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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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registriert, abgeschlossen vor zweiunddreißig beziehungsweise vor siebenundzwanzig Jahren, also zu einer Zeit, als Bertolli noch ein Kind war. Derart langfristige Verträge ließen darauf schließen, daß es sich bei den Mietern um venezianische Familien handelte, denen man das Wohnrecht jetzt praktisch nicht mehr streitig machen konnte. Bertolli und seine Frau waren als Nutzer der dritten Wohnung eingetragen. Für die drei verbleibenden Immobilien gab es keinerlei Verträge, man hätte also annehmen können, daß sie leer standen, wären da nicht die Vermutungen von Signorina Elettras Bekanntem gewesen. Signorina Elettra hatte folgende handschriftliche Notiz beigefügt: »Ich habe Ihre Freundin Stefania in der Vermietungsagentur angerufen und sie gebeten, sich für mich umzuhören. Nach ihren Angaben vermietet Bertolli alle drei Wohnungen an Ausländer, und zwar wahlweise auf wöchentlicher oder monatlicher Basis. Ach, und Stefania läßt Ihnen ausrichten, daß sie immer noch versucht, das Apartment an den Fondamente Nuove zu verkaufen.«
    Also fangen wir erst mal mit Cuzzoni an, dachte Brunetti. Der Juwelier wohnte in San Polo, nur wenige Hausnummern von Brunetti entfernt. Neben dieser Wohnung gehörte ihm ein Haus in Castello, für das jedoch beim Ufficio delle Entrate keinerlei Mietverträge registriert waren.
    Wie angenehm, daß die städtischen Behörden sich nie die Mühe machten, auch nur die simpelsten Stichproben durchzuführen. Ohne vorliegenden Vertrag sahen die Beamten keinen Grund anzunehmen, daß der Besitzer Miete kassierte; und wem konnte man zumuten, für eine leerstehende Wohnung Steuern zu zahlen? Weltfremde Schreibtischtäter mochten so argumentieren, Brunetti hingegen hatte Jahrzehnte damit verbracht, die zahllosen Tricks aufzuspüren, mit denen die Bürger seiner Stadt sich gegenseitig und alle miteinander den Staat betrogen. Sicher gab es auch in diesem Fall irgendeinen Dreh, mit dessen Hilfe aus dem Haus Profit gezogen wurde, ohne Steuern zu entrichten. Zum Beispiel indem man unter der Hand an illegale Einwanderer vermietete.
    Brunetti zog seine Ausgabe von Calli, Campielli e Canali aus dem Regal und schlug Cuzzonis Adresse nach. Tatsächlich wohnte der Juwelier nur zwei Häuser von ihm entfernt, allerdings auf der anderen Seite des Rio dei Meloni, die man von Brunettis Haus nur über einen Umweg via Campo Sant' Aponal erreichen konnte. Brunetti zog abermals das Straßenverzeichnis zu Rate und suchte das Mietshaus, das Cuzzoni gehörte. Es war unter einer hohen Hausnummer in Castello eingetragen, eine Gegend, die in der Vorstellung vieler Venezianer ungefähr so weit entfernt lag wie Mailand.
    Er hätte Cuzzoni ohne weiteres zu Hause oder in seinem Laden aufsuchen können, aber Brunetti beschloß, sich zuvor das Haus in Castello anzusehen und, falls es bewohnt war, auch etwas über die Mieter in Erfahrung zu bringen. Zwar hatte er Gravini versprochen, nichts zu unternehmen, bis der Sergente Gelegenheit hatte, mit dem ihm bekannten Afrikaner zu reden, aber gegen so eine kleine Erkundungstour war gewiß nichts einzuwenden.
    Das Wetter hatte sich nicht gebessert, und kaum daß er aus der Questura trat, fuhr ihm die Kälte in die Glieder. Ein Ende seines Schals wippte auf und nieder wie ein Aal am Angelhaken und versuchte ihm davonzuflattern. Brunetti packte es, schlang sich's um den Hals und überquerte in geduckter Haltung die Brücke in Richtung Castello.
    Den Stadtplan hatte er im Kopf, und überdies kannte er das Haus, weil ein ehemaliger Klassenkamerad aus der Mittelschule gleich nebenan gewohnt hatte. Um sein Gesicht vor dem schneidenden Wind zu schützen, hielt er Kopf und Augen aufs Pflaster gesenkt und bahnte sich seinen Weg mehr nach Gefühl denn nach Sicht. Gleichwohl entging ihm nicht, daß die Löwen am Arsenale viel vergnügter dreinsahen, als es sich bei der Kälte gehörte.
    Brunetti bog links in die Via Garibaldi ein; dem Helden, der von seinem Denkmalssockel auf die zugefrorene Pfütze zu seinen Füßen herabblickte, schien die Kälte mehr zuzusetzen als den Löwen. Der Commissario nahm die zweite calle rechts, schlug gleich darauf einen Haken nach links und ebenso zielstrebig wieder einen nach rechts. Die Nummer, die er suchte, gehörte zu dem zweiten Gebäude auf der linken Seite, doch Brunetti lief zügig daran vorbei und betrat eine Bar auf dem kleinen campiello weiter vorn.
    An einem Ecktisch saßen drei alte Männer in Mantel und Hut beim Kartenspiel. Rechts von sich

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