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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sich, setzte den kleinen Jungen aufrecht neben seine Schwester, stützte ihn auf der anderen Seite mit einem Kissen ab und zog eine Packung Nazionale aus der Schürzentasche. »Würden Sie für eine Zigarettenlänge auf die beiden aufpassen?« fragte sie. »Sonia und Giorgio wollen nicht, daß ich in der Wohnung rauche, also muß ich raus auf den Gang und ans offene Fenster«, gestand sie feixend. »Aber das ist wohl nur fair. Schließlich habe ich Sonia weiß Gott jahrelang damit geplagt.« Ihr verschmitztes Grinsen wandelte sich zu einem weichen Lächeln, als sie fortfuhr: »Bei ihr hat es zumindest gewirkt, denn meine Tochter raucht nicht. Wofür ich vermutlich dankbar sein sollte.«
    Noch bevor Brunetti ihr beipflichten konnte, war sie schon an der Wohnungstür und trat, die Tür einen Spaltbreit offenlassend, auf den Gang hinaus. Er setzte sich auf einen Stuhl links vom Sofa und versuchte sich den Kindern gegenüber so unaufdringlich wie möglich zu verhalten. Der kleine Junge schien seine Großmutter zu vergessen, sobald sie außer Sicht war, und wandte sich wieder den drallen Figuren auf dem Bildschirm zu, die gerade in einen Fluß aus lauter blauen Blüten sprangen. Das Mädchen blieb reglos liegen, wo es hingesunken war. Brunetti, der die beiden nicht aus den Augen ließ, wurde plötzlich von einer wilden Unruhe gepackt:
    Was, wenn einem der Kinder etwas zustieß, solange die Großmutter draußen war, und er nicht wußte, was zu tun sei? Während er über den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Zwillinge nachsann, irrte sein Blick zwischen der angelehnten Tür und dem Fernseher hin und her.
    Nach ein paar Minuten kam die Frau, umhüllt von einer Nikotinfahne, in die Wohnung zurück. »Giorgio predigt mir andauernd, wie schädlich das Rauchen für mich ist«, sagte sie und klopfte auf ihre Schürzentasche, in der sie die Zigarettenpackung offenbar wieder verstaut hatte. »Und er hat sicher recht. Andererseits habe ich schon geraucht, bevor er auf die Welt kam, also schadet es mir so sehr, wie er meint, wohl doch nicht.« Und auf Brunettis widerstrebendes Lächeln hin fuhr sie fort: »Wenn er mir die Leviten liest, halte ich immer dagegen, daß sein Salat wahrscheinlich genauso gefährlich ist wie meine Zigaretten.« Sie zog die Schultern hoch, ließ sie wieder fallen und seufzte tief. »Vermutlich haben wir beide recht, aber man sollte doch meinen, daß er mich inzwischen gut genug kennt, um zu wissen, daß ich mich nicht mehr ändern werde.« Noch ein Seufzer, noch ein Schulterzucken. »Aber er hält nun mal an seinen Überzeugungen fest. Wie wir alle. Pazienza. «
    Sie setzte sich wieder aufs Sofa, nahm jedoch diesmal das kleine Mädchen auf den Schoß, das sie mit einer Hand in der Taille stützte, damit es nicht nach hinten kippte. Als der Junge sah, daß die Großmutter seine Schwester hochgenommen hatte, richtete er sich auf, umschlang den Hals seiner nonna mit beiden Armen und flüsterte ihr kichernd irgendwelche Geheimnisse ins Ohr.
    »Oh, sieh dir das an!« Die Frau deutete mit dem Finger auf den Bildschirm und legte jene gespielte Begeisterung in ihre Stimme, von der sich Kinder offenbar jederzeit täuschen lassen. »Guck mal, was sie jetzt machen.«
    Der Kleine fiel darauf herein, ließ ab vom Ohr der Großmutter und blickte wieder gebannt auf den Fernseher. Zwar ruhte sein einer Arm noch auf ihrer Schulter, ansonsten aber schien er in eine andere Welt entrückt. »Worüber wollten Sie denn nun mit Giorgio reden, Commissario?« erkundigte sich die Frau. Das kleine Mädchen lag wie leblos in ihrem Schoß.
    »Ihr Schwiegersohn arbeitet, wenn ich nicht irre, für Signor De Cal?« begann Brunetti.
    »In der Glasbläserei?«
    »Ja.«
    »Und was wollen Sie von ihm?« entgegnete sie unwirsch. »Giorgio ist dort nur der Wachmann.«
    Brunetti wunderte sich, daß sie auf eine eigentlich doch ganz harmlose Frage so heftig reagierte.
    »Es sind Gerüchte im Umlauf über angebliche Drohungen, die in der fornace geäußert worden seien. Darüber wollte ich mit Ihrem Schwiegersohn sprechen.« Brunetti hielt es nicht für nötig, ihr mehr zu verraten.
    »Was er auch gesagt hat, es war bestimmt nur Gerede und nicht so gemeint«, erwiderte sie.
    »Kennen Sie Signor De Cal?« fragte Brunetti.
    Ihre freie Hand tastete unwillkürlich nach den Zigaretten und beklopfte das Päckchen, als sei schon die Berührung tröstlich für sie. »Nur vom Sehen, ich habe nie mit ihm gesprochen«, antwortete sie. »Man sagt, es

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