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Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune

Titel: Brunetti 10 - Das Gesetz der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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meisten jungen Leute haben ihr eigenes, Commissario.«
    »Er auch?«
    »Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich aber nicht, wenn er Sie aus einer Zelle angerufen hat.«
    »Wie dumm von ihm«, sagte Brunetti, wobei er sehr wohl merkte, daß er seine Angst um Signorina Elettra in Zorn über den jungen Beamten umwandelte, der diese Angst in erster Linie ausgelöst hatte.
    Brunettis telefonino klingelte. Als er sich meldete, sagte ihm der Telefonist der Questura, soeben sei ein Anruf von einem Mann gekommen, der gesagt habe, ein Boot habe mit seinem Netz eine Frauenleiche aufgefischt und zum Hafen von Pellestrina gebracht.
    »Hat er seinen Namen genannt?« fragte Brunetti.
    »Nein, Commissario.«
    »Hat er gesagt, daß er die Leiche gefunden hat?«
    »Nein, Commissario. Nur daß ein Boot eine Leiche gebracht hat, nicht daß er selbst etwas damit zu tun hätte.«
    Brunetti bedankte sich und schaltete ab. Er wandte sich an Vianello. »Eine Frau.« Der Sergente sagte nichts, und Brunetti fragte: »Wenn diese Boote alle mit Funk und Telefon ausgerüstet sind, wieso haben die uns nicht gleich angerufen?«
    »Die meisten Leute wollen lieber nichts mit uns zu tun haben.«
    »Wer eine Frauenleiche im Netz hat, kann es meines Erachtens in keinem Fall vermeiden, daß er mit uns zu tun bekommt«, blaffte Brunetti, der einen Teil seines Zorns jetzt auch auf Vianello übertrug.
    »Ich fürchte, an so etwas denken die Leute nicht. Vielleicht gerade dann nicht, wenn sie eine Frauenleiche im Netz haben.«
    »Ja, ja, natürlich«, sagte Brunetti, der natürlich wußte, daß der Sergente recht hatte, und dem es leid tat, daß er so heftig geworden war.
    Die Lichter von Malamocco glitten vorüber, dann Alberoni, und dann kam nichts mehr als die lange gerade Strecke nach Pellestrina. Bald sahen sie vor sich die vereinzelten Lichter der Häuser und die Lampenreihe auf der Mole, die zugleich Dorfgrenze war. So sonderbar es anmutete, verriet doch nichts, daß etwas Außergewöhnliches passiert war, denn an der riva waren nur wenige Leute zu sehen. So schnell konnten sich nicht einmal die Pellestrinotti an den Tod gewöhnt haben.
    Der Bootsführer, der seit Beginn dieser Ermittlung noch nicht auf Pellestrina gewesen war, steuerte die Lücke in der Reihe der Fischerboote an. Brunetti sprang an Deck, legte ihm die Hand auf die Schulter und rief: »Nein, nicht hier. Da hinten, am Ende.«
    Der Bootsführer legte sofort den Rückwärtsgang ein, das Boot stoppte und entfernte sich gleich wieder von der riva. »Da drüben, rechts«, erklärte Brunetti, und der Bootsführer legte behutsam an der Mole an. Vianello warf die Leine einem Mann zu, der sich ihnen näherte, und sowie er sie um einen der Eisenpoller gelegt hatte, sprangen Brunetti und Vianello an Land.
    »Wo ist sie?« fragte Brunetti; das Boot erklärte ja zur Genüge, wer sie waren.
    »Hier«, sagte der Mann und ging zurück zu den Leuten, die in einem kleinen Grüppchen im trüben Licht der Straßenlaternen standen. Als Brunetti und Vianello näher kamen, wichen sie auseinander und machten eine Gasse frei, durch die man etwas auf dem Pflaster sah.
    Die Füße lagen in einer Lichtpfütze, der Kopf im Dunkeln, aber als Brunetti das blonde Haar sah, wußte er gleich, wer sie war. Im Nähergehen mußte er ein aufkommendes Gefühl großer Erleichterung niederkämpfen. Zuerst glaubte er, daß ihre Augen geschlossen wären, zugedrückt von einer gütigen Seele, aber dann sah er, daß keine Augen mehr da waren. Er erinnerte sich, daß einer der Polizisten die Entscheidung, die Leichen der Bottins zu bergen, damit begründet hatte, daß da unten Krebse waren. Er hatte Bücher gelesen, in denen stand, daß sich Leuten in solchen Situationen die Mägen umgedreht hätten, aber was Brunetti empfand, machte eher seinem Herzen zu schaffen, das ein paar Sekunden lang wie wild schlug und sich erst wieder beruhigte, als er den Blick vom Gesicht der Frau wandte, um ihn auf die stillen Wasser der Lagune zu richten.
    Vianello war so geistesgegenwärtig zu fragen: »Wer hat sie gefunden?«
    Ein untersetzter Mann trat aus dem Schatten hervor. »Ich«, sagte er, sehr darauf bedacht, nur Vianello anzusehen, nicht etwa die stumme Frau, über deren Leiche hinweg dieses Gespräch geführt wurde.
    »Wo? Und wann?« fragte Vianello.
    Der Mann zeigte nach Süden, Richtung Festland. »Da draußen, etwa zweihundert Meter vor der Küste, direkt an der Mündung des Canale di Caroman.«
    Da er den zweiten Teil von Vianellos Frage

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