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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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einmal gesagt, daß die Belege aller Transaktionen, auch der unbedeutendsten, zehn Jahre lang im Archiv aufbewahrt werden müßten, bevor sie vernichtet werden dürften.
    Sein Blick wandte sich, wie zuvor schon seine Gedanken, von den Papieren ab, und er sah im Geiste ein Italien, das überall knöchelhoch mit Papier zugedeckt war: Berichte, Fotokopien, Durchschläge, kleine Quittungen aus den Bars, Geschäften und Apotheken. Und in diesem Papiermeer brauchte ein Brief noch immer zwei Wochen von Venedig nach Rom.
    Er wurde von diesen Überlegungen abgelenkt, als Sergente Vianello kam, um Brunetti mitzuteilen, daß er ein Treffen mit einem dieser kleinen Ganoven hatte arrangieren können, die der Polizei gelegentlich Informationen zukommen ließen. Der Mann hatte zu Vianello gesagt, er habe etwas Interessantes anzubieten; da er aber Bedenken habe, in Gesellschaft eines Polizisten gesehen zu werden, müsse Brunetti sich in einer Bar in Mestre mit ihm treffen. Das hieß, daß er nach dem Mittagessen den Zug nach Mestre nehmen und dort mit dem Bus zu der Bar fahren mußte. Dorthin fuhr man nicht mit dem Taxi.
    Es kam nichts dabei heraus, wie Brunetti insgeheim schon befürchtet hatte. Angeregt durch Zeitungsberichte über die Millionen, die der Staat denen zahlte, die sich von der Mafia lossagten und als Zeugen gegen sie auftraten, wollte dieser junge Mann von Brunetti fünf Millionen im voraus. Der Gedanke war absurd und der Nachmittag vergeudet, aber wenigstens war er dadurch bis weit nach vier Uhr unterwegs. Als er wieder in sein Dienstzimmer trat, erwartete ihn ein aufgeregter Vianello.
    »Was gibt's?« fragte Brunetti, als er Vianellos Gesicht sah.
    »Dieser Mann in Treviso.«
    »Iacovantuono?«
    »Ja.«
    »Was ist mit ihm? Hat er beschlossen, doch nicht zu kommen?«
    »Seine Frau ist tot.«
    »Wie das?«
    »Sie ist in ihrem Wohnhaus die Treppe hinuntergefallen und hat sich das Genick gebrochen.«
    »Wie alt war sie?« fragte Brunetti.
    »Fünfunddreißig.«
    »Irgendwelche Krankheiten?«
    »Keine.«
    »Zeugen?«
    Vianello schüttelte den Kopf.
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Ein Nachbar, der gerade zum Essen nach Hause kam.«
    »Hat er irgend etwas gesehen?«
    Wieder schüttelte Vianello stumm den Kopf.
    »Wann ist das passiert?«
    »Der Mann meinte, es könnte sein, daß sie noch lebte, als er sie kurz vor eins fand. Aber sicher ist er sich nicht.«
    »Hat sie noch etwas gesagt?«
    »Er hat 113 angerufen, aber als der Krankenwagen kam, war sie schon tot.«
    »Haben die mit den Nachbarn gesprochen?«
    »Wer?« fragte Vianello.
    »Die Kollegen in Treviso.«
    »Die haben mit niemandem gesprochen. Und ich glaube auch nicht, daß sie noch mit jemandem sprechen werden.«
    »Warum denn nicht, zum Donnerwetter?«
    »Sie betrachten es als Unfall.«
    »Ist doch klar, daß es wie ein Unfall aussieht!« explodierte Brunetti, und als Vianello darauf nichts sagte, fragte er: »Hat denn wenigstens schon jemand mit dem Mann gesprochen?«
    »Er war bei der Arbeit, als es passierte.«
    »Ja, aber hat jemand mit ihm gesprochen?«
    »Ich glaube nicht, Commissario. Man hat ihm nur gesagt, was passiert ist.«
    »Können wir ein Auto bekommen?« fragte Brunetti.
    Vianello nahm den Telefonhörer ab, wählte eine Nummer und sprach kurz. Als er aufgelegt hatte, sagte er: »Um halb sechs wartet eines am Piazzale Roma auf uns.«
    »Ich sage noch schnell meiner Frau Bescheid«, sagte Brunetti. Paola war nicht zu Hause, und er trug Chiara auf, ihr zu sagen, er müsse nach Treviso und komme wahrscheinlich spät nach Hause.
    In seinen über zwei Jahrzehnten bei der Polizei hatte Brunetti einen Instinkt entwickelt, der ihn Mißerfolge schon vorausahnen ließ, und oft erwies er sich als richtig. Noch ehe er und Vianello einen Fuß vor die Questura gesetzt hatten, wußte er, daß diese Fahrt nach Treviso umsonst sein würde und jede Chance, Iacovantuono zur Aussage zu bewegen, mit seiner Frau gestorben war.
    Es war schon sieben, als sie ankamen, acht, bevor sie Iacovantuono dazu bringen konnten, überhaupt mit ihnen zu sprechen, und zehn, als sie sich endlich damit abfanden, daß er nichts mehr mit der Polizei zu tun haben wollte. Das einzige, was Brunetti von diesem Abend als eine gewisse Erleichterung oder Befriedigung mitnahm, war, den Mann nicht mit der Frage konfrontiert zu haben, was aus ihrer aller Kinder werden solle, wenn er die Aussage verweigerte. Es lag, zumindest nach Brunettis Einschätzung der Dinge, allzu offensichtlich auf der Hand,

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