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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Interesse die Augenbrauen hoch.
    »Kennen Sie die Frau?« fragte Brunetti.
    »Nicht direkt, man grüßt sich nur.«
    Brunetti wartete, ob sie dem noch etwas hinzufügen wollte, und als sie das nicht tat, fuhr er fort: »Ich weiß nicht, ob das ihr Ehename oder ihr Mädchenname ist.« Signorina Elettra schüttelte den Kopf, um anzuzeigen, das sie darüber auch nicht mehr wußte. »Ich schätze sie auf etwa fünfzig«, sagte Brunetti, dann konnte er sich den Zusatz nicht verkneifen: »Obwohl man ihr wahrscheinlich Bambusspitzen unter die Fingernägel treiben müßte, damit sie das zugibt.«
    Sie sah erschrocken zu ihm auf und meinte: »So etwas zu sagen ist sehr unfreundlich.«
    »Ist es weniger unfreundlich, wenn es stimmt?« fragte er.
    Darüber mußte sie kurz nachdenken, dann antwortete sie: »Nein, noch unfreundlicher.«
    Um seine Bemerkung zu rechtfertigen, sagte er: »Sie hat mit mir geflirtet«, wobei er das »mir« scherzhaft betonte, damit man verstand, wie absurd die Frau sich verhalten hatte.
    Signorina Elettra sah kurz zu ihm auf, doch ein »Aha« war alles, was sie sich zu sagen herausnahm, dann fragte sie ebenso rasch: »Weitere Namen, Commissario?«
    »Nein, aber versuchen Sie herauszubekommen, ob das Boot schuldenfrei war.« Er überlegte kurz, was es sonst noch für Möglichkeiten geben könnte. »Oder ob je eine Versicherung dafür in Anspruch genommen wurde.«
    Sie nickte jedesmal, wenn er etwas sagte, fand es aber nicht der Mühe wert, sich Notizen zu machen.
    »Kennen sie jemanden da draußen?« fragte er plötzlich.
    »Ich habe eine Kusine, die hat im Dorf ein Haus«, antwortete sie bescheiden, und sollte es ihr Vergnügen gemacht haben, daß diese Frage ihr endlich gestellt wurde, so wußte sie dies gut zu verbergen.
    »In Pellestrina?« fragte er interessiert.
    »Eigentlich ist sie eine Kusine meines Vaters. Vor vielen Jahren hat sie die Familie damit schockiert, daß sie einen Fischer heiratete und nach da draußen zog. Ihre älteste Tochter hat auch einen Fischer geheiratet.«
    »Fahren Sie da manchmal hin?«
    »Jeden Sommer«, antwortete sie. »Meist bleibe ich eine Woche, manchmal auch zwei.«
    »Und seit wann machen Sie das?« fragte er, mit seinen Überlegungen jedoch schon weit der Frage voraus.
    Sie gestattete sich ein Lächeln. »Seit wir Kinder waren. Ich war sogar schon auf dem Boot ihres Schwiegersohns mit zum Fischen.«
    »Sie? Zum Fischen?« fragte Brunetti so verdutzt, als hätte sie ihm soeben gestanden, daß sie unter die Sumoringer gegangen sei.
    »Damals war ich noch jünger, Commissario«, sagte sie. Dann warf sie ihr Netz in die tiefen Wasser der Erinnerung und fügte hinzu: »Ich meine, das könnte das Jahr gewesen sein, als Armani mit Marineblau herauskam.«
    Er stellte sie sich vor Augen: weit geschnittene Hosen, zweifellos aus Seide und Kaschmir gemischt und an den Hüften tief angesetzt, wie bei Seeleuten. Kein weißes Käppi, das bestimmt nicht, aber eine Kapitänsmütze mit goldbesticktem Schirm. Er verscheuchte die Vision, kehrte in ihr Büro zurück und fragte: »Fahren Sie noch immer da raus?«
    »Für diesen Sommer hatte ich das noch nicht geplant, Commissario, aber wenn Sie mich so fragen, wird es sich wohl machen lassen.«
    Brunetti hatte ganz und gar nicht die Absicht gehabt, sie darum zu bitten, er hatte vielmehr aus reiner Neugier gefragt und dabei nur überlegt, ob sie möglicherweise jemanden kenne, der bereit sein könnte, offen mit der Polizei zu reden. »Nein, nichts dergleichen, Signorina«, sagte er. »Mich hat nur der Zufall ein wenig verblüfft.« Doch während er das sagte, machte er sich über das eben Gehörte so seine Gedanken: Kusinen in Pellestrina, und beide mit Fischern verheiratet.
    Sie unterbrach seine Gedanken. »Ich hatte noch keine anderen Urlaubspläne, Commissario, und es gefällt mir dort wirklich.«
    »Bitte, Signorina«, sagte er in einem Ton, der überzeugt und hoffentlich auch überzeugend klingen sollte, »so etwas könnten wir schwerlich von Ihnen verlangen.«
    »Es verlangt ja auch keiner etwas, Commissario. Ich versuche mich nur zu entscheiden, wo ich dieses Jahr den ersten Teil meines Urlaubs verbringen soll.«
    »Und ich dachte, Sie wären eben erst in ...«, begann er, aber ein Blick von ihr ließ ihn verstummen.
    »Ich kann immer nur so wenige Tage nehmen«, erklärte sie bescheiden, und bei ihren Worten strich er aus seinem Gedächtnis die Postkarten, die aus Ägypten, Kreta, Peru und Neuseeland in der Questura

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