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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hatten alle ein Gläschen Rotwein stehen. Der Reihe nach spielte jeder eine Karte aus, und der, der den Stich gemacht hatte, klaubte ihn mit arthritisch ungelenken Fingern auf, klopfte ihn auf Kante und schob dann sein Blatt zusammen, nur um es sogleich wieder aufzufächern und eine neue Karte auf den Tisch zu werfen. Brunetti bestellte am Tresen einen Caffè corretto - nicht, weil ihm danach war, sondern weil das Lokal den Eindruck machte, als würden echte Männer hier um elf Uhr morgens Caffè con grappa trinken.
    Er schlenderte ans Ende der Bar, wo die Zeitungen auslagen, und griff nach La Nuova. Als sein Kaffee kam, nahm er ihn mit einem gemurmelten Dankeswort entgegen, rührte zwei Tütchen Zucker hinein und blätterte in der Zeitung. Die Alten spielten eifrig weiter, ohne daß dabei gesprochen wurde, nicht einmal wenn eine Runde zu Ende war und der Sieger mischte, um die Karten anschließend neu auszugeben.
    Auf Seite zwölf stand ein Bericht über den Mord. »Mein Gott, wenn das so weitergeht, schießen sie nächstens auch auf uns«, sagte Brunetti aufs Geratewohl in den Raum hinein, absichtlich in breitem venezianischen Dialekt. Er trank seinen Kaffee aus, las den Artikel zu Ende und erkundigte sich dann wie beiläufig beim Wirt: »Sagen Sie, Filippo Lanzerotti - wohnt der noch vorn an der Ecke?«
    »Filippo?«
    Brunetti lieferte die Erklärung nach, die der Mann offenbar erwartete. »Wir sind zusammen zur Schule gegangen, aber ich habe ihn seit Jahren nicht gesehen. Hätte mich nur interessiert, ob er immer noch hier wohnt.«
    »Doch, doch. Seine Mutter ist vor sechs Jahren gestorben, da haben er und seine Frau das Haus übernommen.«
    Hier fiel Brunetti ein: »Ja, ich erinnere mich, das mit den Fenstern zum Garten, herrlich. Damals als Kinder hatten wir freilich noch keinen Blick für die Aussicht.« Er legte die Zeitung auf den Tresen, schob sie zur Seite und fischte ein paar Münzen aus der Tasche. Fragend sah er den Wirt an und zahlte, was verlangt wurde.
    Brunetti nickte hinüber zu La Nuova und dem aufgeschlagenen Mordbericht. »Apropos, gibt es hier im Viertel eigentlich auch welche - ich meine vucumprà?« Doch er war mit der Frage noch nicht zu Ende, da bereute er sie schon: Die Worte wirkten bleiern und gestelzt, seine Neugier aufdringlich.
    Der Wirt ließ sich Zeit mit der Antwort. »Kaum, zumindest fallen sie nicht auf.«
    »Verkehren sie auch bei Ihnen?«
    »Warum fragen Sie?«
    »Nur so. Ich weiß, viele Leute mögen sie nicht, aber ich finde sie sehr zuvorkommend.« Und als wäre es ihm eben erst eingefallen, setzte Brunetti hinzu: »Einmal hat mir einer sogar sein telefonino geliehen, als ich meins vergessen hatte und dringend jemanden anrufen mußte.« Er wußte wohl, daß er zuviel redete, und konnte sich doch nicht bremsen.
    Als Solidaritätsbeweis hatte sein Beispiel offenbar nicht sehr überzeugend gewirkt, denn der Wirt hielt sich weiter bedeckt und meinte nur: »Ich hab nichts gegen sie.«
    »Kein Vergleich mit den Albanern«, kam es mit Grabesstimme vom Kartentisch. Doch als Brunetti sich nach den alten Männern umwandte, war das Trio schon wieder in sein Spiel vertieft, und der Sprecher gab sich nicht zu erkennen. Nach den gleichmütigen Gesichtern zu urteilen, hätte es jeder aus der Runde sein können.
    »Wenn Sie Filippo sehen«, sagte Brunetti zum Wirt, »dann richten Sie ihm doch einen schönen Gruß von Guido aus.«
    »Guido?«
    »Ja, Guido aus dem Matheunterricht. Er weiß dann schon.«
    »Gut, wird gemacht.« Dann verlangte man vom Kartentisch nach mehr Wein, worauf der Wirt sich abwandte und frische Gläser vom Regal nahm.
    Als er aus der Bar kam, ging Brunetti zurück zur Via Garibaldi und betrat den Obst- und Gemüseladen linker Hand. Er sah Endiviensalat mit der Herkunftsangabe Latina und verlangte ein Kilo. Während die Händlerin die Ware abwog und eintütete, erkundigte er sich in Veneziano: »Ach, sagen Sie, vermietet Alessandro eigentlich immer noch an die vucumprà?« Und dabei wies er mit dem Kopf in die Richtung von Cuzzonis Haus.
    Die Frau blickte auf, sichtlich überrascht, wieso ihr Kunde so schnell von Endivien auf Immobilien kam. »Ich meine Alessandro Cuzzoni«, schob Brunetti zur Erklärung nach. »Wissen Sie, vor zwei Jahren wollte er mir sein Haus da um die Ecke verkaufen, aber ich habe mich dann für eins in San Polo entschieden. Doch nun heiratet mein Neffe, und das junge Paar sucht eine Bleibe - ja, und da ist mir Alessandro wieder eingefallen. Bloß

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