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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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vergeßlich, und manchmal schlief sie auch einfach ein, während der Fernseher noch lief.« Roberta Marieschi hob die Schultern. »Ich glaube«, schloß sie mit einem resignierten Seufzer, »da war einfach nichts zu machen.«
    »Wie uns berichtet wurde, hat die Rumänin darauf geachtet, daß der Fernseher nicht zu laut war«, sagte er.
    »Aber sie hat auch Maria ermordet!« gab die Anwältin zornig zurück.
    Brunetti nickte ergeben. »Verzeihen Sie«, sagte er, »das war gedankenlos von mir.« Und dann: »Dürfte ich Sie noch um die Adresse der Nichte bitten?«
    »Die bekommen Sie von meiner Sekretärin«, antwortete Signora Marieschi in merklich kühlerem Ton. »Ich bringe Sie ins Vorzimmer und lasse Ihnen die Anschrift heraussuchen.«
    Nach einem so deutlichen Hinauswurf blieb Brunetti keine andere Wahl, als sich zu verabschieden. Er stand auf und sagte, über den Schreibtisch gebeugt: »Danke, daß Sie sich die Zeit genommen haben, Dottoressa. Hoffentlich habe ich Sie mit meinen Fragen nicht beunruhigt.«
    Sie rang sich ein Lächeln ab und erwiderte obenhin: »Wenn das der Fall wäre, hätte Poppi es gemerkt und würde nicht so friedlich weiterschlafen.« Eine Behauptung, die der zuckende Schwanz unter dem Schreibtisch womöglich Lügen strafte. Das wäre wieder so ein Wortspiel für Chiara, dachte Brunetti: Lügen, die schlafende Hunde wecken.
    Er hielt der Anwältin die Tür auf, wartete, bis die Sekretärin die Adresse von Signora Battestinis Nichte herausgesucht hatte, bedankte sich bei beiden, gab Signora Marieschi die Hand und ging.

11
    A uf dem Rückweg zur Questura entlang der Riva degli Schiavoni wäre er um diese Stunde vor Hitze geschmolzen, und so lenkte Brunetti seine Schritte zurück nach Castello und Richtung Arsenale. Wie jedesmal, wenn er an der Werft vorbeikam, fragte er sich, ob den Bildhauern, die die Statuen vor dem Portal geschaffen hatten, wohl je ein echter Löwe untergekommen war. Zumindest einer der beiden hatte größere Ähnlichkeit mit Poppi als mit irgendeinem Löwen, den Brunetti je gesehen hatte.
    Der Kanal vor der Kirche San Martino führte fast kein Wasser mehr. Brunetti blieb stehen und spähte in die brackigen Pfützen hinab. Der zähe Schlamm, der die Uferwände bedeckte, glänzte in der Sonne und roch verdächtig nach Korruption. Wer konnte sagen, wann der Kanal zuletzt ausgebaggert und gereinigt worden war?
    In seinem Büro angekommen, riß Brunetti als erstes ein Fenster auf, und obwohl die feuchte Schwüle, die von draußen hereindrang, keine Abkühlung brachte, ließ er es trotzdem offen, in der Hoffnung, einen vorbeiziehenden Zephir anzulocken. Während er seine Jacke über die Stuhllehne hängte, überflog er gespannt den Posteingang, auch wenn Signorina Elettra nichts dort ablegen würde, was nicht völlig harmlos war und von jedermann gelesen werden durfte. Alles übrige verwahrte sie in ihrem Schreibtisch oder, noch sicherer, in ihrem Computer.
    Auf der morgendlichen Bootsfahrt nach Castello hatte er im Gazzettino gelesen, daß der Prozeß um die Diebstahlserie am Flughafen tatsächlich so ausgegangen war, wie er befürchtet hatte. Laut Gerichtsbeschluß hatte die geheime Überwachung der Gepäckhalle durch versteckte Kameras die Privatsphäre der Angeklagten verletzt, weshalb die Videos nicht als Beweismittel zugelassen wurden. Als er das las, hatte Brunetti den törichten Wunsch verspürt, sämtliche Zeugenaussagen, die man während der letzten Monate so mühevoll zusammengetragen hatte, aus der Questura zu holen und zu der Altpapiersammelstelle an der Scuola Barbarigo zu schaffen. Jetzt kam ihm ein noch dramatischeres Bild in den Sinn, und er stellte sich vor, wie jener kapriziöse Zephir, den er eben noch herbeigesehnt hatte, in einen Scheiterhaufen auf dem Pier vor der Questura fuhr und halb verkohlte, rußgeschwärzte Papierfetzen durch die Luft wirbelte.
    Er wußte, was geschehen würde: Die Anklagebehörde würde gegen den richterlichen Entscheid Berufung einlegen, und dann würde die ganze Sache von vorne losgehen, würde sich endlos hinziehen mit immer neuen Urteilen und Revisionen, bis die Verjährungsfrist abgelaufen war und der Fall endgültig im Archiv verschwand. Es war die reinste Farce, ein gravitätischer Affentanz, den Brunetti im Laufe seiner Karriere immer wieder erlebt hatte: Sofern die Musik nur hübsch langsam spielte und genügend Pausen einlegte, um die Orchestermitglieder auszuwechseln, wurden die Leute früher oder später der ewig

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