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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Bocchese seine erste Arbeitsstunde regelmäßig der Lektüre von La Gazzetta dello Sport widmete und über seine dienstliche E-Mail-Adresse Wetten in drei verschiedenen Ländern plazierte.
    Schweigend machte der Tenente seinem Vorgesetzten Platz. Brunetti wartete gleich neben dem Eingang auf Pucetti und schloß rasch die Tür hinter ihnen.
    »Also, ich fürchte, Bocchese wird sich noch ein paar Minuten gedulden müssen«, meinte er mit einem gespielten Seufzer und stieg mit Pucetti hinauf in sein Büro. Dort fragte er, noch während er seinen Mantel auszog und in den Schrank hängte: »Also? Was haben Sie in Erfahrung gebracht?«
    Pucetti, der die Papiere fest unter seinen Arm geklemmt hielt, begann zögernd: »Ich glaube, mit dem Kadetten Ruffo stimmt etwas nicht, Signore. Gestern war ich auf der Giudecca und habe mich in die Bar gegenüber von der Schule gesetzt, wo die Kadetten verkehren. Als Ruffo kam, habe ich ihn angesprochen und zu einem Kaffee eingeladen, aber er schien sich vor mir zu ängstigen.«
    »Oder davor, mit Ihnen gesehen zu werden«, mutmaßte Brunetti. Als Pucetti nickte, fragte der Commissario: »Und wieso glauben Sie, daß mit dem Jungen etwas nicht stimmt?«
    »Zuerst einmal hatte ich den Eindruck, daß er sich geprügelt hat.« Ohne Brunettis Nachfrage abzuwarten, fuhr Pucetti fort: »Er hatte Kratzer an beiden Händen, und die Knöchel an seiner rechten Hand waren geschwollen. Als er sah, daß ich es bemerkte, versuchte er seine Hände hinter dem Rücken zu verstecken.«
    »Und weiter?«
    »Er bewegte sich so komisch, als ob er ein steifes Bein hätte.«
    »Und was hat er Ihnen gesagt?« fragte Brunetti, während er hinter seinem Schreibtisch Platz nahm.
    »Daß er Zeit zum Nachdenken gehabt habe und sich nun vorstellen könne, daß es vielleicht doch Selbstmord war.«
    Brunetti hob die Ellbogen auf die Tischplatte und stützte das Kinn in die gefalteten Hände. Schweigend wartete er ab, ob Pucetti seine eigene Schlußfolgerung aus Ruffos Aussage ziehen würde.
    Als sein Vorgesetzter keine Antwort gab, wagte Pucetti einen weiteren Vorstoß. »Aber das nehme ich ihm nicht ab, Commissario.«
    »Und wieso nicht?«
    »Er klang verängstigt - und als wiederholte er etwas, das man ihm eingetrichtert hatte. Ich habe ihn gefragt, warum er plötzlich doch an Selbstmord glaubt, und da sagte er, Moro habe sich in den letzten Wochen so merkwürdig verhalten.« Pucetti hielt inne, dann fuhr er fort: »Genau das Gegenteil von dem, was er beim ersten Mal gesagt hat. Und mir schien, er wollte ein Zeichen von mir, daß ich ihm glaube.«
    »Und haben Sie es ihm gegeben?« fragte Brunetti.
    »Natürlich, Signore. Wenn er das braucht, um sich sicher zu fühlen, dann sollten wir ihm den Gefallen tun.«
    »Und warum das, Pucetti?«
    »Weil er sich dann entspannt, und je entspannter er ist, desto mehr Angst wird er bei der nächsten Vernehmung haben.«
    »Sie meinen, hier?«
    »Unten, ja. Und mit einem imposanten, furchteinflößenden Beisitzer.«
    Brunetti sah zu dem jungen Mann auf und lächelte.
    Für die Rolle des einschüchternden Buhmannes kam nur Vianello in Frage, der sich glänzend darauf verstand, seine angeborene Gutmütigkeit hinter der Maske des mißlaunigen bis brutalen Polizisten zu verstecken. Leider entging ihm die Chance, sein Repertoire an Ruffo zu erproben, denn als der Inspektor und Pucetti eine Stunde später in San Martino eintrafen, war der Kadett weder auf seinem Zimmer, noch wußten die Jungen vom selben Flur etwas über seinen Verbleib. Erst als ihre Ermittlungen sie ins Büro des Comandante führten, erfuhren die Beamten, daß Kadett Ruffo für einen Familienbesuch beurlaubt worden sei und man ihn frühestens in zwei Wochen zurückerwarte. Allen Fragen nach dem Grund für Ruffos plötzliche Abreise wich der Comandante aus und verschanzte sich zur Abwehr jeder weiteren Nachforschung hinter dem vagen Begriff »Familienangelegenheiten«.
    Vianello wußte, daß Signorina Elettra im Besitz der Klassenliste war, die sicher auch die Adresse von Ruffos Eltern enthielt. Folglich ging es ihm nur darum, die Reaktion des Comandante zu testen, als er ihn um die Heimatanschrift des Jungen bat. Bembo weigerte sich, sie herauszugeben, und behauptete, die persönlichen Daten der Schüler seien streng vertraulich. Dann schützte er eine dringende Sitzung vor und forderte die Polizisten auf zu gehen.
    Nachdem die beiden Brunetti Bericht erstattet hatten, fragte er Pucetti: »Und was machten die Schüler

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