Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist
Sie die schlechte Publicity?« Es war mehr als ein Quentchen Sarkasmus, das in ihrer Frage mitschwang - als ob sie sich bei Tenente Scarpa angesteckt hätte.
»Nein, nicht besonders, Signora. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn hiervon nichts an die Öffentlichkeit dringt; so wie ich übrigens auch das, was Sie mir erzählt haben, für mich behalten werde.«
»Und darf ich fragen, warum?« Der Sarkasmus war aus ihrer Stimme gewichen, aber sie klang immer noch ziemlich skeptisch.
»Ganz einfach: Je weniger der Täter vom Stand unserer Ermittlungen weiß, desto besser für uns.«
»Sie sagen ›der Täter‹, Commissario. Heißt das, Sie glauben mir, daß Flori die alte Frau nicht getötet hat?«
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und führte den Zeigefinger der linken Hand an die Unterlippe. »So, wie Sie Flori beschrieben haben, Signora, würde man sie kaum für eine Mörderin halten; geschweige denn eine, die auf so grausame Weise tötet.« Ihre Anspannung wich, als sie das hörte; sie vertraute ihm, und er fuhr fort: »Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, daß sie mit einer Fahrkarte in die Heimat und Ihrem Geldgeschenk in der Tasche noch einmal umkehren und die alte Frau töten würde, wie ›schwierig‹ die auch gewesen sein mag.« Brunetti zog einen Notizblock hervor und klappte ihn auf. »Wissen Sie noch, was Signora Ghiorghiu anhatte an jenem letzten Tag?«
»Eins von diesen Kittelkleidern, die eigentlich längst aus der Mode sind. Vorn durchgeknöpft, kurzärmelig, aus Nylon oder Viskose. Irgendein Kunststoff eben. Muß furchtbar gewesen sein bei der Hitze. Es war grau oder beige, jedenfalls ein heller Grundton mit einem kleinen Muster drin, an das ich mich allerdings nicht mehr erinnern kann.«
»Trug sie dieses Kleid auch bei der Arbeit, also wenn Sie sie vom Fenster aus sahen?«
Signora Gismondi überlegte kurz. »Ich denke schon. Entweder das oder eine helle Bluse mit einem dunklen Rock. Aber meistens hatte sie eine Schürze vorgebunden, darum kann ich über ihre Kleidung eigentlich nicht viel sagen.«
»In der Zeit, als sie bei Signora Battestini war, haben Sie da irgendwelche Veränderungen an ihr wahrgenommen?«
»Ich weiß nicht, was meinen Sie mit Veränderungen?«
»Hat sie sich eine neue Frisur zugelegt, oder ließ sie sich die Haare färben? Trug sie auf einmal eine Brille?«
Assunta Gismondi erinnerte sich an den weißen Haaransatz, der ihr aufgefallen war, als sie Flori an jenem letzten Tag, um sie zu beruhigen, in ein Café geführt hatte.
»Sie hörte auf, sich die Haare zu färben«, sagte sie. »Wahrscheinlich konnte sie es sich nicht mehr leisten.«
»Wie kommen Sie darauf?« fragte er.
»Haben Sie eine Ahnung, was Haarefärben in dieser Stadt kostet?« konterte sie und überlegte, ob er verheiratet und wenn ja, ob seine Frau in dem Alter war, wo man der natürlichen Haarfarbe schon ein wenig nachhelfen mußte. Sie schätzte ihn auf fünfzig plus: Ohne den lichten Scheitel und die Fältchen um die Augen hätte er freilich jünger gewirkt. Paradoxerweise erschienen wiederum seine Augen ausgesprochen jung: klug, hellwach und von rascher Auffassungsgabe.
»Natürlich«, sagte Brunetti, der den Sinn ihrer Frage offenbar sofort verstanden hatte. »Können Sie mir sonst noch etwas über Signora Battestini erzählen? Irgend etwas, Signora, egal wie unwichtig oder belanglos es Ihnen vorkommen mag, und ja«, setzte er mit einem verbindlichen Lächeln hinzu, »auch wenn es noch so sehr nach Klatsch klingt.«
Sie kam seiner Aufforderung bereitwillig nach. »Ich glaube, ich erwähnte bereits, daß sie in der Nachbarschaft ziemlich verschrien war.« Er nickte, und sie fuhr fort: »Und die Leute wissen auch, daß sie mir sehr viel Ärger bereitet hat ...« Hier stockte sie kurz und flocht dann erläuternd ein: »Ich bin nämlich die einzige, deren Schlafzimmerfenster zu ihrer Wohnung hinausgehen. Ich weiß nicht, ob die Schlafzimmer der anderen immer schon nach hinten zu lagen oder ob sie ihre Wohnungen im Lauf der Jahre umgeräumt haben, um dem Lärm der Alten zu entgehen.«
»Oder ob der erst in jüngster Zeit begonnen hat«, warf er ein.
»Nein«, widersprach sie umgehend. »Jeder, mit dem ich gesprochen habe, hat mir versichert, daß es seit dem Tod des Sohnes so geht. Meine Nachbarn zur Rechten haben eine Klimaanlage und schlafen bei geschlossenen Fenstern, und die alten Leute unter mir halten sowohl Fenster als auch Läden geschlossen. Ein Wunder, daß sie während der
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