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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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geben, damit ich mich mit ihm in Verbindung setzen kann?«
    »Sie meinen die Nummer von seinem telefonino?« fragte sie und lachte kurz auf.
    Brunetti nickte.
    »Er hat keins«, antwortete sie, diesmal in beherrschtem Ton. »Er weigert sich, so ein Ding zu benutzen, weil er glaubt, die Wellen, die es aussendet, würden sein Gehirn schädigen.« Ihr Ton verriet, wie wenig sie von dieser Auffassung hielt. »Das ist auch so eine fixe Idee, die er aus seinen Büchern hat«, fuhr sie fort. »Nicht genug damit, daß er sich einbildet, er sei mit irgendwas verseucht; nein, für ihn müssen auch noch telefonini gefährlich sein. Können Sie sich das vorstellen?« fragte sie ehrlich neugierig. »Glauben Sie, die da oben würden zulassen, daß so was passiert? Daß aus den Dingern irgendwelche Strahlen entweichen, die einen krank machen?« Wieder stülpte sie die Lippen wie zum Spucken vor, aber was herauskam, war kaum mehr als ein ungläubiges Schnauben. Schließlich gab sie ihm die Festnetznummer ihrer Wohnung, die Brunetti sich notierte.
    Die Erregung der Frau übertrug sich endlich auch auf die kleine Emma, die auf dem Sofa herumzuzappeln begann. Die spitzen, kleinen Laute, die sie dabei ausstieß, waren jedoch nicht im mindesten den Jauchzern vergleichbar, mit denen ihr Bruder das Gehopse der Comicfiguren begleitet hatte. Ihre auffallend hohen Töne klangen vielmehr wie ein angsterfülltes Blöken oder Jammern, das unversehens losbrach, aber hartnäckig anhielt. »Sie gehen jetzt besser«, sagte die Frau. »Wenn sie einmal anfängt, kann es stundenlang so weitergehen, und ich glaube nicht, daß Sie sich das anhören möchten.«
    Brunetti bedankte sich, aber er bot der Frau nicht die Hand und tätschelte dem kleinen Jungen auch nicht den Kopf, wie er es getan hätte, hätte das Mädchen nicht zu wimmern begonnen. Er verließ die Wohnung, ging die Treppe hinunter und trat hinaus ins Freie.

8
    A uf dem Weg zurück zur Questura beschäftigten Brunetti ein Geräusch und ein Mißverständnis. Das Geräusch waren die Klagelaute des kleinen Mädchens: Irgend etwas hinderte ihn daran, das, was sie hervorbrachte, als ihre Stimme zu bezeichnen. Das andere war die seltsam zweigleisige Unterredung, die er mit der Großmutter geführt hatte: Er sprach von Drohungen, die sie bedeutungslos nannte - obwohl sie gleichzeitig immer wieder auf De Cals gewalttätige Neigungen anspielte. Brunetti versuchte sich alles, was zur Sprache gekommen war, ins Gedächtnis zu rufen, und stieß dabei nur auf eine mögliche Erklärung: Tassini war es, der die Drohungen ausgestoßen hatte, vielleicht provoziert durch De Cals cholerische Ausbrüche. Oder aber die alte Frau redete Unsinn, was Brunetti sich jedoch nicht vorstellen konnte. Lügen mochte sie, vielleicht; Ausflüchte machen, gewiß; aber ansonsten hatte, was sie sagte, garantiert immer Hand und Fuß.
    Sein Handy klingelte, und als er stehenblieb, um das Gespräch anzunehmen, hörte er am anderen Ende Pucettis Stimme: »Commissario?«
    »Ja, Pucetti, was gibt's?«
    »Haben Sie schon zu Mittag gegessen, Commissario?«
    »Nein«, antwortete Brunetti, der plötzlich merkte, wie hungrig er war.
    »Könnten Sie rausfahren nach Murano, um jemanden zu treffen?«
    »Einen von Ihren Verwandten?« fragte Brunetti, erfreut, daß der junge Beamte so rasch gehandelt hatte.
    »Ja, meinen Onkel.«
    »Mit Vergnügen«, sagte Brunetti und machte kehrt, um zurückzugehen zum Anleger Celestia, wo die Vaporetti nach Murano hielten.
    »Und was meinen Sie, wann Sie dort sein können, Commissario?«
    »So in einer guten halben Stunde, schätze ich.«
    »In Ordnung, Commissario. Dann sage ich ihm, er soll Sie um halb zwei treffen.«
    »Wo denn?«
    »In Nannis Trattoria auf Sacca Serenella«, antwortete Pucetti. »Die Glasarbeiter gehen alle dort essen. Den Weg dorthin kann Ihnen jeder zeigen.«
    »Und wie heißt Ihr Onkel?«
    »Navarro. Giulio. Er wird dasein.«
    »Gut, aber wie erkenne ich ihn?«
    »Ach, keine Sorge, Commissario. Er wird Sie erkennen.«
    »Wie denn?« fragte Brunetti verständnislos.
    »Tragen Sie einen Anzug?«
    »Ja.«
    Hörte er Pucetti etwa lachen? »Er erkennt Sie bestimmt, Commissario«, versicherte der junge Beamte und legte auf.
    Brunetti brauchte mehr als eine halbe Stunde, weil er ein Vaporetto knapp verpaßte, am Anleger Celestia auf das nächste warten mußte und dann an den Fondamenta Nuove noch einmal Aufenthalt hatte. In Sacca Serenella angekommen, wandte er sich beim Aussteigen an den

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