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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sei schwer, mit ihm auszukommen, und dann gab's ja vor ein paar Jahren auch diesen Streit in der Bar. Davon wissen alle auf Murano.«
    »Dann hat Ihr Schwiegersohn Ihnen also auch von den Drohungen erzählt?« fragte Brunetti.
    Die Frau tätschelte ihrem Enkel den Po und zog ihn näher zu sich hin, aber der Kleine hatte nur Augen für die Figuren auf dem Bildschirm und ließ sich nicht ablenken. Nach einer langen Pause sagte sie: »Ja, er hat davon gesprochen. Aber es war, wie gesagt, bloß Gerede und hatte sicher nichts zu bedeuten.«
    Wenn das so ist, dachte Brunetti, warum dann den Streit in der Bar erwähnen? »Hat Ihr Schwiegersohn Ihnen genau wiederholt, was gesprochen wurde?«
    Die Frau machte ein Gesicht, als habe Brunetti sie dazu verleitet, etwas zu sagen, was sie nicht hätte sagen sollen, und sie bedauere es nun, sich überhaupt auf dieses Gespräch eingelassen zu haben. »Für Giorgio ist De Cal an allem schuld«, begann sie leise. »Und daran hält er fest, auch wenn es keinerlei Beweise gibt. Es ist wie mit den Zigaretten: Giorgio hält sie für pures Gift und damit basta. Da läßt er nicht mit sich reden.«
    Sie sah das kleine Mädchen an, dessen Rücken ihr Handteller mühelos bedeckte. »Dabei habe ich es versucht. Genau wie Sonia. Wie die Ärzte. Aber nein, er glaubt, was er glauben will - basta.«
    Brunetti kam es vor, als hätte mitten in einem Fernsehprogramm, während er einen Moment nicht aufpaßte, jemand per Fernbedienung auf eine andere Sendung umgeschaltet, von der ihm nun der Anfang fehlte.
    »Und die Drohungen?« war alles, was ihm zu fragen einfiel.
    »Ich weiß nicht, was ihn dazu gebracht hat. Früher war er immer vorsichtig mit dem, was er sagte, hat nie jemanden direkt beschuldigt. Trotzdem wissen die Leute sicher, wie er denkt: Auf der Insel läßt sich nichts geheimhalten, und seinen Arbeitskollegen gegenüber hat er ja auch kein Blatt vor den Mund genommen.« Sie hob die Hände empor, als wolle sie himmlischen Beistand erflehen. »Vor zwei Wochen hat er Sonia versichert, er sei kurz davor, den endgültigen Beweis zu erbringen. Aber das«, schränkte sie ein, »hat er schon oft gesagt.« Der traurige Tonfall war wie ein Echo auf ihre kummervolle Miene. »Außerdem wissen wir ja, daß es gar keine Beweise gibt.«
    Sie schlang den rechten Arm um ihren Enkel und zog ihn an sich, während sie sich mit der Linken über die Augen fuhr. Dann, plötzlich, nahm sie die Hand vom Gesicht und wies damit auf das Bücherregal an der Wand gegenüber. In fast zornigem Ton fuhr sie fort: »Ich hätte wissen müssen, was uns blüht, als er anfing, dieses ganze Zeug zu lesen. Wie lange ist das her? Zwei Jahre? Oder drei? Inzwischen interessiert er sich nur noch für seine Bücher. Darum hat er auch diesen Job angenommen, der fast nichts einbringt; nur damit er die ganze Nacht lesen kann. Aber die Kinder müssen essen, wir müssen essen, und wenn die Wohnung nicht mein Eigentum und ich nicht für die Kinder da wäre, wer weiß, was dann aus ihnen würde: Sonia könnte nicht mehr arbeiten gehen, und das bißchen, was Giorgio nach Hause bringt, reicht vorne und hinten nicht.« Ihre Stimme bebte jetzt vor unterdrückter Wut, und sie stülpte die Lippen vor, wie um auszuspucken. »Und versuchen Sie einmal, irgendeine staatliche Unterstützung zu bekommen; probieren Sie's nur! All die Atteste, die sie eingereicht haben, die ärztlichen Gutachten, Diagnosen und Klinikbefunde - was kriegen sie dafür? Lumpige zweihundert Euro im Monat. Und für mich keinen Cent, obwohl ich mich doch den ganzen Tag um die beiden hier kümmern muß. Versuchen Sie mal, zwei Kinder mit zweihundert Euro monatlich zu versorgen, und dann sagen Sie mir, wie leicht das ist.«
    Die Comicfiguren verschwanden vom Bildschirm, und aus ihrem Bann entlassen, schien der kleine Junge plötzlich zu spüren, wie aufgebracht seine Großmutter war. Jedenfalls reckte er sich und legte ihr die Arme um den Hals. »Liebe nonna, liebe nonna«, murmelte er, drückte sein Gesicht an das ihre und streichelte ihr die Wangen.
    »Sehen Sie?« klagte die Frau, an Brunetti gewandt. »Sehen Sie, was Sie angerichtet haben?«
    Brunetti sah ein, daß die Frau für eine weitere Befragung jetzt viel zu aufgewühlt war, und darum sagte er nur: »Ich möchte trotzdem mit Ihrem Schwiegersohn persönlich sprechen, Signora.« Er zückte seine Brieftasche, reichte der Frau eine seiner Visitenkarten und holte dann einen Stift heraus. »Würden Sie mir seine Nummer

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