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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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noch etwas?«, fragte er.
    Signora Vivarini ließ den Blick über die Kommodenplatte gleiten. »Ich glaube nicht«, sagte sie.
    Brunetti trat an die Terrassentür und schaute auf das Haus gegenüber. Um den Kanal sehen zu können, hätte er hinausgehen und sich über das Mauerchen beugen müssen. Stattdessen bedankte er sich bei Signora Vivarini und ging zurück auf den Flur. Als sie ihm folgte, fragte er: »Signora, können Sie mir sagen, wo Sie am Mittwochabend gewesen sind?«
    »Mittwoch«, wiederholte sie, aber es klang nicht wie eine Frage.
    »Ja.«
    »In der Oper, mit meinem Sohn, meiner Schwester und meinem Schwager. Anschließend haben wir zusammen gegessen.« »Darf ich fragen, wo?«
    »Bei meiner Schwester zu Hause. Sie und ihr Mann hatten uns eingeladen, aber da Giorgio verreisen musste, nahm Matteo seinen Platz ein.« Und wie um Nachsicht bittend, setzte sie hinzu: »Mein Sohn geht gern in die Oper.« Brunetti nickte. Er wusste, dass sich ihre Angaben leicht würden überprüfen lassen.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, erklärte Signora Vivarini mit erhobener Stimme: »Mein Schwager heißt Arturo Benini. Und sie wohnen in Castello.«
    Auch seiner nächsten Frage kam sie zuvor. »Wir waren mindestens bis ein Uhr morgens dort.« Und in einem Ton, als sei ihre Geduld nun bald erschöpft, fuhr sie fort: »Meine Tochter schlief schon, als wir heimkamen, darum gibt es dafür leider keine Zeugen.« Brunetti spürte, wie schwer es ihr fiel, den Zorn, der sich in ihre Stimme geschlichen hatte, zu bändigen.
    »Ich danke Ihnen, Signora«, sagte er und wandte sich nach dem Arbeitszimmer, wo Vianello saß und wartete. Doch da ging plötzlich die Tür am Ende des Flurs auf, und die Venus von Botticelli schwebte herein.

17
    A ls ein Mann, der seit über zwanzig Jahren mit einer in seinen Augen schönen Frau verheiratet war und dessen Tochter gerade zum Ebenbild der Mutter erblühte, war Brunetti an den Anblick weiblicher Schönheit gewöhnt. Außerdem bombardierte das Land, in dem er lebte, seine Augen beständig mit weiblichen Reizen: auf Plakaten ebenso wie auf der Straße oder hinter den Tresen der Bars; ja sogar eine der neuen Polizistinnen vom Revier in Cannaregio hatte, als er sie zum ersten Mal sah, sein Herz stillstehen lassen. Agente Dorigo entpuppte sich allerdings als Querulantin, die sich dauernd über irgendetwas beschwerte, so dass Brunettis Bewunderung für sie bald einem Schaufensterbummel glich: Es machte ihm Freude, sie anzuschauen, solange er weder mit ihr sprechen noch ihr zuhören musste.
    All diesen Erfahrungen zum Trotz war er nicht im mindesten vorbereitet auf den Anblick des jungen Mädchens, das jetzt den Flur betrat, sich umdrehte, um die Tür zu schließen, dann lächelnd auf sie zu schritt und rief: »Ciao, mamma, ich bin wieder da!«
    Sie küsste ihre Mutter, streckte Brunetti in einer, wie er fand, charmanten Imitation erwachsener Weltgewandtheit die Hand hin und sagte: »Guten Tag. Ich bin Ludovica Fornan.«
    Aus nächster Nähe war die Ähnlichkeit mit Botticellis Venus freilich nicht mehr so groß. Zwar hatten beide das gleiche wallende blonde Haar, aber das Gesicht des Mädchens war eckiger, die durchsichtig blauen Augen standen weiter auseinander. Er ergriff ihre Hand und stellte sich vor, allerdings nur mit Namen.
    Wieder lächelte sie, und er sah, dass an ihrem linken Schneidezahn eine winzige Ecke fehlte. Wieso man das wohl nicht hatte richten lassen? Eine Familie, die so herrschaftlich wohnte, hätte sich das doch bestimmt leisten können. Brunettis Beschützerinstinkt war geweckt, und er überlegte, ob man die Mutter darauf ansprechen könne. Doch der gesunde Menschenverstand überwog, und er wandte sich an Signora Vivarini mit den Worten: »Ich will Sie nicht länger aufhalten, Signora. Danke für Ihre Zeit. Ich hole nur rasch Ispettore Vianello.«
    Kaum hatte er das gesagt, gab das Mädchen einen seltsamen Laut von sich, führte die Hand zum Mund und fing an zu husten. Als Brunetti sich nach ihr umwandte, stand sie vornübergebeugt und hatte die Hände auf die Knie gestützt, während die Mutter ihr immer wieder auf den Rücken klopfte. Brunetti stand hilflos daneben. Endlich ließ der Anfall nach. Ludovica nickte und sagte etwas zu ihrer Mutter; die zog ihre Hand zurück, und das Mädchen richtete sich auf.
    »Entschuldigung«, flüsterte sie, Brunetti unter Tränen anlächelnd. »Hab mich wohl verschluckt.« Sie zeigte auf ihren Hals, aber das Sprechen löste einen

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