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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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hatte sich unten im Schlamm zu einem dunkelgrünen Fleck gesammelt.
    »Ich denke, wir haben genug gesehen, Pucetti«, sagte er und wandte sich dorthin, wo er Vianello vermutete.
    »Jawohl, Commissario«, sagte Pucetti und kam auf ihn zu.
    Brunetti trat zur Seite, rief Vianellos Namen und richtete den Lichtstrahl dorthin, von wo seine Antwort kam. Was dann passierte, sahen sie beide nicht. Er hörte nur, wie Pucetti hinter ihm nach Luft schnappte - vor Schreck, nicht vor Angst -, und dann ein Geräusch, das er erst nachträglich als das Schlittern identifizierte, mit dem Pucettis Fuß auf dem gefrorenen Schlamm nach vorne rutschte.
    Etwas krachte ihm in den Rücken, und Entsetzen packte ihn bei der Vorstellung, das sei eins der Fässer. Es folgte ein dumpfer Schlag, dann Stille, dann plötzlich ein Schrei. Pucetti.
    Er drehte sich langsam um, achtete auf seine Füße, und erfasste Pucetti mit dem Lichtkegel. Der junge Beamte lag auf den Knien und wischte seine linke Hand am Mantel ab. Er stöhnte. Dann schob er die Hand zwischen seine Knie und rieb sie hektisch an den Hosenbeinen ab.
    »Oddio, oddio«, jammerte er, und Brunetti sah erschrocken, wie er sich auf die Hand spuckte und sie noch einmal am Stoff seiner Kleidung rieb. Schließlich rappelte er sich hoch.
    »Vianello, der Tee«, schrie Brunetti und fuchtelte wild mit der Taschenlampe herum. Wo war Vianello? Wo war die Tür?
    »Hier bin ich«, sagte der Ispettore und hielt schon die Thermoskanne bereit, als Brunetti ihn mit der Lampe gefunden hatte. Er zog Pucetti an sich, fasste seinen Unterarm und streckte Vianello die Hand des jungen Kollegen entgegen. Handfläche und Handrücken waren mit den Resten einer schwarzen Substanz bedeckt, die er zum großen Teil schon an seiner Kleidung abgewischt hatte. Die Haut dazwischen war gerötet, stellenweise schälte sie sich ab und blutete schon.
    »Das wird weh tun, Roberto«, sagte Vianello. Er hob die Kanne hoch über Pucettis Hand, was Brunetti im ersten Augenblick nicht nachvollziehen konnte. Erst als die dampfende Flüssigkeit herauszulaufen begann, erkannte er, dass der Ispettore sie auf diese Weise wenigstens etwas abzukühlen hoffte, bevor sie über die offenen Wunden rann.
    Brunetti verstärkte seinen Griff, aber das war nicht nötig. Pucetti hatte schon verstanden und rührte sich nicht, als der heiße Tee über seine Hand rieselte. Brunetti trat zurück, um die Szene noch besser zu beleuchten. Wo der Tee auf den Boden traf, stieg Dampf auf. Die Zeit schien stillzustehen. »Hier«, sagte Vianello endlich und reichte ihm die Thermoskanne.
    Der Ispettore zog seinen Parka aus und riss ein Stück Vlies aus dem Futter. Dann machte er sich sorgfältig wie eine Mutter daran, dem jungen Kollegen die Haut zwischen den Fingern zu reinigen. Als er das meiste von dem klebrigen schwarzen Zeug entfernt hatte, nahm er wieder die Thermoskanne, träufelte noch etwas Tee über Pucettis Hand und achtete genau darauf, dass die Flüssigkeit auch überall hinkam, bevor sie auf den Boden rann.
    Als die Kanne leer war, klemmte er sie sich unter den Arm und sagte zu Brunetti: »Gib mir dein Taschentuch.« Brunetti gab es ihm, und Vianello wickelte es um Pucettis Hand und knotete es zu. Dann nahm er die Kanne mit der einen, Pucetti mit der anderen Hand und sagte zu Brunetti: »Bringen wir ihn ins Krankenhaus.«

25
    D er Arzt in der Notaufnahme des Krankenhauses in Mestre brauchte fast zwanzig Minuten, bis er Pucettis Hand gesäubert hatte; dazu badete er sie zunächst in einer milden Reinigungsflüssigkeit und anschließend in einem Desinfektionsmittel, um einer Entzündung der verbrannten Stellen vorzubeugen. Er sagte, wer auch immer daran gedacht habe, die Hand zu spülen, habe sie wahrscheinlich gerettet, auf jeden Fall aber dafür gesorgt, dass die Verbrennungen nicht noch sehr viel schlimmer seien. Nachdem er die Hand dick mit Salbe eingeschmiert hatte, verband er sie, bis sie aussah wie ein weißer Boxhandschuh; dann gab er Pucetti noch etwas gegen die Schmerzen und sagte, er solle am nächsten Tag in Venedig ins Krankenhaus gehen und den Verband wechseln lassen, eine Woche lang, täglich.
    Vianello blieb bei Pucetti, während Brunetti draußen auf dem Gang mit Ribasso telefonierte, den er nach einigem Hin und Her erreicht hatte. Der Carabiniere schien kein bisschen überrascht und bemerkte, als Brunetti mit seinem Bericht fertig war: »Sie können froh sein, dass meine Scharfschützen Sie in Ruhe gelassen haben.« »Wie

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