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Brunetti 09 - Feine Freunde

Brunetti 09 - Feine Freunde

Titel: Brunetti 09 - Feine Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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er schon wußte. Sie beugte den Oberkörper vor, und er sah, daß sie nun, nachdem die Botschaft überbracht war, nur noch die Flucht ergreifen wollte.
    Brunetti erhob sich langsam und kam um seinen Schreibtisch herum. Sie stand auf und wandte sich zur Tür.
    Brunetti öffnete ihr. Er bedankte sich, daß sie gekommen war, um mit ihm zu sprechen. Sobald sie die ersten Stufen hinunter war, schloß er die Tür, sprang zum Telefon und wählte die Nummer des Wachpostens am Empfang. Er erkannte die Stimme des jungen Polizisten, der sie zu ihm heraufgebracht hatte.
    »Masi, sagen Sie nichts. Bitten Sie die Frau, die jetzt herunterkommt, zu sich herein, und sorgen Sie dafür, daß sie mindestens ein paar Minuten bei Ihnen bleibt. Sie können ihr ja erzählen, daß Sie in Ihrem Wachbuch notieren müssen, wann sie die Questura verlassen hat - irgend etwas, aber Sie müssen sie aufhalten. Danach kann sie gehen.«
    Ohne dem anderen Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, legte Brunetti auf und lief zu dem großen Schrank an der Wand. Er riß die Tür auf, daß sie gegen die Wand knallte, sah die alte Tweedjacke, die er vor über einem Jahr da hineingehängt hatte, und riß sie hastig vom Bügel. Die Jacke in der einen Hand, sprang er zur Zimmertür, öffnete sie, warf einen Blick ins Treppenhaus und rannte ein Stockwerk tiefer zum Bereitschaftsraum.
    Als er schnaufend dort ankam, sah er zu seiner großen Erleichterung Pucetti an seinem Schreibtisch sitzen. »Pucetti«, sagte er, »schnell, stehen Sie auf, und ziehen Sie Ihre Jacke aus.«
    Augenblicklich war der junge Polizist auf den Beinen, seine Uniformjacke flog auf den Tisch. Brunetti gab ihm die Tweedjacke und sagte: »Unten am Eingang ist ein junges Mädchen. Masi hält sie ein paar Minuten auf. Wenn sie hinausgeht, möchte ich, daß Sie ihr folgen. Laufen Sie ihr den ganzen Tag nach, wenn es sein muß. Jedenfalls will ich wissen, wohin sie geht, und vor allem, wer sie ist.«
    Pucetti war schon auf dem Weg zur Tür. Da die Jacke ihm zu groß war, krempelte er die Ärmel hoch; dann riß er sich die Krawatte herunter und warf sie ungefähr in Richtung Schreibtisch. Als er zur Tür hinausging, ohne Brunetti nach weiteren Erklärungen zu fragen, sah er aus wie ein leger gekleideter junger Mann, der sich heute eben für ein weißes Hemd zur dunkelblauen Hose entschieden hatte und den militärischen Schnitt der Hose damit ausglich, daß er dazu ein übergroßes Jackett aus Harristweed mit pfiffig hochgekrempelten Ärmeln trug.
    Brunetti ging wieder in sein Zimmer hinauf, wählte die Nummer des Gazzettino und nannte seinen Namen. Dann berichtete er, daß die Polizei, die den Drogentod eines Studenten zu untersuchen habe, den jungen Mann habe identifizieren können, der ihm den Stoff, an dem er gestorben sei, vermutlich besorgt habe. Seine Festnahme stehe unmittelbar bevor, und man habe die Hoffnung, daß sie zur Festnahme weiterer Personen führen werde, die im Veneto mit Drogen handelten. Als er auflegte, hoffte er, es möge genügen, damit der Verwandte des Mädchens, wer er auch war, seinen Mut zusammennahm und in die Questura kam, so daß Marco Landis sinnloser Tod wenigstens ein Gutes bewirkte.
    Er und Vianello betraten um elf das Ufficio Catasto. Brunetti nannte der Sekretärin im ersten Stock seinen Namen und Dienstgrad, worauf sie ihm sagte, Ingeniere dal Carlo habe sein Büro im dritten Stock und sie wolle gern oben anrufen und Bescheid sagen, daß Commissario Brunetti zu ihm unterwegs sei. Stumm begaben sich Brunetti und der uniformierte Vianello also in den dritten Stock hinauf. Unterwegs wunderte Brunetti sich über die vielen Leute, fast lauter Männer, die in gegenläufigen Strömen die Treppen hinauf- und hinuntergingen und sich auf allen Stockwerken vor den Türen der jeweils für sie zuständigen Büros drängten, alle mit Bauzeichnungen und dicken Aktenordnern beladen.
    Ingeniere dal Carlos Zimmer war das letzte auf der linken Seite. Die Tür stand offen, also gingen sie hinein. Eine kleine Frau, dem Aussehen nach alt genug, um Vianellos Mutter zu sein, saß mit Blick zur Tür an einem Schreibtisch neben einem riesigen Computerbildschirm. Sie musterte die Eintretenden über die dicken Gläser ihrer Lesebrille hinweg von oben bis unten. Ihr stark mit Grau durchzogenes Haar war zu einem strengen Knoten geschlungen, der Brunetti unwillkürlich an Signora Landi denken ließ, und ihre schmalen Schultern hingen nach vorn wie bei beginnender Osteoporose. Sie war nicht

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