entstanden sein.
    An dieser Stelle hielt Brunetti inne und dachte über die ewige Vorsicht von Pathologen nach. Da konnte jemand mit einem Dolch im Herzen gefunden werden, und im Bericht würde stehen: »Die Todesursache dürfte dem Augenschein nach...« Er bedauerte, dass nicht Ettore Rizzardi, der medico legale von Venedig, die Autopsie vorgenommen hatte. Nach Jahren der Zusammenarbeit konnte Brunetti ihn meist dazu bewegen, sich über die kühle, spekulative Sprache seiner Berichte hinaus festzulegen, und das eine oder andere Mal hatte er den Pathologen sogar dazu gebracht, die Möglichkeit einzuräumen, dass die Todesursache vielleicht doch einig andere sein könnte als die im Autopsiebericht genannte.
    Da der Traktor einige Knochen von der Stelle bewegt und andere zerbrochen hatte, konnte man nicht sagen, ob der Ring, den man bei der Leiche gefunden hatte, ursprünglich an der Hand des Toten gewesen war. Die zuerst am Fundort eingetroffenen Beamten hatten ihn gefunden, nicht aber die Stelle markiert, bevor sie ihn dem medico legale aushändigten, so dass man unmöglich sagen konnte, wo er in Bezug zum Körper gelegen hatte, dessen Lage seinerseits seit ihrer Ankunft nicht mehr unverändert war.
    Außer einem Paar schwarzer Lederschuhe der Größe 42 und dunklen Baumwollsocken hatte der Tote, als man ihn in die Erde legte, nur eine blaue Wollhose und ein weißes Hemd getragen. Brunetti rief sich den Polizeibericht in Erinnerung, in dem stand, dass Lorenzoni bei seinem Verschwinden einen blauen Anzug getragen hatte. Da es im letzten Herbst und Winter in der Provinz Belluno stark geregnet hatte und der Acker zwischen zwei Hügeln lag, wo das Wasser erst einmal stehenblieb, hatten Stoff und Körpergewebe sich schneller zersetzt als normal.
    Die toxikologische Untersuchung der Organe sollte im Lauf der Woche abgeschlossen sein, ebenso ein paar weitere Untersuchungen an den Knochen. Obwohl die Reste des Lungengewebes schon zu stark verwest waren, um verlässlich Schlüsse zu erlauben, gab es Hinweise darauf, dass der Tote ein starker Raucher gewesen war. Brunetti dächte an die Worte von Robertos Freundin und zweifelte am Nutzen von Autopsien. In einer Klarsichthülle steckten Röntgenaufnahmen vom Gebiss.
    »Also der Zahnarzt«, sagte Brunetti laut und griff nach dem Telefonhörer. Während er auf eine Verbindung nach draußen wartete, schlug er seine Kopie der Akte Lorenzoni auf und fand Conte Ludovicos Nummer.
    »Pronto«, antwortete eine männliche Stimme auf das dritte Klingeln.
    »Conte Lorenzoni?« fragte Brunetti.
    »Signor Lorenzoni«, verbesserte ihn der Mann, ohne zu erkennen zu geben, ob er der Neffe oder der Conte selbst war, der sich demokratisch gab.
    »Signor Maurizio Lorenzoni?« fragte Brunetti.
    »Ja.« Sonst nichts.
    »Hier Commissario Guido Brunetti. Ich möchte gern mit Ihnen oder Ihrem Onkel sprechen, möglichst noch heute nachmittag.«
    »In welcher Angelegenheit, Commissario?«
    »Roberto. Ihr Vetter Roberto.«
    Nach einer langen Pause fragte er: »Haben Sie ihn gefunden?«
    »Es wurde eine Leiche in der Provinz Belluno gefunden.«
    »Belluno?«
    »Ja.«
    »Ist es Roberto?« »Ich weiß es nicht, Signor Lorenzoni. Möglicherweise. Es ist die Leiche eines jungen Mannes von Anfang Zwanzig, etwa einen Meter achtzig groß...«
    »Die Beschreibung passt auf die Hälfte aller jungen Männer in Italien«, sagte Lorenzoni.
    »Ein Ring mit dem Familienwappen der Lorenzonis wurde bei ihm gefunden«, fügte Brunetti hinzu.
    »Was?«
    »Ein Siegelring mit dem Familienwappen ist bei ihm gefunden worden.«
    »Wer hat den Ring identifiziert?«
    »Der medico legale.«
    »Ist er sicher?« fragte Lorenzoni.
    »Ja. Es sei denn, das Wappen hätte sich inzwischen geändert«, antwortete Brunetti ruhig.
    Lorenzonis nächste Frage kam nach einer weiteren langen Pause. »Wo war das?«
    »In einem Ort namens Col di Cugnan, unweit Belluno.«
    Die nächste Pause war noch länger. Dann fragte Lorenzoni mit viel weicherer Stimme: »Können wir ihn sehen?«
    Wäre die Stimme nicht weicher geworden, hätte Brunetti geantwortet, da gäbe es nicht viel zu sehen, so aber sagte er: »Ich furchte, die Identifizierung wird auf andere Weise erfolgen müssen.«
    »Was heißt das?«
    »Die Leiche, die gefunden wurde, hat einige Zeit in der Erde gelegen, und die Verwesung ist ziemlich weit fortgeschritten.«
    »Verwesung?«
    »Es wäre

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