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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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welche von beiden das war.
    Zurück im Wohnzimmer fragte Vianello: »Und jetzt die Mitbewohnerin? «
    Sie wandten sich zum Ausgang, wo Brunetti den Posten noch rasch instruierte, ihn zu holen, sobald der Gerichtsmediziner eintraf, und dann stiegen sie, Brunetti voran, die Treppe hinunter.
    Offenbar wurden sie schon erwartet, denn einen Stock tiefer stand eine ältere Frau in der offenen Wohnungstür.
    »Sie ist hier bei mir, Commissario«, sagte sie und trat zurück, um Brunetti und Vianello eintreten zu lassen.
    In der kleinen Diele blieb Brunetti stehen und fragte leise: »Wie geht es ihr?«
    »Sehr schlecht, Commissario. Ich habe meinen Hausarzt angerufen, und er kommt, sobald er kann.« Sie war klein, etwas füllig, mit hellblauen Augen und einem Teint, der aussah, als würde er sich so kühl und trocken anfühlen wie der eines Babys.
    »Wohnen die beiden schon lange hier?« fragte Brunetti.
    »Claudia ist vor drei Jahren eingezogen. Die Wohnung gehört mir, und ich vermiete sie an Studenten, weil ich gern junge Leute um mich habe. Allerdings nehme ich nur Mädchen. Die spielen nicht so laute Musik und kommen nachmittags manchmal auf einen Tee vorbei. Jungs machen das nicht«, erklärte sie abschließend.
    Brunetti hatte einen Sohn auf der Universität, wußte also hinreichend Bescheid über die bevorzugte Lautstärke, in der Studenten Musik hörten, und auch, wie unwahrscheinlich es war, daß sie nachmittags zum Tee vorbeischauten.
    Brunetti wußte, daß er die Frau ausführlich würde befragen müssen, aber erst wollte er mit dem Mädchen sprechen, für den Fall, daß sie ihnen einen Hinweis auf den Mörder geben könnte. »Wie heißt die junge Dame, Signora?« fragte er.
    »Lucia Mazzotti«, antwortete die Vermieterin, eine Signora Gallante. »Sie ist aus Mailand«, fügte sie hinzu, als ob das dem Kommissar irgendwie weiterhelfen könnte.
    »Würden Sie mich zu ihr führen?« bat er und bedeutete Vianello mit einem Handzeichen zurückzubleiben. Der Inspektor trug zwar keine Uniform mehr, aber allein seine hünenhafte Gestalt hätte das Mädchen womöglich eingeschüchtert.
    Die alte Frau, die sich beim Gehen schwer auf ihr rechtes Bein stützte, führte Brunetti durch einen kleinen Wohnraum, vorbei an der offenen Küchentür und einer geschlossenen, die vermutlich ins Bad führte, bis zur letzten noch verbleibenden Tür. »Ich habe dafür gesorgt, daß sie sich hinlegt«, sagte Signora Gallante. »Aber ich glaube nicht, daß sie schläft. Vor ein paar Minuten, als ich Ihre Männer auf der Treppe hörte, war sie jedenfalls noch wach.«
    Die alte Frau klopfte leicht, und als von drinnen jemand antwortete, stieß sie die Tür auf. »Lucia«, sagte sie leise, »da ist ein Herr von der Polizei, der Sie sprechen möchte.«
    Damit wandte sie sich zum Gehen, aber Brunetti faßte sie beim Arm und sagte: »Ich glaube, es wäre besser, Sie blieben bei uns, Signora.«
    Die alte Frau erstarrte, und ihr Blick schweifte unschlüssig zwischen Brunetti und der offenen Zimmertüre hin und her. »Ich denke, das würde es ihr leichter machen«, flüsterte Brunetti.
    Davon ließ die Frau sich zwar umstimmen, aber ganz überzeugt schien sie immer noch nicht, als sie voranging und sich neben die Tür stellte, um Brunetti einzulassen.
    Eine junge Frau mit leuchtend rotem Haar lag auf dem abgedeckten Bett und starrte, den Kopf auf ein pralles Kissen gestützt, zur Decke empor. Die Arme hielt sie neben dem Körper ausgestreckt, die Handflächen nach oben gekehrt.
    Brunetti zog sich einen Stuhl ans Bett in der Hoffnung, sich im Sitzen kleiner zu machen. »Lucia«, sagte er, »ich bin Commissario Brunetti. Meine Aufgabe ist es, zu ermitteln, was passiert ist. Ich weiß, daß Sie Claudia gefunden haben, und ich kann mir denken, wie furchtbar das für Sie war, aber ich muß mit Ihnen sprechen, weil im Moment nur Sie uns helfen können.«
    Das Mädchen wandte den Kopf und sah ihn an. Ihr feinknochiges Gesicht wirkte seltsam schlaff. »Wie könnte ich Ihnen helfen?« fragte sie.
    »Indem Sie mir schildern, was passiert ist, als Sie heimkamen, was Sie gesehen haben, woran Sie sich erinnern.« Bevor sie etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Und dann sollten Sie mir noch alles über Claudia erzählen, was Ihrer Meinung nach in irgendeinem Zusammenhang stehen könnte mit dem, was passiert ist.«
    »Mit ihr, meinen Sie?«
    Brunetti nickte.
    Das Mädchen drehte den Kopf weg und heftete seinen Blick wieder auf den gelben Lampenschirm, der von der

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