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Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist

Titel: Brunetti 13 - Beweise, daß es böse ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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gleichen Melodie so überdrüssig, daß es schließlich niemandem mehr auffiel, wenn der Vorhang sich senkte und die Instrumente verstummten.
    Erfahrungen wie diese waren schuld daran, daß ihm Paolas Kritik an der Polizei bisweilen so zu schaffen machte. Das Justizsystem, unter dem er arbeitete, rechtfertigte die endlosen Berufungsverfahren mit dem Argument, man dürfe nichts unversucht lassen, um die Beklagten vor einem Fehlurteil zu bewahren. Aber als diese Gewähr mit den Jahren immer mehr in den Vordergrund geriet und systematisch ausgeweitet wurde, begann Brunetti sich zu fragen, wessen Sicherheit das Gesetz hier eigentlich garantierte.
    Für diesmal schüttelte er seine Grübeleien ab und machte sich auf die Suche nach Vianello. Der Ispettore saß an seinem Schreibtisch und telefonierte. Als er Brunetti hereinkommen sah, hob er die Hand und spreizte die Finger zum Zeichen, daß er noch mindestens fünf Minuten brauche. Dann wies er mit dem Zeigefinger vage in die Richtung von Brunettis Büro, um anzudeuten, daß er ihm folgen werde, sobald er fertig sei.
    Als Brunetti wieder in sein Zimmer kam, fand er die Temperatur etwas erträglicher als zuvor. Um sich die Zeit bis zu Vianellos Eintreffen zu vertreiben, blätterte er die Papiere durch, die sich im Eingangskorb angesammelt hatten.
    Es dauerte nicht fünf Minuten, sondern eine Viertelstunde, bis Vianello heraufkam. Er setzte sich und sagte ohne Umschweife: »Sie war eine boshafte alte Hexe, und ich habe niemanden gefunden, der ihren Tod auch nur im geringsten bedauerte.« Er hielt inne, als horche er seinen eigenen Worten nach, und fuhr dann sinnend fort: »Was wohl auf ihrem Grabstein steht - ›innig geliebte Frau‹? ›Geliebte Mutter‹?«
    »Ich glaube, die Inschriften sind in der Regel länger«, bemerkte Brunetti. »Schon weil die Steinmetze nach Buchstaben bezahlt werden.« Dann kehrte er zum eigentlichen Thema zurück und fragte: »Mit wem haben Sie denn gesprochen, und was haben Sie sonst noch erfahren?«
    »Wir waren in zwei Bars und haben was getrunken. Nadia erzählte den Wirten, sie hätte früher in der Gegend gewohnt. Das war geflunkert, aber eine Cousine von ihr stammt tatsächlich von dort, und da Nadia sie als Kind öfter besucht hatte, kannte sie ein paar Namen und konnte sich über Geschäfte unterhalten, die inzwischen längst geschlossen wurden, und so glaubte man ihr.
    Nach dem Mord brauchte sie gar nicht zu fragen: Die Leute drängten sich förmlich danach, über den Fall zu reden. Seit den Überschwemmungen von 1966 hatten die nichts Aufregenderes mehr erlebt.« Ein Blick auf Brunettis Miene genügte, und Vianello zügelte seine Weitschweifigkeit. »Allenthalben beschrieb man uns die Alte übereinstimmend als habgierig, unangenehm und dumm. Bis irgendwer die anderen daran erinnerte, daß sie Witwe war und ihren einzigen Sohn verloren hatte. Dann zogen die Leute den Kopf ein und meinten, gar so schlecht sei sie eigentlich doch nicht gewesen. Was mich allerdings nicht überzeugt hat. Wir haben uns in den Bars nach ihr erkundigt und anschließend im Restaurant bei einer Kellnerin, die gleich bei ihr um die Ecke wohnt, und nicht einer hatte etwas Gutes über sie zu berichten. Dafür ist offenbar inzwischen genügend Zeit vergangen, um ein bißchen Sympathie für die Rumänin aufkommen zu lassen: Eine Dame sagte sogar, sie wundere sich, daß es so lange gedauert habe, bis eine ihrer Zugehfrauen die Alte umgebracht hat.« Und nach kurzer Überlegung setzte Vianello hinzu: »Fast schien es, als wäre das Mitgefühl, das die Alte dem Tod ihres Sohnes verdankte, wenigstens zu einem kleinen Teil auf Signora Ghiorghiu übergegangen.«
    »Und der Sohn? Was wurde über den gesprochen?« fragte Brunetti.
    »Von dem war nicht viel die Rede. Ein ruhiger Mensch, lebte bei seiner Mutter, war sehr zurückhaltend, machte keinerlei Scherereien. Klang fast so, als hätte er kein eigenes Leben gehabt, sondern den Leuten nur als Vorwand dafür gedient, die Alte zu bedauern. Weil er doch so früh gestorben ist.«
    »Und der Ehemann?«
    »Das Übliche: ›una brava persona‹. Aber«, setzte Vianello warnend hinzu, »das ist vielleicht bloß nachträgliche Schönfärberei.«
    »Haben Sie auch etwas über die Frauen erfahren, die zuvor für Signora Battestini gearbeitet haben?«
    »Nur, daß die früheren Hilfen stundenweise zum Putzen, Kochen oder Einkaufen ins Haus kamen. Die Rumänin war die erste, die auch bei der Signora wohnte.« Und nach einer Pause

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