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Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti

Titel: Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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dumme Übereinkunft, die für sie keinerlei bindende Wirkung hatte, nur weil sie nicht damit einverstanden war. Er fühlte, wie sein Herzschlag schneller wurde, während er sich in seiner Empörung mehr und mehr in den Zorn hineinsteigerte, den er schon seit Tagen mit sich herumschleppte. Sie handelte aus einer Laune heraus, indem sie einer selbstgestrickten Definition richtigen Verhaltens folgte, und er sollte tatenlos dabeistehen und ehrfürchtig ihr edles Tun bestaunen, während seine Karriere dabei in die Binsen ging.
    Brunetti merkte, wie er immer tiefer in diese Stimmung hineingeriet, und gebot sich selbst Einhalt, bevor er noch darüber zu lamentieren anfing, wie sich das auf seine Stellung unter seinesgleichen in der Questura auswirken und seine Selbstachtung beschädigen würde. Er sah sich gezwungen, sich selbst hier dieselbe Antwort zu geben wie vorhin Mitri: daß er für die Taten seiner Frau nicht verantwortlich war.
    Allerdings konnte diese Erkenntnis seinen Ärger auch nicht sehr dämpfen. Er begann wieder auf und ab zu gehen, und als auch das nichts nützte, ging er zu Signorina Elettra hinunter.
    Sie lächelte, als er eintrat. »Der Vice-Questore ist zum Essen gegangen«, sagte sie, weiter noch nichts, um erst einmal zu sehen, in welcher Stimmung Brunetti war.
    »Sind die anderen mitgegangen?«
    Sie nickte.
    »Signorina«, begann er, dann mußte er schon innehalten und überlegen, wie er es am besten sagen sollte. »Ich glaube, es ist nicht nötig, weitere Erkundigungen über diese Männer einzuholen.«
    Er sah, daß sie protestieren wollte, und sprach schnell weiter, bevor sie einen Einwand machen konnte. »Keiner von ihnen steht in dem Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, und ich hielte es für unklug, irgendwelche Ermittlungen gegen sie anzustellen. Besonders unter den gegebenen Umständen.« Er überließ es ihrer Phantasie, die Art dieser Umstände zu ergänzen.
    Sie nickte. »Ich verstehe, Commissario.«
    »Ich habe nicht gefragt, ob Sie das verstehen, Signorina. Ich sage, daß Sie von einer Durchleuchtung ihrer Finanzen Abstand nehmen sollen.«
    »Ja, Commissario«, sagte sie, dann wandte sie sich von ihm ab und schaltete ihren Computer ein.
    »Signorina«, wiederholte er ganz ruhig, und als sie von ihrem Bildschirm aufblickte, sagte er: »Ich meine das ernst, Signorina. Ich möchte nicht, daß Sie irgendwelche Nachforschungen über sie anstellen.«
    »Dann werden keine angestellt, Commissario«, sagte sie mit strahlend falschem Lächeln. Wie eine Soubrette in einer billigen Filmkomödie stützte sie die Ellbogen auf den Tisch, verschränkte die Finger und legte ihr Kinn darauf. »Ist das alles, Commissario, oder haben Sie auch noch etwas für mich zu tun, nicht nur zu lassen?«
    Er drehte sich schweigend um und ging zur Treppe, machte dann aber kehrt und verließ die Questura. Er ging am Kanalufer entlang auf San Giorgio dei Greci zu, dann über die Brücke und in die Bar gegenüber.
    »Buon giorno, Commissario«, begrüßte ihn der Barmann. »Cosa desidera?«
    Bevor er überhaupt wußte, was er bestellen sollte, sah Brunetti auf die Uhr. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren und war überrascht, daß es fast Mittag war. »Un'ombra«, antwortete er, dann leerte er das kleine Glas Weißwein in einem Zug, ohne vorher auch nur zu kosten. Es half nichts, und er hatte Verstand genug, um zu wissen, daß ein zweites ihm noch weniger helfen würde. Er legte einen Tausendlireschein auf den Tresen und ging in die Questura zurück. Dort sprach er mit niemandem, ging nur in sein Zimmer hinauf, nahm seinen Mantel und machte sich auf den Heimweg.
    Beim Mittagessen wurde deutlich, daß Paola den Kindern erzählt hatte, was geschehen war. Chiara betrachtete ihre Mutter mit offensichtlicher Ratlosigkeit, während Raffi sie eher interessiert beäugte, schon fast neugierig. Niemand brachte das Thema zur Sprache, so daß ihre Mahlzeit relativ ruhig verlief. Normalerweise hätte Brunetti die frischen tagliatelle mit porcini genossen, aber heute schmeckte er beides kaum. Auch von den darauf folgenden spezzatini mit gebratenen melanzane hatte er nicht viel. Als sie fertig waren, ging Chiara zu ihrer Klavierstunde und Raffi zu einem Freund, um Mathematik zu pauken.
    Paola und Brunetti saßen allein am Tisch, auf dem noch die leer gegessenen Teller und Schüsseln standen, und tranken ihren Kaffee, er den seinen mit einem Schuß Grappa, sie den ihren schwarz und süß. »Hast du vor, dir einen Anwalt zu nehmen?«

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