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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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nach dem Essen bei den Faliers traf Brunetti um halb neun vor der Questura ein. Es war Donnerstag und der Himmel verhangen. Noch bevor er das Gebäude betreten konnte, kam Vianello heraus gestürmt, der sich im Laufen die Jacke überzog. »Was ist los?», fragte Brunetti.
    »Ich weiß nicht«, antwortete der Ispettore, packte ihn am Arm und schob ihn Richtung Kanal, wo Foa, der Bootsführer, an Deck einer Polizeibarkasse stand und die Leinen löste. Als er Brunetti sah, hob Foa die Hand an die Mütze, richtete aber das Wort an Vianello. »Wohin, Lorenzo?«
    »Rauf zum Palazzo Benzon«, antwortete der Inspektor. Der Bootsführer streckte die Hand aus und half den beiden an Bord, bevor er den Motor anwarf und die Barkasse in den Kanal hinauslenkte. Im Markusbecken steuerte er nach rechts, aber da waren Brunetti und Vianello schon vor dem Regen in die Kabine geflüchtet.
    »Was ist los?«, wiederholte Brunetti mit gepresster Stimme.
    Vianellos spürbare Nervosität hatte ihn angesteckt. »Jemand hat eine Leiche im Wasser gesehen.« »Dort drüben?« »Ja.«
    »Was ist passiert?«
    »Ich weiß es nicht. Die Meldung kam erst vor wenigen Minuten rein. Von einem Fahrgast der Linie I. Sie hatten gerade von Sant' Angelo abgelegt. Der Mann stand draußen, und kurz vor dem Palazzo Volpi sah er bei der Ufertreppe etwas im Wasser treiben. Er sagt, es sah aus wie eine Leiche.« »Und er hat uns alarmiert?«
    »Nein, den Notruf. Aber die Carabinieri hatten kein Boot frei, also haben sie uns verständigt.« »Gibt es sonst noch Zeugen?«
    Vianello blickte aus dem Fenster auf seiner Seite. Der Regen war noch heftiger geworden, und der Nordwind peitschte schwere Tropfen gegen die Scheiben. »Der Mann hat gesagt, er stand draußen.« Vianello sparte sich den Hinweis, dass sich bei dem Wetter die wenigsten an Deck aufhalten würden. »Verstehe«, entgegnete Brunetti. »Und die Carabinieri?« »Die schicken ein Boot, sobald sie eins frei haben.« Plötzlich hielt es Brunetti nicht länger in der Kabine; er sprang auf, öffnete die Tür und stellte sich auf die unterste Treppenstufe, wo er immerhin noch teilweise vor dem Regen geschützt war. Sie fuhren am Palazzo Mocenigo vorbei, dann am Anleger Sant' Angelo und kamen endlich auf gleiche Höhe mit der Ufertreppe, die links vom Palazzo Benzon ins Wasser führte.
    Bevor Brunetti ihn anweisen konnte, das Tempo zu drosseln, hatte Foa den Motor bereits abgestellt, und sie glitten lautlos auf die Stufen zu. Die Stille dauerte allerdings nur wenige Sekunden; dann warf Foa den Motor wieder an, setzte im Rückwärtsgang mit gebremster Fahrt zurück und brachte das Boot wenige Meter vor der Landungstreppe endgültig zum Stehen.
    Der Bootsführer beugte sich über die Reling. Nach einer Weile hob er den Arm und deutete auf die Wasseroberfläche. Brunetti wagte sich, dicht gefolgt von Vianello, hinaus in den Regen. Sie traten neben Foa und folgten mit den Augen seinem ausgestreckten Arm.
    Ein helles, zerzaustes Etwas trieb, algengleich, etwa einen Meter links von der Treppe im Wasser. Was immer es war der Regen, der aufs Wasser prasselte, machte es unkenntlich.
    Eine Plastiktüte? Zeitungsfetzen? Dann, nicht weit entfernt, noch etwas. Ein Fuß.
    Er war ganz deutlich zu sehen: ein kleiner Fuß und, darüber, ein Knöchel.
    »Bringen Sie mich zur Calle Traghetto«, wies Brunetti den Bootsführer an. »Ich versuche, von dort aus ranzukommen.«
    Schweigend legte Foa vom Ufer ab und fuhr den Kanal entlang bis zur Landungstreppe am Ende der nächsten calle. Da gerade Ebbe war, ragten die beiden mit Algen bewachsenen Stufen zur Gasse hinauf aus dem Wasser. Brunetti hatte die Wahl: Entweder er versuchte, mit einem Sprung auf die vom Regen schlüpfrige Uferbefestigung zu hechten; oder er erklomm, auf Vianellos Arm gestützt, die algenbedeckten Tritte. Er entschied sich für Letzteres, erschrak aber heftig, als sein rechter Fuß gleich auf der ersten Stufe wegrutschte und gegen die Treppenwand prallte. Er taumelte nach vorn und wäre ohne Vianellos eisernen Griff im Wasser gelandet. Brunetti versuchte, sich mit der freien Hand abzustützen, doch auch sie glitt auf dem Algenbelag aus und schlug gegen die Treppenwand. Sobald er festen Boden unter den Füßen und den Regen auf seinem Rücken spürte, hielt er inne, bis das Zittern in seinen Knien nachließ.
    Hinter ihm stieß ein Wellenschlag das Boot mit dumpfem Prall gegen die Uferbefestigung. Brunetti wandte sich nach Vianello um und half nun ihm beim

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