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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hatte, nun aber endlich bestätigt fand. Beide Männer waren gleich groß; Cuzzoni, der schlankere, hatte eine feingeschwungene Nase, und seine großen braunen Augen waren im Verhältnis dazu vielleicht eine Spur zu groß. Er war offenbar überrascht, so unverhofft in ein bekanntes Gesicht zu blicken.
    Doch er fing sich rasch und streckte dem Besucher die Hand entgegen: »Gestatten, Alessandro Cuzzoni.« Brunetti ergriff die dargebotene Hand, doch ehe er sich seinerseits vorstellen konnte, fuhr Cuzzoni fort: »Ein komisches Gefühl, sich so unvermutet gegenüberzustehen. Dabei sind wir schon so oft aneinander vorbeigegangen, daß man sich eigentlich längst zu kennen glaubt.«
    »Ganz mein Eindruck«, bestätigte der Commissario. »Ach, übrigens: Brunetti, Guido.« Und damit folgte er Cuzzoni in dessen Wohnung. Das erste, was ihm auffiel, war ein kolossaler Wasserfleck an der Rückwand der Diele und ein weiterer dunkler Kreis oben an der Decke. Als sein Blick von dort hinunter zum Fußboden wanderte, sah er etliche häßlich aufgequollene Parkettstreifen aus dem Boden ragen.
    »O mein Gott! Was ist denn da passiert?« entfuhr es ihm.
    Cuzzonis Auge streifte die Schäden an Decke, Wand und Fußboden, dann schaute er rasch weg, wie um sich eine schmerzliche Qual zu ersparen. Ohne hinzusehen, deutete er mit dem Finger an die ramponierte Decke. »Das ist jetzt vier Tage her. Die Frau über mir ging auf den Rialto, während in der Wohnung die Waschmaschine lief. Unglücklicherweise riß der Abwasserschlauch, es kam zu einer riesigen Überschwemmung, und der ganze Schwall drang durch die Decke und lief an meiner Wand herunter. Ich war schon im Geschäft, und die Nachbarin blieb den ganzen Vormittag fort.«
    »Ach, das tut mir leid«, sagte Brunetti aufrichtig. »Es gibt nichts Verheerenderes als einen Wasserschaden im Haus!«
    Cuzzoni zuckte mit den Schultern und probierte ein Lächeln, das erkennbar nicht von Herzen kam. »Zum Glück - wenigstens für die Nachbarin - sind Mauern und Estrich hier alle so krumm und schief, daß sich das Wasser auf dem abschüssigen Boden über der Wand dort sammelte und zu mir durchgesickert ist. Die obere Wohnung hat fast nichts abbekommen.«
    Unterdessen glaubte Brunetti an der beschädigten Wand etliche helle Rechtecke zu erkennen, die sich vom umgebenden Putz abhoben. Ihm schwante nichts Gutes, als er daraufhin die übrigen Wände musterte und überall Gemälde, Drucke und Zeichnungen sah, darunter, wenn er sich nicht täuschte, sogar einen Marieschi. »Was hing denn an dieser Wand?« fragte er zögernd.
    Cuzzoni seufzte tief. »Das Titelblatt der Carceri. Der Erstdruck, noch dazu signiert, wahrscheinlich von Piranesi persönlich. Und eine kleine Holbein-Zeichnung.«
    Brunetti war ebenso um Worte verlegen, als hätte ihm jemand von einer unheilbaren Krankheit in seiner Familie berichtet. »Und?« Mehr brachte er nicht heraus.
    »Ach, fragen Sie lieber nicht.«
    »Es tut mir wirklich leid«, beteuerte Brunetti noch einmal. Er hütete sich, das Thema Versicherung anzuschneiden. Selbst wenn Cuzzoni oder die Frau über ihm eine hatte - manche Dinge ließen sich weder restaurieren noch ersetzen. Außerdem drückten die Versicherungen sich am Ende ja doch ums Bezahlen.
    »Kommen Sie in mein Arbeitszimmer. Dort können wir uns unterhalten«, sagte Cuzzoni und öffnete eine Tür zu seiner Rechten. Da erst fiel Brunetti auf, wie warm es in der Wohnung war. Cuzzoni sah ihn seinen Mantel aufknöpfen und streckte die Hand aus. »Bitte, legen Sie doch ab. Wissen Sie, ich mußte die Heizung hochdrehen, damit die Wände möglichst rasch wieder trocknen. Denn vorher können die Maler nicht anfangen.«
    »Und das Parkett?« fragte Brunetti, während er dem Juwelier seinen Mantel überließ und der ihn an einen Garderobenständer hängte.
    Nachdem Cuzzoni seinem Besucher einen Platz auf einem langen Sofa an der Stirnwand angeboten hatte, ließ er sich ihm gegenüber in einem bequemen alten Lehnstuhl nieder. »Ach ja, um das Parkett tut es mir fast am meisten leid. Es ist Kirschholz, wissen Sie, achtzehntes Jahrhundert, und praktisch unersetzlich.«
    »Kann man denn die beschädigten Teile restaurieren?«
    Cuzzoni hob die Schultern. »Vielleicht. Ich habe mit einem pensionierten Schreiner gesprochen, der früher oft für mich gearbeitet hat, und er hat versprochen, sich den Schaden anzusehen. Wenn er meint, daß noch was zu machen ist, wird er die betroffenen Leisten herauslösen und mit in seine

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