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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Schweizer Bank.«
    »Ich glaube, es war Alice im Wunderland, die zu sagen pflegte: ›Kuriöser und kuriöser.‹« Und nach einer weiteren Pause erkundigte sich Paola: »Ist das die Summe - dreihundertsechzig Millionen Lire in drei Jahren?«
    »Ja. Könntest du dir noch eine andere Möglichkeit vorstellen?«
    »Nein. Aber irgendwie fällt es schwer, Claudia mit Geld in Verbindung zu bringen, noch dazu mit solchen Summen. Sie war, ach, ich weiß nicht, naiv. Nein, das ist das falsche Wort. So wie ich sie kennengelernt habe, war sie durchaus eine vielschichtige Persönlichkeit. Aber Claudia und Geld? Nein, das paßt einfach nicht zusammen.«
    »Und warum nicht?«
    »Sie schien sich überhaupt nicht dafür zu interessieren.
    Ich erinnere mich zum Beispiel, wie sie auf das Verhalten von Romanfiguren reagierte: Sie war immer ein bißchen verwundert, daß Menschen sich durch nackte Habgier zu unabänderlichen Taten hinreißen lassen, was sie offenbar einfach nicht verstehen oder sich nicht erklären konnte. Und darum: Nein, sie hätte das Geld nicht für sich ausgegeben.«
    »Aber das ist doch bloß Literatur«, wandte er ein.
    »Ich muß doch sehr bitten«, sagte Paola, alles andere als gefaßt.
    »Ich meine ja nur: Wie kannst du aus ihren Reaktionen auf irgendwelche Romanfiguren schließen, wie sie sich im wirklichen Leben verhalten hätte?«
    Er hörte sie seufzen, aber als sie endlich antwortete, tat sie es durchaus mit Geduld und Nachsicht. »Wenn wir jemandem Dinge erzählen, die unserer Familie oder unseren Freunden widerfahren sind, dann können wir an seiner Reaktion ganz gut ablesen, ob er ein anständiger Mensch ist, oder?«
    »Natürlich.«
    »Siehst du. Und daran ändert sich nichts, nur weil die Leute, über die man spricht, Figuren aus einem Buch sind, Guido. Das solltest du inzwischen wissen, das heißt, falls du mir in den letzten zwanzig Jahren je ernsthaft zugehört hast.«
    Das hatte er, und sie hatte recht, aber er wollte es nicht zugeben müssen. »Denk noch mal drüber nach, ja?« bat er. »Was könnte sie mit dem Geld gemacht haben?«
    »Na gut. Kommst du zum Mittagessen?« »Ja. Wahrscheinlich zur üblichen Zeit.«
    »Gut, dann koche ich was Besonderes.«
    »Heirate mich«, flehte er.
    Sie legte auf, ohne zu antworten.
    Brunetti ging mit den Kontoauszügen hinunter zu Signorina Elettra, die heute Jeans und eine weiße, herausfordernd keß gestärkte Bluse trug. Der hellblaue Schal, den sie um den Hals geschlungen hatte, mochte Kaschmir, hätte aber auch aus zartem Spinnwebflaum sein können.
    »Pashmina?« fragte er und deutete auf den Schal.
    Ihr Blick strafte seine Unwissenheit mit Verachtung, aber ihre Stimme war freundlich. »Wenn ich die neueste französische Vogue zitieren darf, Signore, dann ist Pashmina ›mega-out‹.«
    »Was dann?« fragte er, nicht im mindesten entmutigt durch ihren Tadel.
    »Kaschmirseide«, erklärte sie so lässig, als wäre von Nesseln und Dornen die Rede.
    »Erinnert mich an das, was meine Frau über die Literatur sagt: Mit den Klassikern liegt man immer richtig.« Dann legte er ihr die Kontoauszüge auf den Schreibtisch. »Zehn Millionen Lire wurden jeden Monat von einer Schweizer Bank auf Claudia Leonardos Konto überwiesen«, sagte er, sicher, daß das ihr Interesse wecken würde.
    »Von welcher Bank?«
    »Ist nicht angegeben. Macht denn das einen Unterschied?«
    Sie legte einen Finger auf die Kontoauszüge und zog sie näher heran. »Wenn ich der Sache nachgehen will, schon. Es ist sehr viel leichter für mich, bei den Privatbanken zu recherchieren.«
    »Recherchieren?« fragte er skeptisch.
    »Recherchieren«, wiederholte sie.
    »Könnten Sie in dem Fall etwas herausfinden?«
    »Die Bank oder die ursprüngliche Geldquelle?« »Beides.«
    Sie nahm einen Auszug in die Hand. »Ich könnt's versuchen. Dauert vielleicht eine Weile. Wenn es eine Privatbank ist, gut. Aber selbst bei einer, wo man so schwer reinkommt wie in die Bank Hofmann, sollte sich irgendwas finden, Commissario.«
    »Schön. Ich möchte, daß dieser Fall endlich irgendeinen Sinn ergibt.«
    »Aber das wird er sowieso nicht, oder?«
    »Nein, wahrscheinlich nicht«, gab er zu und wandte sich zum Gehen.
    Als er wieder in seinem Büro war, beschloß er, noch einmal bei seinem Schwiegervater anzufragen, ob der inzwischen etwas in Erfahrung gebracht hatte. Doch am Telefon sagte man ihm, der Conte sei für einen Tag nach Paris geflogen, worauf Brunetti nichts weiter übrigblieb, als Lele Bertoluzzi

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