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Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas

Titel: Brunetti 15 - Wie durch ein dunkles Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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nicht getaugt, nie und nimmer.«
    »Worin bestanden denn eigentlich seine Aufgaben?« Brunetti griff nach dem Wasserglas und riskierte noch ein Schlückchen.
    »Er mußte die Werkstätten sauberhalten und nachts die Öfen kontrollieren.«
    Brunetti wedelte mit der Hand über die Theke und sagte: »Ich weiß nicht, ob ich mir das so richtig vorstellen kann, Signore. Abgesehen vom Ausfegen natürlich.«
    »Das gehörte schon auch dazu«, versetzte Grassi lächelnd. »Giorgio hat bei uns gekehrt und bei Fasano, seit er neuerdings auch für den arbeitete. Außerdem mußte er dafür sorgen, daß die Sandsäcke nach dem Offnen nicht undicht waren.« Der maestro geriet ins Stocken, als ob er noch nie über die Pflichten eines uomo di notte nachgedacht hätte.
    »Und während der Nacht mußte er natürlich die Temperatur überwachen, ebenso wie die miscela«, fuhr Grassi fort. »Ferner hatte er darauf zu achten, daß die Säcke nicht umkippten oder vertauscht wurden.« Grassi hatte sich noch einen Kaffee bestellt, und während er darauf wartete, fragte er: »Sie wissen schon, was man unter miscela versteht, oder?«
    An den Begriff erinnerte Brunetti sich wohl, aber sonst war wenig hängengeblieben. »Nur daß sie aus Sand, vermischt mit anderen Rohstoffen, gewonnen wird«, sagte er.
    Der Kaffee kam, und wieder gab Grassi drei Löffel Zucker hinein. »Quarzsand, ja, das ist der mengenmäßig größte Bestandteil. Hinzu kommen Pottasche, Kalisalpeter und so weiter. Und wenn wir farbiges Glas herstellen, werden zusätzlich bestimmte Mineralien beigemischt: Mangan für Blau, beispielsweise, oder Kadmium für Rot. Von den Säcken, in denen die Rohstoffe geliefert werden, sehen einige sich zum Verwechseln ähnlich, deshalb muß man sie getrennt aufbewahren; und natürlich aufrecht stehend, damit nichts ausläuft. Das gäbe sonst eine furchtbare Schweinerei, und wir müßten am Ende alles wegwerfen.« Grassi sah den Commissario forschend an. Der nickte zum Zeichen, daß er ihm folgen könne.
    »Sobald wir Feierabend haben, fängt der uomo di notte an, die miscela in den Schmelztiegel zu schaufeln, wo sie dann, im Ofengehäuse, die Nacht über bei konstanter Temperatur erhitzt wird. Und am nächsten Morgen um sieben, wenn wir zur Arbeit kommen, ist die Schmelze für die Glasbläser bereit.«
    »Aha. Und was hatte Tassini sonst noch zu tun?«
    Wieder mußte Grassi überlegen. »Filter prüfen und gegebenenfalls die Fässer umsetzen.«
    »Was für Filter?« fragte Brunetti.
    »Die von den Schleifscheiben. Da wird alles gefiltert, auch das Wasser für die Kühlung.« Grassi klang reichlich desinteressiert. »Die Rückstände, all dies schmierig klebrige Zeug, wird in Fässern gesammelt und sogar mehrmals gefiltert. Aber ich kenne mich damit längst nicht so aus wie beim Glas.«
    Der maestro maß Brunetti mit nachdenklichem Blick, wie um ihn zu taxieren. »Ganz schön verrückt, finden Sie nicht? In Marghera pumpen sie munter jedes Scheißgift in die Luft oder die Lagune: Kadmium, Dioxin, Petro-dies und Petro-das, ohne daß jemand ein Wort darüber verliert. Aber wenn wir eine Handvoll zermahlenes Glas in die Lagune leiten, stehen prompt die Herren Inspektoren auf der Matte, und es hagelt Bußgelder. Manche so hoch, daß man den Laden gleich dichtmachen kann.« Grassi überdachte das Gesagte und setzte dann hinzu: »Kein Wunder, daß De Cal ans Verkaufen denkt.«
    Eine Bemerkung, die Brunetti für künftige Recherchen speicherte, bevor er wieder auf Tassini zu sprechen kam. »Und Ihr Nachtwächter? War der am Thema Umwelt interessiert?«
    Grassi verdrehte die Augen. »Und ob! Der hat ja von nichts anderem geredet. Man brauchte ihm nur ein Stichwort zu liefern, und schon legte er los, manchmal so ausdauernd, daß wir ihm den Mund verbieten mußten. Schadstoffe hier und Schadstoffe da, und nicht etwa bloß auf Marghera. Nein, auch bei uns, behauptete er, und daß sie uns alle vergiften würden!« Grassi kramte in seinen Erinnerungen, dann sagte er: »Ich habe ein-, zweimal versucht, ihm gut zuzureden, aber er war wie vernagelt.« Der maestro beugte sich zu Brunetti hinüber und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich habe die Zahlen gesehen und weiß, daß es uns niemals so ergehen wird wie denen in Marghera: Dort sterben sie ja wie die Fliegen.« Er trat zurück und zog seine Hand weg. »Vielleicht liegt's an der Strömung, also, daß die das ganze Dreckzeug wegschwemmt, wer weiß? Ich hab versucht, Giorgio das zu erklären, aber der

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