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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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weggezogen oder in ein Altenheim gekommen.«
    »Haben Sie je daran gedacht, ihr Kopfhörer zu besorgen, Signora?«
    »Die hätte sie nie getragen«, antwortete Signora Gismondi im Brustton der Überzeugung. »Sie ist nämlich verrückt. Völlig übergeschnappt. Glauben Sie mir, Commissario, ich habe mich gründlich mit der Frau befaßt: Mit ihrer Anwältin habe ich gesprochen, mit ihrem Arzt, der Nichte, den Leuten vom psychiatrischen Zentrum im Palazzo Boldù, den Nachbarn, ja sogar mit dem Postboten.«
    Sie merkte, wie sehr ihn das interessierte, und fuhr fort: »Im Boldù war sie jahrelang in Behandlung, früher, als sie noch Treppen steigen konnte und nicht ans Haus gefesselt war. Aber entweder hat sie die Therapie abgebrochen, oder die haben sie rausgeworfen - das heißt, falls ein psychiatrischer Dienst Patienten rauswerfen darf.«
    »Das bezweifle ich«, sagte er. »Aber vermutlich könnte man einem unliebsamen Patienten nahelegen, den Arzt zu wechseln.« Er wartete einen Moment, ehe er fragte: »Und die Nichte? Was hat die gesagt?«
    »Daß ihre Tante ›eine schwierige Frau‹ sei.« Signora Gismondi schnaubte verächtlich. »Als ob ich das nicht am eigenen Leib erfahren hätte. Aber die Nichte wollte auf keinen Fall hineingezogen werden. Ich bin nicht mal sicher, ob sie mir überhaupt richtig zugehört hat. Mit der Polizei war es, wie gesagt, genauso, und mit den Carabinieri.« Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: »Jemand aus der Nachbarschaft - ich weiß nicht mehr, wer es war - erzählte mir, ihr Sohn sei vor fünf oder sechs Jahren gestorben, und da habe das mit dem Fernseher angefangen. Weil sie sonst keine Gesellschaft mehr hatte.«
    »Der Sohn starb also, bevor Sie einzogen?«
    »Ja. Aber nach dem, was ich gehört habe, war sie wohl schon immer schwierig.«
    »Und ihre Anwältin?« fragte Brunetti.
    »Die versprach mir, mit Signora Battestini zu reden.«
    »Und?«
    Statt zu antworten, preßte Signora Gismondi nur verächtlich die Lippen zusammen.
    »Der Postbote?« forschte er lächelnd weiter.
    Da lachte sie laut auf. »Der hat kein gutes Haar an ihr gelassen. Er mußte ihr ja alles rauftragen, wann immer sie Post bekam, hieß es für ihn Treppen steigen - und sie hat ihm nie was gegeben. Nicht einmal zu Weihnachten. Keinen Cent.«
    Seine Aufmerksamkeit war ungebrochen, und so fuhr sie denn fort. »Die beste Geschichte, die ich über sie gehört habe, kam von dem Marmorierer, dem bei der Miracoli«, sagte sie.
    »Costantini?« fragte er.
    »Ja, Angelo«, ergänzte sie, erfreut, daß er wußte, wer gemeint war. »Er ist ein alter Freund der Familie, und als ich mich bei ihm über Signora Battestini beklagte, da erzählte er mir, was ihm mit ihr passiert war. Vor etwa zehn Jahren hatte sie ihn telefonisch zu sich bestellt, weil sie einen Kostenvoranschlag für eine neue Treppe wollte. Angelo kannte sie bereits oder hatte jedenfalls genug über sie gehört, um zu wissen, daß, wer mit ihr Geschäfte machte, meist den kürzeren zog. Aber er ging trotzdem hin, maß die Treppe aus, stellte alle nötigen Berechnungen an und kehrte am nächsten Tag zurück, um ihr zu sagen, wie viele Stufen man benötige, wie hoch sie sein müßten und wieviel das Ganze kosten würde.« Wie jeder gute Geschichtenerzähler setzte sie vor der Pointe eine Pause, und Brunetti ging darauf ein, wie man es von einem guten Zuhörer erwartet: »Und?«
    »Und sie sagte, sie wisse genau, daß er sie übers Ohr hauen wolle, und er solle gefälligst weniger Stufen nehmen und sie flacher bemessen.« Signora Gismondi ließ dieses Ansuchen in seinem ganzen Schwachsinn nachwirken, bevor sie trocken anmerkte: »Da fragt man sich schon, ob die vom Palazzo Boldù sie vielleicht doch rausgeworfen haben.«
    Der Commissario nickte beifällig. »Bekam sie viel Besuch, Signora?« fragte er.
    »Nein, nicht daß ich wüßte. Also ich erinnere mich an niemanden, der öfter dort gewesen wäre. Abgesehen von den Frauen natürlich, die für sie arbeiteten. Meist waren es Schwarze, und einmal kam ich mit einer ins Gespräch, die mir erzählte, sie stamme aus Peru. Doch nach ein paar Wochen sind sie in der Regel alle wieder gegangen.«
    »Aber Flori blieb?« fragte er.
    »Sie hatte drei Töchter und sieben Enkel, da war sie wohl auf die Stelle angewiesen, um ihre Familie in der Heimat unterstützen zu können.«
    »Wissen Sie denn, ob sie überhaupt bezahlt wurde, Signora?«
    »Wer? Flori?«
    » Ja .«
    »Ich denke schon, jedenfalls hatte sie ein wenig

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