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Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima

Titel: Brunetti 11 - Die dunkle Stunde der Serenissima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wäre wohl der schmeichelhaftere Vergleich, Signorina, auch wenn der Ihre der Wahrheit vielleicht näher kommt.«

15
    E s war schon nach sechs, als Signorina Elettra ihm endlich die Früchte ihrer Arbeit mit Giorgios Piratenprogramm präsentierte. Sie konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, als sie ihm den Computerausdruck auf den Schreibtisch legte. »Da haben wir's, Signore. In ihrem Adreßbuch stand nur die Nummer; kein Name. Aber es ist ein Notar.«
    Brunetti überflog das Blatt. »Wirklich?« fragte er, als er den Namen sah, einen, den er noch aus Kindertagen kannte. »Ich dachte, Filipetto wäre seit Jahren tot.«
    »Nein, Signore, der, der gestorben ist, war sein Sohn. An Bauchspeicheldrüsenkrebs. Das muß jetzt sechs oder sieben Jahre her sein. Er hatte die Kanzlei seines Vaters übernommen, fand aber vor seinem Tode noch Zeit, sie an seinen Neffen, den Sohn seiner Schwester, zu übergeben.«
    »Den, der vor ein paar Jahren in diesen Bootsunfall verwickelt war?« fragte Brunetti.
    »Ja. Massimo Sanpaolo.«
    »Praktiziert der Alte denn noch?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen, wo er die Kanzlei doch damals schon auf den Sohn überschrieben hatte. Außerdem stimmt die eingetragene Adresse nicht mit der von Sanpaolos Büro überein.«
    Brunetti erhob sich, faltete das Blatt auf Postkartengröße zusammen und steckte es in die Innentasche seines Jacketts.
    »Sind Sie dem alten Filipetto je begegnet?« fragte Signorina Elettra.
    »Einmal, vor vielen Jahren, als er noch als Notar tätig war. Und Sie?« fragte er zurück. »Kennen Sie ihn?«
    »Mein Vater hatte früher mal mit ihm zu tun. Aber es ist sehr schlecht ausgegangen.« »Für wen? Ihren Vater oder Dottor Filipetto?«
    »Ich glaube, den Fall, der für einen Filipetto je schlecht ausgegangen wäre, sei es Sohn oder Vater, den hat's noch nicht gegeben.« Und sarkastisch setzte sie hinzu: »Abgesehen von der Bauchspeicheldrüse des Juniors natürlich.«
    »Um was ging es denn beim Streit mit Ihrem Vater?«
    Sie dachte kurz nach und sagte dann: »Er war Teilhaber eines Restaurants, das auch ein paar Tische im Freien, am Kanal entlang, aufgestellt hatte. Dottor Filipetto wohnte im dritten Stock des Hauses, über dem Restaurant, und er behauptete, die Tische draußen versperrten ihm den Blick auf das andere Ufer des Kanals.«
    »Was denn? Vom dritten Stock aus?«
    »Ja.«
    »Und was geschah?«
    »Filipetto war ein alter Freund des Richters, der den Fall verhandelte. Anfangs machten mein Vater und sein Partner sich keine Sorgen, weil die Klage so lächerlich war. Aber dann erfuhr er, daß der Richter und Filipetto beide Freimaurer waren und derselben Loge angehörten, und sobald er das wußte, war ihm klar, daß er keine andere Wahl hatte, als den Streit außergerichtlich beizulegen.«
    »Und wie ist es ausgegangen?«
    »Mein Vater mußte Filipetto monatlich eine Million Lire zahlen, damit der keine weitere Klage anstrengte.«
    »Wann war das?«
    »Vor etwa zwanzig Jahren.«
    »Aber damals war das ein Vermögen!«
    »Mein Vater hat seinen Anteil an dem Restaurant auch kurz danach verkauft. Er redet nicht mehr darüber, aber ich entsinne mich noch gut, wie er seinerzeit Filipettos Namen auszusprechen pflegte.«
    Brunetti erinnerte sich an eine ganze Reihe ähnlicher Geschichten, die er im Lauf der Jahre über Dottor Filipetto gehört hatte. »Ich denke, ich gehe mal bei ihm vorbei und seh nach, ob er zu Hause ist.«
    Auf dem Weg nach draußen machte er im Dienstzimmer halt, wo Vianello trotz seiner Beförderung immer noch saß, weil Tenente Scarpa sich geweigert hatte, ihm einen Schreibtisch im Büro der anderen Ispettori zuzuweisen.
    »Ich will rüber nach Castello, zu einer Befragung. Haben Sie Lust mitzukommen?«
    »Geht es um das Mädchen?« fragte Vianello.
    »Ja.«
    »Dann mit Freuden«, sagte Vianello, sprang auf und nahm seine Jacke von der Stuhllehne. »Zu wem wollen wir denn?« fragte er, als sie aus der Questura traten.
    »Notaio Gianpaolo Filipetto.«
    Vianello blieb zwar nicht wie angewurzelt stehen, verhielt aber doch für einen Moment den Schritt. »Filipetto?« fragte er. »Lebt der denn noch?«
    »Sieht ganz so aus«, antwortete Brunetti. »Seine Telefonnummer stand in Claudia Leonardos Adreßbuch.«
    Unterdessen waren sie zur riva gelangt und wandten sich nach rechts, der Piazza zu. Brunetti erläuterte im Gehen, wie Claudia Leonardo mit großzügigen Überweisungen diverse karitative Organisationen in aller Welt unterstützt

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