Brunetti 08 - In Sachen Signora Brunetti
Zambino?«
Vianello mußte die Namen schon aus anderem Zusammenhang kennen, denn seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Zambino wohnt in Dorsoduro, nicht weit von der Salute. Großes Haus, schätzungsweise dreihundert Quadratmeter. Hat sich auf Unternehmens- und Handelsrecht spezialisiert. Die meisten seiner Klienten sitzen auf dem Festland: Chemie, Petrochemie und ein Hersteller für Tiefbaumaschinen. Eine der Chemiefirmen, für die er arbeitet, wurde vor drei Jahren dabei erwischt, wie sie Arsen in der Lagune deponierte; er hat erreicht, daß die mit drei Millionen Lire Geldstrafe und dem Versprechen davonkam, es nicht wieder zu tun.«
Brunetti hörte seinem Sergente bis zu Ende zu und fragte sich, ob wohl Signorina Elettra die Quelle dieser Informationen gewesen war. »Und Mitri?«
Brunetti merkte, daß Vianello seinen Stolz darauf, das alles so rasch in Erfahrung gebracht zu haben, nur mit Mühe verbergen konnte. Der Sergente fuhr eifrig fort: »Er hat gleich nach dem Studium bei einem der Pharmabetriebe angefangen. Eigentlich ist er Pharmazeut, aber diese Tätigkeit übt er nicht mehr aus, seitdem er zuerst eine Firma und später noch zwei weitere übernommen hat. Er hat sich in den letzten Jahren sehr vergrößert und besitzt jetzt außer einigen Fabriken auch noch dieses Reisebüro und zwei Immobilienbüros, und Gerüchten zufolge soll er der Hauptaktionär dieser Schnellimbißkette sein, die letztes Jahr den Betrieb aufgenommen hat.«
»Ist einer der beiden schon irgendwie aufgefallen?«
»Nein«, sagte Vianello. »Weder der eine noch der andere.«
»Könnte da ein Versäumnis vorliegen?«
»Auf welcher Seite?«
»Auf unserer.«
Der Sergente überlegte kurz. »Kann schon sein. Das kommt ja öfter vor.«
»Vielleicht sollten wir da einmal etwas genauer hinsehen.«
»Signorina Elettra spricht schon mit ihren Banken.«
»Spricht?«
Statt zu antworten, legte Vianello die Hände flach auf Brunettis Schreibtisch und klimperte auf einer nicht vorhandenen Computertastatur.
»Wie lange gehört ihm dieses Reisebüro schon?« fragte Brunetti.
»Seit fünf oder sechs Jahren, glaube ich.«
»Möchte wissen, wie lange die schon diese Touren anbieten«, meinte Brunetti.
»Ich erinnere mich, die Poster schon vor ein paar Jahren gesehen zu haben, in dem Reisebüro bei uns in Castello«, sagte Vianello. »Ich habe mich noch gewundert, wieso eine Woche Thailand so billig sein kann. Ich habe Nadia gefragt, und sie hat es mir erklärt. Seitdem habe ich gewissermaßen ein Auge auf die Schaufenster der Reisebüros.« Vianello erklärte das Motiv für seine Neugier nicht, und Brunetti fragte nicht nach.
»Wohin gehen die sonst noch?«
»Die Touren?«
»Ja.«
»Die meisten nach Thailand, soviel ich weiß, aber viele auch auf die Philippinen. Und nach Kuba. Und seit einigen Jahren werden welche nach Birma und Kambodscha angeboten.«
»Wie sehen diese Reklamen denn aus?« fragte Brunetti, der sich nie dafür interessiert hatte.
»Früher waren sie ziemlich unverblümt: ›Mitten im Rotlichtviertel, freundliche Begleitung, alle Träume werden wahr‹ und so ähnlich. Aber seitdem das Gesetz geändert wurde, benutzen sie eine Art Code: ›Aufgeschlossenes Hotelpersonal, Nachtleben gleich nebenan, freundliche Hostessen.‹ Es bedeutet aber immer noch dasselbe: jede Menge Nutten für Männer, die zu faul sind, auf die Straße zu gehen und sich eine zu suchen.«
Brunetti hatte keine Ahnung, wie Paola das alles erfahren hatte oder was sie im Hinblick auf Mitris Reiseagentur wußte. »Wirbt Mitri auch mit solchen Anzeigen?«
Vianello zuckte die Achseln. »Ich nehme es an. Alle, die das machen, benutzen offenbar eine ähnlich verschlüsselte Sprache. Man versteht sie nach einer Weile. Aber die meisten haben auch viele legale Angebote: auf die Malediven, die Seychellen, überallhin, wo man billig seinen Spaß haben kann und viel die Sonne scheint.«
Einen Augenblick fürchtete Brunetti schon, daß Vianello, der sich vor einigen Jahren ein Melanom vom Rücken hatte entfernen lassen und seitdem ein militanter Sonnengegner war, jetzt auf sein Lieblingsthema kommen würde, aber der Sergente sagte nur: »Ich habe mich nach ihm erkundigt. Unten. Nur um zu sehen, ob die Kollegen etwas wissen.«
»Und?«
Vianello schüttelte den Kopf. »Nichts. Als wenn es ihn gar nicht gäbe.«
»Was er macht, ist schließlich nicht ungesetzlich«, sagte Brunetti.
»Ich weiß, daß es nicht ungesetzlich ist«, meinte Vianello
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