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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Wahl.«
    Einen Moment lang spielte Brunetti mit dem Gedanken, den zehnten Mai, Paolas Geburtstag, anzugeben und nicht weiter nachzufragen, aber dann war seine Neugier doch stärker. »Entschuldigen Sie, Signorina, aber ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen.«
    »Ganz einfach, Commissario, jeder muß sich ein Datum aussuchen. Und wer auf das richtige tippt, der kassiert den gesamten Wetteinsatz.« Und lächelnd setzte sie hinzu: »Sie können übrigens ruhig mehrere nehmen, solange Sie für jedes fünf Euro einzahlen.«
    »Also gut«, stöhnte Brunetti. »Ich gestehe: Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    Signorina Elettra führte die Hand an die Lippen, und wenn Brunetti sich nicht täuschte, flog eine feine Röte über ihre Wangen. Begleitet von einem langgezogenen Seufzer - als wäre sie ein Fußball, dem man die Luft herausgelassen hat. Er verfolgte ihr wechselndes Mienenspiel, sah sie den Gedanken an eine gnädige Lüge zugunsten der Wahrheit verwerfen. Das alles beobachtete Brunetti, ohne zu wissen, wie oder woran er es erkannte.
    »Es geht um den Vice-Questore«, sagte sie endlich.
    »So? Was ist mit ihm?« fragte Brunetti geduldig.
    »Wegen der Stelle bei Interpol.«
    »Sie meinen, er hat sich beworben?« Brunetti war baß erstaunt, daß Patta tatsächlich Ernst gemacht hatte. Um genau zu sein, wunderte es ihn noch mehr, daß man ihm nichts von Pattas Bewerbung um die Position gesagt hatte - auf Pattas Ebene wurden aus Stellen Positionen.
    »Ja, Commissario. Vor vier Monaten schon.«
    Brunetti wußte nicht mehr genau, was für eine Position das war, auf die sein Vorgesetzter es abgesehen hatte. Aber er erinnerte sich dunkel, daß es um die Zusammenarbeit - oder wie diejenigen, die eine Position bekleideten, zu sagen pflegten: um das interaktive Agieren - mit der Polizei eines Landes ging, dessen Sprache Patta nicht beherrschte. Um welches Land es sich handelte, war ihm leider auch entfallen.
    In sein Schweigen hinein soufflierte Signorina Elettra: »London, Commissario. Als Mafiaexperte bei Scotland Yard.«
    Wie so oft, wenn er etwas über Pattas Karriereplanung erfuhr, war Brunetti um die passenden Worte verlegen. »Und die Lotterie?« fragte er schließlich.
    »Betrifft den Tag, an dem er die Absage erhält«, versetzte sie ungerührt.
    Die Einzelheiten interessierten ihn nicht, aber eins hätte er doch zu gern gewußt. Bloß, wie so eine Frage taktvoll anbringen? »Für Sie steht das Ergebnis offenbar schon fest, Signorina.« Ja, das war die richtige Formulierung.
    »So gut wie«, bestätigte Elettra, ließ sich jedoch keine Erklärung entlocken. Statt dessen klopfte sie lächelnd mit ihrem Stift auf den Block. »Und Ihr Tip, Commissario?«
    »Zehnter Mai, bitte.«
    Sie schrieb das Datum auf einen kleinen Zettel, den sie abriß und ihm über den Tisch reichte. »Nicht verlieren, Dottore.«
    »Was passiert bei Stimmengleichheit?« fragte Brunetti, während er das Los in seine Brieftasche steckte.
    »Oh, das ist schon geregelt, Commissario. Ein paar Daten sind tatsächlich mehrfach angefragt worden, aber für den Fall, daß eins davon gewinnt, wurde vorgeschlagen, den ganzen Einsatz an Greenpeace zu spenden.«
    »Sieht ihm ähnlich, oder?« bemerkte Brunetti trocken.
    »Wem sieht was ähnlich, Commissario?« fragte sie sichtlich verwirrt.
    Brunettis kleiner Schnaufer schien zu sagen, das sähe doch ein Blinder, wessen Kopf dieser Vorschlag entsprungen sei. »Na, Vianello.«
    »Um ehrlich zu sein, Commissario«, versetzte sie, ohne ihr zuckersüßes Lächeln zu verlieren, »es war meine Idee.«
    »Wenn das so ist«, lenkte Brunetti geistesgegenwärtig ein, »dann wünsche ich mir nichts sehnlicher als einen stimmengleichen Sieg, damit ich mein Teil dazu beitragen kann, das Geld einem so löblichen Zweck zuzuführen.«
    Erst musterte sie ihn mit ausdrucksloser Miene, doch als sie sprach, kehrte ihr Lächeln zurück: »Nun hör sich einer diesen durchtriebenen Schwindler an.«
    Was Brunetti zum eigenen Erstaunen ungemein schmeichelte. So sehr, daß er den Dienstplan für die Feiertage darüber völlig vergaß und sich ohne weitere Fragen hinauf in sein Büro begab.

4
    D er Frühling war auf dem Vormarsch, was Brunetti weiterhin anhand der Flora verfolgte. In den Blumenläden erschien der erste Flieder, und er brachte Paola einen riesigen Strauß mit heim; die kleinen rosafarbenen und gelben Knospen in dem Garten am anderen Kanalufer waren schon voll erblüht; als nächstes kamen wilde Narzissen, gefolgt von

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