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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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Plastikbehältern, die ohne erkennbare Ordnung sorglos übereinandergestapelt waren. Einige Fässer ganz oben lehnten müde an ihren Nachbarn, andere in den äußeren Reihen drängten sich aneinander wie Pinguine in der antarktischen Nacht.
    Ohne dass man es ihm sagen musste, ließ Pucetti den Lichtstrahl langsam von einem Ende des Stapels zum anderen wandern, so dass sie die Fässer in der vorderen Reihe zählen konnten. Vianello verkündete leise das Ergebnis. Es waren vierundzwanzig Fässer nebeneinander, in fünf Reihen übereinander.
    Brunetti hatte einmal gelesen, ein Fass enthalte hundertfünfzig Liter, vielleicht auch etwas mehr. Oder weniger. Auf jeden Fall mehr als hundert. Er versuchte die Gesamtmenge im Kopf auszurechnen, aber da er weder das genaue Volumen noch die Anzahl der Reihen hinter denen kannte, die sie sehen konnten, kam er nicht über eine grobe Schätzung hinaus: Pro Reihe mochten es ungefähr zwölftausend Liter sein.
    Aber die Menge spielte keine Rolle, solange sie nicht herausgefunden hatten, was in den Fässern war. Erst dann konnten sie die Gefahr abschätzen. Das alles ging Brunetti durch den Kopf, während der Lichtstrahl über die Fässer wanderte.
    »Das sehen wir uns doch mal näher an«, sagte er leise und ging mit Vianello bis zur untersten Stufe. »Geben Sie mir die Taschenlampe, Pucetti.«
    Brunetti löste sich von Vianellos Arm und betrat den Boden des Tanks. Pucetti schob sich an dem Ispettore vorbei und stellte sich neben Brunetti. »Ich komme mit Ihnen, Signore«, sagte er und beleuchtete den Schlamm um ihre Füße.
    Vianello wollte ihnen schon folgen, aber Brunetti legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich will erst sehen, wie wir hier rauskommen.« Er war sich bewusst, wie leise sie alle sprachen, als könnte ein Echo Gefahr heraufbeschwören.
    Pucetti wies stumm mit dem Lichtstrahl die Treppe hinauf, bis ganz nach oben.
    »Nein. Für den Fall, dass es schnell gehen muss.« Brunetti nahm ihm die Taschenlampe aus der Hand. »Wartet hier«, sagte er und ging los. Er strich mit der Linken an der Wand entlang und bewegte sich langsam voran, bis er die Tür und dann die inneren Schlüssellöcher der beiden Schlösser gefunden hatte.
    Etwas weiter entdeckte er, worauf er gehofft hatte: einen kleineren Notausgang, der in die große Tür eingelassen war. Brunetti sah kein Hinweisschild auf eine Alarmanlage, und auch sonst deutete nichts darauf hin, keine Kabel oder Drähte. Er drückte den Griff nach unten, und die Tür schwang auf gutgeölten Angeln nach außen. Frische Luft strich ihm übers Gesicht und erinnerte ihn daran, was für ein entsetzlicher Gestank im Inneren herrschte. Kurz spielte er mit der Idee, die Tür aufzulassen, entschied sich dann aber dagegen. Kaum hatte er sie zugezogen, war der Gestank wieder da.
    Er tastete sich zu den anderen zurück. Bevor er etwas sagen konnte, trat Pucetti an ihn heran und hakte sich bei ihm unter - eine beschützende Geste, die Brunetti geradezu rührend fand. Vorsichtig, Arm in Arm, gingen sie los, setzten behutsam einen Schritt vor den anderen und blieben immer wieder stehen, um sich zu vergewissern, dass sie mit beiden Füßen sicheren Halt auf den glitschigen Unebenheiten des gefrorenen Bodens hatten. Auf diese Weise brauchten sie ziemlich lange, bis sie vor dem breiten Turm aus Fässern angekommen waren.
    Brunetti ließ das Licht über die Fässer wandern, irgendwo musste doch ein Hinweis zu finden sein, was sie enthielten oder woher sie kamen. Bei den ersten dreien war Fehlanzeige, aber der bleiche Schädel und die gekreuzten Knochen ließen solche Feinheiten ohnehin überflüssig erscheinen. Am nächsten Fass klebten Reste eines weißen Aufklebers, auf dem noch zwei blasse kyrillische Buchstaben zu erkennen waren. Der Behälter daneben brachte nichts, ebenso die drei danach. Aus einem Fass ziemlich am Ende der Reihe war etwas Schwefelgrünes ausgetreten, das im Schlamm eine eingetrocknete Pfütze hinterlassen hatte. Pucetti ließ Brunettis Arm los und ging um das letzte Fass herum. Brunetti folgte ihm und leuchtete die Reihen an der Seite ab. »Achtzehn«, sagte Pucetti. Brunetti, der neunzehn gezählt hatte, nickte und ging zurück, um sich das Fass an der Ecke genauer anzusehen; unterhalb des Deckels entdeckte er einen orangeroten Aufkleber. Die Aufschrift war in Deutsch, das wusste er, auch wenn er die Sprache nicht verstand. »Achtung!« Das war deutlich genug. »Vorsicht Lebensgefahr.« Auch hier war oben etwas ausgelaufen und

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