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Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume

Titel: Brunetti 17 - Das Mädchen seiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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»Der andere, Leonardo Mutti, ist in keinem Orden als Mitglied verzeichnet, zumindest in keinem vom Vatikan sanktionierten.«
    »Darf ich fragen, wie Sie das herausbekommen haben?« »Seine Personaldaten waren problemlos zu ermitteln: Da er hier wohnhaft ist, brauchte ich bloß in den Akten des Einwohnermeldeamtes nachzusehen.« Ein Vorgang, den sie mit einer winzigen Handbewegung als kinderleicht abtat. »Anschließend musste mein Freund bei der Kurie nur noch Namen und Geburtsdatum durch den Computer laufen lassen.« Hier flocht sie anerkennend ein: »Das Archiv des Vatikans ist wirklich phänomenal: Die haben einfach alles gespeichert!« Brunetti nickte.
    »Aber ein Leonardo Mutti ist nirgends registriert, weder bei einer der beiden christlichen Kirchen noch in einem der anerkannten Mönchs- oder Priesterorden.« »Anerkannt?«
    »Wie mir mein Freund erklärt hat, sind in den kirchlichen Archiven neben den zugelassenen - sprich vom Vatikan kontrollierten - Ordensgemeinschaften auch einige Randgruppen erfasst, wie etwa diese Spinner von der Lefebvre-Bruderschaft. Aber auch da taucht nirgendwo Muttis Name auf.«
    »Hatten Sie selber Zugang zu den Akten?« Brunetti, dessen Einblick in die Zusammenhänge mehr als dürftig war, stellte die Frage eigentlich nur höflichkeitshalber.
    »Wo denken Sie hin!« Signorina Elettra hob abwehrend die Hand. »Die sind zu gut für mich. Wie ich schon sagte: einfach phänomenal! Ihr System ist geradezu bombensicher. Da kommt man von außen nicht rein.«
    »Verstehe«, schwindelte Brunetti. »Und Antonin? Was hat Ihr Freund über den herausgefunden?«
    »Dass er vor vier Jahren aus seiner Gemeinde in Afrika zurückbeordert und in irgendein Nest in den Abruzzen verbannt wurde. Aber dann hat sich offenbar irgendwer für ihn stark gemacht und seine Beziehungen spielen lassen, woraufhin er die Kaplanstelle bei uns im Ospedale Civile bekam.« »Was denn für Beziehungen?«
    »Das weiß ich nicht, und mein Gewährsmann hat's auch nicht rausgekriegt. Aber jedenfalls schmorte Antonin etwa ein Jahr lang in einer Art internem Exil, bevor man ihn hierher versetzte.« Als Brunetti dazu schwieg, fuhr sie fort: »Normalerweise muss so ein in Ungnade gefallener, strafversetzter Missionar viel länger in der Verbannung bleiben manchmal für den Rest seines Berufslebens.«
    »Was hat man ihm denn zur Last gelegt?«
    »Er war in eine Betrugsaffäre verwickelt«, antwortete Signorina Elettra und fügte entschuldigend hinzu: »Das hätte ich wohl vorausschicken sollen.« »Betrug, sagen Sie?«
    »Ja, der übliche Schwindel, den sie in afrikanischen Missionen und anderswo in der Dritten Welt inszenieren: Man schickt Bettelbriefe in die Heimat und schildert darin die große Not der Menschen, wie schlimm sie darben und wie sehr man auf Hilfe angewiesen sei.«
    Für Brunetti klang das ganz nach den Briefen, die Sergio von Antonin bekommen hatte.
    »Aber Padre Antonins Mission schaffte den Sprung in die Moderne«, erklärte Signorina Elettra mit einem Anflug von Bewunderung in der Stimme. »Er richtete eine bebilderte Website ein, auf der seine Pfarrei im Dschungel zu sehen war und seine glückliche Gemeinde, wie sie im Gänsemarsch zur Messe schritt, oder auch die mit Spendengeldern erbaute neue Schule.« Sie hob das Kinn und fragte: »Haben Sie eigentlich früher auch für die Errettung armer Heidenkinder gespendet, Signore?«
    »Errettung?«
    »Na, Sie wissen schon: Da gab's doch diese Sammelkästen, wo man sein Taschengeld reinwarf, mit dem dann in Afrika ein kleines Heidenkind zum lieben Heiland bekehrt wurde.«
    »Stimmt, so was hatten wir in der Schule, aber ich durfte nicht mitmachen. Mein Vater war dagegen«, antwortete Brunetti.
    »In meiner Schule wurde auch gesammelt«, entgegnete Signorina Elettra, ohne zu verraten, ob sie sich an der Errettung kleiner Heidenseelen beteiligt hatte. überhaupt hielt sie mit irgendetwas hinter dem Berg. Brunetti hatte zwar keine Ahnung, was es war, vertraute aber darauf, dass sie über kurz oder lang damit herausrücken würde.
    »Padre Antonin hat sich auf seiner Website genau der gleichen Taktik bedient. Wer einen entsprechenden Betrag auf ein angegebenes Konto überwies, finanzierte damit ein Jahr lang die Ausbildung eines bedürftigen Kindes.«
    Brunetti, der selbst den Unterhalt für eine Reihe indischer Waisenkinder von der Steuer absetzte, wurde es langsam unbehaglich.
    »Von Religion war bei Padre Antonin nicht die Rede«, fuhr Signorina Elettra fort.

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