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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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eine Tür zur Rechten und führte sie in einen langen, schmalen Raum, der an zwei Wänden mit deckenhohen Bücherregalen bestückt war. Das Zimmer hatte drei Fenster, aber das Haus gegenüber stand so dicht davor, dass weniger Licht hereindrang als durch das einzelne Fenster draußen im Flur.
    Die Sitzgruppe, zu der die Frau sie dirigierte, bestand aus zwei bequem wirkenden Sofas und dazwischen einem niedrigen Nussbaumtisch, auf dem seit Jahrzehnten Füße und Getränke ihre Spuren hinterlassen hatten. Auf dem Sofa, das die Signora wählte, lag, mit der Schrift nach unten, ein aufgeschlagenes Buch. Brunetti räumte, bevor er und Vianello ihr gegenüber Platz nahmen, eine Zeitschrift beiseite.
    Die Dame des Hauses betrachtete sie gelassen und distanziert. »Ich kann mir nicht erklären, was Sie zu uns führt, Commissario.«
    Ihr Tonfall verriet venezianische Anklänge, und unter anderen Umständen wäre Brunetti in den Dialekt verfallen. Aber da sie hochitalienisch sprach, blieb auch er dabei. »Es handelt sich um zwei von uns sichergestellte Gegenstände, die offenbar Ihrem Gatten gehören.«
    »Und um die zurückzuerstatten, schickt man gleich einen Commissario?«, fragte Signora Vivarini. Ihr anfängliches Erstaunen war hörbarer Skepsis gewichen.
    »Nein, Signora«, antwortete Brunetti. »Ich bin hier, weil dieser Vorfall möglicherweise in einen größeren Ermittlungszusammenhang gehört.« Eine Begründung, die oft genug als Ausrede herhalten musste, diesmal jedoch der Wahrheit entsprach.
    Die Frau hob die Hände und kehrte, wie um ihre Verwirrung deutlich zu machen, die Handflächen nach außen. »Ich habe immer noch keine Ahnung, worum es geht.« Hier probierte sie ein Lächeln, das jedoch misslang. »Vielleicht setzen Sie mich erst einmal ins Bild?«
    Brunetti zog den Umschlag aus der Tasche und schob ihn über den Tisch. »Können Sie mir sagen, ob das hier Ihrem Gatten gehört, Signora?«
    Sie nestelte die rote Kordel an der Kuvertklappe auf und ließ den Inhalt in ihre linke Handfläche gleiten. Als sie die Uhr und den Ring sah, blieb ihr der Mund offen stehen. Unwillkürlich versuchte sie, ihn mit der anderen Hand zu bedecken, zerknitterte dabei aber nur den Umschlag an ihren Lippen. »Wo haben Sie das her?«, fragte sie gebieterisch und sah zu Brunetti auf.
    »Dann erkennen Sie die Sachen also?«, fragte Brunetti zurück.
    »Ja, natürlich erkenne ich sie!«, entgegnete sie scharf. »Das ist der Ehering meines Mannes und seine Uhr.« Wie um sich zu vergewissern, klappte sie den Deckel der Taschenuhr auf und zeigte Brunetti die Gravur. »Sehen Sie: Da stehen unsere Namen!« Sie legte die Uhr auf den Tisch, hielt als Nächstes den Ring gegen das Licht und reichte ihn Brunetti. »Und da haben Sie unsere Initialen.« Als er schwieg, erkundigte sie sich noch einmal: »Wo haben Sie die Sachen her?«
    Doch Brunetti ging nicht auf ihre Frage ein. »Können Sie mir sagen, wann Sie diese Gegenstände zuletzt gesehen haben, Signora?«
    Einen Moment lang hatte er den Eindruck, sie wolle sich gegen seine Frage verwahren, aber dann sagte sie: »Ich weiß es nicht. Den Ring habe ich letzte Woche gesehen, als Giorgio vom Arzt heimkam.«
    Brunetti konnte sich zwar keinen Reim auf diese Antwort machen, sagte aber nichts.
    »Vom Dermatologen«, ergänzte sie. »Giorgio hatte einen Ausschlag an der linken Hand, und der Hautarzt meinte, Ursache dafür könnte eine Kupferallergie sein.« Sie wies auf den Ring, den Brunetti noch immer in der Hand hielt. »Sehen Sie, wie rot er glänzt? Das kommt von der Kupferlegierung. Zumindest glaubt das der Arzt. Und er hat Giorgio geraten, den Ring etwa eine Woche lang nicht zu tragen, um festzustellen, ob der Ausschlag sich dann zurückbildet.« »Und, hat es gewirkt?«, fragte Brunetti.
    »Ja, ich glaube schon. Ich weiß nicht, ob er ganz verschwunden ist, aber bei seiner Abreise war er längst nicht mehr so schlimm.« »Abreise?«
    Die Frage schien sie zu überraschen, fast so, als hätte Brunetti über die Reisedaten ihres Mannes Bescheid wissen müssen. »Ja, er ist in Russland.« Bevor einer der beiden nachhaken konnte, fuhr sie fort: »Geschäftlich. Seine Firma vertreibt Einbauküchen, und er soll mit den Russen einen Vertrag aushandeln.«
    »Wie lange ist er schon weg, Signora?«, fragte Brunetti. »Eine Woche.«
    »Und wann erwarten Sie ihn zurück?«
    »Mitte nächster Woche«, sagte sie. Doch dann brach es voll Ungeduld und Abscheu aus ihr heraus: »Es sei denn, er muss

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