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Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle

Titel: Brunetti 12 - Verschwiegene Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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wenn das, was er an jenem Abend gesagt hatte, durchaus nicht komisch gewesen war.
    »Ja«, sagte Avisani und lenkte Brunettis Aufmerksamkeit wieder auf sich. »Ich habe Artikel über diese und andere Regierungsstellen verfaßt, deren Hauptanliegen darin besteht, Gelder für Freunde und Verwandte abzuzweigen. Aber niemand schert sich darum.« Er wartete auf Brunettis Reaktion, und als der schwieg, wiederholte er: »Keiner schert sich darum, weil alle hoffen, daß sie früher oder später selber einen Weg finden, an so leicht verdientes Geld ranzukommen. Also ist es ganz in ihrem Sinne, daß das System so bleibt, wie es ist. Siehst du, und darum ändert sich auch nichts.«
    Da Brunetti seinem Freund recht gab, sah er keinen Grund zu widersprechen. Statt dessen kehrte er zu seinem eigentlichen Anliegen zurück und fragte: »Ist das die einzige Verbindung zwischen Toscano und Filippi?«
    »Nein. Sie waren beide im selben Jahrgang auf der Akademie in Modena.«
    »Und danach?« fragte Brunetti.
    »Weiß ich nicht. Aber das dürfte auch nicht so wichtig sein. Worauf es ankommt, ist, daß sie sich von Jugend auf gut gekannt haben und schließlich beide für den Versorgungsdienst tätig waren.«
    »Und sich beide aus dem Geschäft zurückgezogen haben?«
    »Ja, und zwar fast zur gleichen Zeit.«
    »Weißt du, wo Filippi abgeblieben ist?« fragte Brunetti.
    »Ich glaube, er wohnt in Verona. Soll ich mich mal erkundigen?«
    »Sei so gut.«
    »Und was willst du über ihn wissen?«
    »Alles, was du in Erfahrung bringen kannst.«
    »Und ich nehme an, das Honorar ist das gleiche wie immer?« erkundigte Avisani sich lachend.
    »Schmeckt dir etwa das Essen meiner Frau nicht mehr?« fragte Brunetti mit gespielter Entrüstung. Doch bevor der Reporter darauf antworten konnte, sagte er in ernstem Ton:
    »Ich will aber nicht, daß du dich mit dieser Geschichte in Schwierigkeiten bringst, Beppe.«
    Wieder mußte Avisani lachen. »Ach, Guido, wenn ich davor Angst hätte, dann könnte ich meinen Job gleich an den Nagel hängen.«
    »Danke, Beppe«, sagte Brunetti, und das herzliche Lachen, mit dem der Reporter sich verabschiedete, gab ihm die Gewißheit, daß er nach wie vor auf seine Freundschaft zählen konnte.
    Auf dem Weg nach unten wähnte er sich vom betörenden Sirenengesang Signorina Elettras und ihres Computers zu einem Abstecher verleitet. Doch in ihrem Büro brannte kein Licht, und der dunkle Bildschirm ließ darauf schließen, daß sie bei ihren Recherchen noch nicht fündig geworden war. Also blieb ihm, wenn er nicht ihren Schreibtisch filzen wollte, nichts weiter übrig, als heimzugehen zum Abendessen mit seiner Familie.
    Am nächsten Morgen war er schon vor acht in der Questura. Da er Signorina Elettras Büro noch verwaist fand, ging er auf einen Sprung in den Bereitschaftsraum, wo Pucetti an einem Schreibtisch saß und in einer Illustrierten blätterte. Als Brunetti eintrat, sprang er strahlend auf. »Guten Morgen, Commissario. Ich hatte gehofft, daß Sie heute früher kommen.«
    »Was haben Sie denn für mich?« fragte Brunetti, bevor er spürte, daß hinter ihm noch jemand hereingekommen war. Ein Blick in Pucettis Gesicht, auf dem das Lächeln erstarb, bestärkte ihn in seinem Verdacht.
    »Nur diese Formulare, Commissario.« Pucetti raffte vom Nebentisch zwei Stapel Papiere zusammen. »Ich glaube, die müssen Sie unterschreiben«, sagte er, und es klang sehr dienstlich.
    Brunetti griff seinen Ton auf und sagte: »Ich muß nur noch kurz runter zu Bocchese. Könnten Sie die Anträge inzwischen raufbringen in mein Büro?«
    »Gewiß, Signore!« Und Pucetti hievte erst einen, dann den anderen Stapel auf seine Illustrierte und klopfte das Papier auf Stoß. Als er den Packen hochnahm, war die Zeitschrift verschwunden.
    Brunetti wandte sich zum Gehen und wäre um ein Haar mit Tenente Scarpa zusammengestoßen, der breitbeinig den Eingang versperrte. »Ah, guten Morgen, Tenente«, grüßte Brunetti höflich. »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Nein, Commissario«, antwortete Scarpa. »Ich wollte mit Pucetti sprechen.«
    Brunettis Gesicht leuchtete dankbar auf. »Wie gut, daß Sie mich erinnern, Tenente, ich muß Pucetti unbedingt noch etwas fragen.« Und an den jungen Polizisten gewandt: »Sie können in meinem Büro warten, Pucetti. Bei Bocchese wird's nicht lange dauern.« Mit einem freundlichen Lächeln für den Tenente setzte er hinzu: »Bocchese ist ja bekanntlich ein Morgenmensch.« In Wahrheit wußte die ganze Questura, daß

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