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Brunetti 07 - Nobiltà

Brunetti 07 - Nobiltà

Titel: Brunetti 07 - Nobiltà Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Polizeiboote lagen. Brunetti hob den Arm, um die Wache auf sich aufmerksam zu machen. »Wo ist Bonsuan?« rief er. Sein dringlicher Ton ließ Köpfe herumfahren.
    »Draußen, Commissario.«
    »Ich habe ihn schon verständigt«, sagte Vianello von hinten.
    »Erzählen Sie«, sagte Brunetti, während er die schwere Glastür aufstieß.
    Mit einem Nicken begrüßte er Bonsuan, sprang in das wartende Boot, drehte sich um und half Vianello an Bord, während sie schon Fahrt aufnahmen.
    »Also, weiter«, forderte er Vianello erneut auf.
    »Nichts weiter. Mehr hat er nicht gesagt.«
    »Wie hat er ihn angegriffen? Womit?« Brunetti hob die Stimme, um den Motor zu übertönen.
    »Ich weiß es nicht, Commissario.«
    »Hat Orsoni denn nicht nachgefragt?« bohrte Brunetti weiter, allen Unmut auf Vianello gerichtet.
    »Er sagt, der Conte hat einfach aufgelegt. Nur die Tat gemeldet und wieder aufgelegt.«
    Brunetti klatschte mit der Handfläche auf die Reling, und wie von dem Schlag angetrieben, brauste das Boot auf die weite Fläche des Bacino hinaus, durchschnitt die Heckwelle eines Wassertaxis und platschte mit einem mißtönenden dumpfen Schlag aufs Wasser. Bonsuan schaltete die Sirene ein, deren Doppelton ihnen den Canal Grande hinauf vorausjaulte, bis sie am privaten Anlegesteg des Palazzo Lorenzoni beidrehten.
    Das Wassertor stand zwar offen, aber es erwartete sie niemand. Vianello sprang als erster von Bord, verfehlte aber die oberste Stufe und landete auf der darunter, den Fuß knöcheltief im Wasser. Er schien es kaum zu merken, drehte sich um, ergriff Brunettis Arm und half ihm bei seinem längeren Schritt auf die oberste Stufe. Zusammen rannten sie in die dunkle Eingangshalle und nach rechts durch eine offene Tür, die in einen beleuchteten Treppenaufgang führte. Oben stand dasselbe Dienstmädchen, das Brunetti schon beim letzten Mal eingelassen hatte. Ihr Gesicht war weiß, und sie hielt die Arme um den Leib geschlungen, als hätte sie einen Schlag in den Magen bekommen.
    »Wo ist er?« fragte Brunetti.
    Sie löste einen Arm und zeigte mit der ausgestreckten Hand zu einer weiteren Treppe am Ende der Diele. Die beiden Männer eilten zu dieser Treppe und rannten hinauf. Sie blieben stehen, lauschten, hörten aber nichts/und liefen weiter nach oben. Noch auf der Treppe hörten sie einen leisen Ton, eine männliche Stimme, kaum vernehmbar. Sie kam aus einer offenen Tür zu ihrer Linken.
    Brunetti ging geradewegs in das Zimmer. Conte Lorenzoni saß neben seiner Frau, hielt ihre Hand in seinen beiden Händen und redete leise auf sie ein. Auf den ersten Blick wirkte das wie eine friedliche, häusliche Szene: ein älterer Mann im trauten Gespräch mit seiner Frau, ihre Hand liebevoll umfasst Aber nur so lange, bis sie nach unten schauten und sahen, dass die Hosenbeine und Schuhe des Mannes voll Blut waren. Blutspritzer waren auch auf seinen Händen und den Manschetten.
    »Gesù bambino«, flüsterte Vianello.
    Conte Lorenzoni sah zu ihnen auf, dann wieder zu seiner Frau. »Mach dir keine Sorgen, Liebes, es ist jetzt alles gut. Mir ist nichts passiert. Es ist nichts.«
    Brunetti sah den Conte die Hand seiner Frau loslassen und hörte ein leises; schmatzendes Geräusch, als seine blutbefleckten Hände sich von der ihren lösten. Lorenzoni erhob sich und kam auf sie zu. Soweit Brunetti es beurteilen konnte, hatte die Contessa überhaupt nicht wahrgenommen, dass er mit ihr gesprochen hatte oder dass er sie jetzt allein ließ.
    »Kommen Sie mit«, sagte der Conte und ging ihnen voraus zur Treppe und nach unten. Er führte sie zu dem Zimmer, in dem Brunetti schon zweimal mit ihm gesprochen hatte. Er drückte die Tür auf, machte aber keine Anstalten, ins Zimmer zu gehen. Er sagte nichts und schüttelte nur den Kopf, als Brunetti ihn mit einer Geste zum Eintreten aufforderte.
    Brunetti ging hinein, gefolgt von Vianello. Was er sah, machte ihm das Widerstreben des Conte verständlich. Am schlimmsten sahen die Vorhänge vor den Fenstern auf der anderen Seite aus. Sie waren oben von Schrotkugeln durchsiebt und über und über verklebt mit Hirnmasse und Blut aus Maurizios Kopf. Der junge Mann lag vor dem Fenster, zusammengekrümmt wie ein Fetus. Sein Gesicht war verschont geblieben, aber von seinem Hinterkopf war nichts mehr da. Die Mündung musste genau unter seinem Kinn gewesen sein, als der Schuss fiel. Soviel sah Brunetti, bevor er sich abwandte. Er ging in den Flur zurück und überlegte, was zu tun war. Ob nach seinem plötzlichen

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