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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Lächeln, das keines war. »Ja, alle beide wissen sie es. Natürlich müssen sie die ganze Schweinerei vertuschen, nicht wahr?« fragte er, und Brunetti überlegte, ob Assunta wirklich mit ihrem Vater unter einer Decke stecken mochte.
    »Sie haben Beweise?« forschte der Commissario.
    Jetzt lächelte Tassini, wenn auch hintergründig. »Ich habe eine Akte angelegt, in der ist alles dokumentiert. Der neue Job als Nachtwächter gibt mir Zeit, die endgültigen Beweise zu finden. Ich bin nahe dran. Ganz nahe.« Er sah Brunetti an, und in seinen Augen strahlte der Triumph dessen, der die Wahrheit entdeckt hat. »In meiner Akte trage ich alles zusammen. Wie gesagt, ich lese viel, und das hilft mir, die Dinge zu verstehen. Ich verfolge alles ganz genau.« Augenzwinkernd setzte er hinzu: »Aber wir müssen abwarten, was geschieht, nicht wahr?«
    »Warum das?«
    Die Antwort fiel so sonderbar aus, daß Brunetti nicht sicher war, ob Tassini seine Frage überhaupt mitbekommen hatte. »Unsere größten Denker wußten lange vor uns über diese Dinge Bescheid, und jetzt bin auch ich im Bilde.« Seit sie auf seine Tochter gekommen waren, hatte Tassini sich immer mehr in eine fiebrige Erregung hineingesteigert. Und als er sich nun auch noch über seine Akte mit dem angeblichen Beweismaterial ausließ, hielt der verwirrte Commissario es für angezeigt, das Gespräch wieder auf De Cal zu lenken.
    Er neigte den Kopf ganz tief, so als dächte er angestrengt nach, blickte dann zu Tassini auf und sagte: »Sowie ich wieder in der Questura bin, werde ich mir die Akte mit Ihren Beschwerdebriefen vornehmen.« Brunetti schob seine Tasse zur Seite, um einen Themenwechsel anzudeuten, und fuhr fort: »Aber zuvor habe ich noch ein paar Fragen Ihren Arbeitgeber, Signor De Cal, betreffend.«
    Darauf war Tassini nicht gefaßt gewesen; so ein abrupter Umschwung, ausgerechnet jetzt, da er begonnen hatte, von den großen Männern zu sprechen, die mit ihm übereinstimmten. Sichtlich enttäuscht und verwirrt zog er ein nicht sehr sauberes Taschentuch hervor und putzte sich die Nase. Als er das Taschentuch wieder eingesteckt hatte, fragte Tassini: »Was wollen Sie wissen?«
    »Man hat uns berichtet, Signor De Cal habe das Leben seines Schwiegersohns bedroht. Können Sie dazu etwas sagen?«
    »Nun, das ist doch einleuchtend, oder?« fragte Tassini zurück.
    Brunetti lächelte ratlos. »Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte er und lächelte wieder, entschuldigend diesmal, wie um zu bekräftigen, daß Tassinis Argumente ihn überzeugt hätten, obwohl das Gegenteil der Fall war.
    »Um zu verhindern, daß Ribetti die fornace erbt.«
    »Aber wäre nicht De Cals Tochter die Erbin?« hakte Brunetti nach.
    »Schon. Aber wenn sie übernimmt, hätte Ribetti freien Zutritt«, sagte Tassini wie selbstverständlich.
    »Und den hat er jetzt nicht?« Hinter ihnen klingelte ein Telefon; kein Handy, sondern ein normaler Festnetzapparat.
    Tassini lachte. »Ich habe mit eigenen Ohren gehört, wie der alte Gauner damit drohte, Ribetti umzubringen. Das war zwar nur Gerede, aber falls er ihn mal im Betrieb erwischt, wäre er womöglich dazu imstande.«
    Brunetti wollte Tassini gerade auffordern, sich näher zu erklären, als der Barmann rief: »Giorgio, deine Frau ist dran. Sie will dich sprechen.«
    Tassini fuhr erschrocken hoch, hastete vor zur Theke und nahm den Hörer entgegen, den der Wirt ihm hinhielt. Dann kehrte er dem Lokal den Rücken und beugte sich in unnatürlich verkrampfter Haltung über den Apparat.
    Während des Telefonats entspannte sein Körper sich allmählich wieder, wenn auch nur bis zu einem gewissen Grad. Er lauschte eine Zeitlang, dann antwortete er und hörte anschließend noch länger zu. Im Laufe des Gesprächs richtete Tassini sich nach und nach bis zur vollen Größe auf. Er sagte noch etwas, bevor er das Telefonat beendete, sich umwandte, dem Barmann dankte und ein paar Münzen auf die Theke legte.
    »Ich muß gehen«, erklärte Tassini, als er zu Brunetti an den Tisch zurückkam. Nach seiner Miene zu schließen, war er bereits fort, hatte Brunetti vergessen oder als unwichtig abgetan.
    Brunetti schob seinen Stuhl zurück und machte Anstalten, sich zu erheben. Aber als er soweit war, hatte Tassini bereits den Ausgang erreicht, schlupfte zur Tür hinaus und zog sie hinter sich zu.

11
    D ie Unterhaltung, Befragung oder was immer er mit Tassini geführt hatte, hinterließ bei Brunetti ein ungutes Gefühl. Es kam ihm entwürdigend vor, wie

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