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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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etwas vergessen, was er so genau wußte? Das war doch schon beinah so, als hätte er seine eigene Telefonnummer oder das Gesicht des Bäckers vergessen. Er wußte nicht, wohin die Schleppdampfer verlegt worden waren, und konnte sich auch nicht erinnern, wie viele Jahre es schon her war, seit sie verschwunden waren und den Platz an der riva, für andere Wasserfahrzeuge geräumt hatten, die dem Tourismus zweifellos nützlicher waren.
    Was für herrliche lateinische Namen sie gehabt hatten, und wie schön rot und stolz sie auf dem Wasser lagen, jederzeit bereit, abzulegen und den großen Schiffen durch den Canale della Giudecca zu helfen. Die Schiffe, die heutzutage die Stadt heimsuchten, waren für die wackeren kleinen Schleppdampfer wohl zu groß. Wahre Ungeheuer waren das - größer als die Basilika und gefüllt mit Tausenden von ameisengleichen Gestalten, die sich an der Reling drängten -, wenn sie heranglitten, anlegten, die Gangways herunterwarfen und ihre Passagiere auf die Stadt losließen.
    Brunetti verdrängte diese Gedanken und bog zur Piazza ab, überquerte sie und wandte sich dann nach rechts, stadteinwärts und auf den Campo San Luca zu. Franca war bereits da. Sie unterhielt sich mit einem Mann, den Brunetti schon gesehen hatte, aber nicht kannte. Sie verabschiedeten sich gerade, als er sich ihnen näherte. Der Mann ging in Richtung Campo Manin, Franca wandte ihre Aufmerksamkeit dem Schaufenster einer Buchhandlung zu.
    »Ciao, Franca«, sagte Brunetti, als er bei ihr ankam. Sie waren auf der Oberschule miteinander befreundet gewesen, eine Zeitlang sogar mehr als befreundet, aber dann war sie ihrem Mario begegnet, und Brunetti war auf die Universität gegangen und hatte dort seine Paola getroffen. Franca hatte immer noch ihr glänzendes blondes Haar, ein paar Grad heller als Paolas, und da Brunetti inzwischen genug von solchen Dingen verstand, wußte er, daß sie diesen Farbton nicht ohne Hilfsmittel behielt. Ansonsten aber war sie noch dieselbe: Die üppige Figur, für die sie sich vor zwanzig Jahren ein wenig geniert hatte, gab ihr jetzt die Anmut der Reife. Sie hatte die faltenlose Haut der Vollschlanken, und da war von Nachhilfe nichts zu erkennen. Die sanften braunen Augen waren auch noch dieselben, ebenso die Herzlichkeit, die in ihnen aufleuchtete, als sie seine Stimme hörte.
    »Ciao, Guido«, sagte sie und legte den Kopf in den Nacken, um seine beiden raschen Küßchen entgegenzunehmen.
    »Ich darf dich doch zu einem Gläschen einladen?« fragte er, wobei er schon aus alter Gewohnheit ihren Arm nahm und sie zu der Bar führte.
    Drinnen entschieden sie sich für uno spritz und sahen dem Barmann zu, wie er Wein und Mineralwasser mischte und dann einen winzigen Spritzer Campari dazutat, bevor er eine Zitronenscheibe auf den Rand steckte und ihnen die Gläser über den Tresen schob.
    »Cin cin«, sagten sie wie aus einem Mund und tranken den ersten Schluck.
    Der Barmann stellte ein Schälchen Kartoffelchips vor sie hin, aber das ignorierten sie beide. Das Gedränge am Tresen schob sie immer weiter nach hinten, bis sie schließlich am Fenster standen, durch das sie die Leute vorbeiziehen sahen.
    Franca wußte, daß dieses Treffen dienstlich war. Hätte Brunetti mit ihr über ihre Familien plaudern wollen, so hätte er das am Telefon getan und sie nicht gebeten, sich mit ihm in einer Bar zu treffen, die garantiert so voll war, daß niemand ihr Gespräch mithören konnte.
    »Worum geht es denn, Guido?« fragte sie, lächelte aber dabei, um ihren Worten jede eventuelle Schärfe zu nehmen.
    »Wucherer«, antwortete er.
    Sie sah zu ihm auf, blickte einmal rasch zur Seite und dann ebenso rasch wieder zu ihm. »Für wen willst du das denn wissen?«
    »Für mich natürlich.«
    Sie lächelte, aber nur ein wenig. »Das weiß ich, Guido. Aber fragst du es als Polizist, der sich diese Leute einmal genauer ansehen möchte, oder ist es nur so eine Frage unter Freunden?«
    »Wozu ist das wichtig?«
    »Im ersteren Fall glaube ich nicht, daß ich dir etwas zu sagen habe.«
    »Und im letzteren Fall?«
    »Könnte ich reden.«
    »Wozu dieser Unterschied?« fragte er, dann ging er an den Tresen und holte sich doch ein paar Kartoffelchips, aber mehr um ihr Zeit zu geben, über ihre Antwort nachzudenken, weniger weil er Lust darauf gehabt hätte.
    Als er wiederkam, war sie soweit. Sie schüttelte den Kopf, als er ihr die Chips hinhielt, also mußte er sie selbst essen.
    »Im ersteren Fall müßte ich alles, was ich sage,

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