Brut des Teufels
sprichst.«
» Du gebietest?«, brüllte der Zwerg.
Der Boden erbebte, die Wände öffneten sich zu einem Abgrund, dann verschwand der Boden, und Nightingale stand mitten in der Dunkelheit auf dem Pentagramm. Nichts war über ihm, nichts unter ihm, und die Luft war eiskalt. Von dem Zwerg war nichts zu sehen.
» Du bist Lucifuge Rofocale, und ich gebiete, dass du die Wahrheit sprichst!«, rief Nightingale. Seine Stimme verhallte in der Ferne. Dann stürzte das Pentagramm plötzlich im freien Fall nach unten, und die Luft strich so rasch an seinem Gesicht vorbei, dass er sie nicht in seine schmerzende Lunge einatmen konnte. Nightingale schloss die Augen. » Das hier geschieht gar nicht«, sagte er. » Ich bin in Gosling Manor, im Inneren des Pentagramms. Nichts von dem hier ist real.«
Er schlug die Augen auf, und nun stand er wieder im Schlafzimmer. Die Flammen waren verschwunden. Er betrachtete seinen Handrücken; die Haare waren versengt und die Haut leicht geschwärzt.
Die Oberlippe des Zwergs verzog sich zu einem Fletschen. » Jetzt zufrieden? Oder willst du mehr?«
Ein Blitz flammte auf, so blendend hell, dass es wehtat, und Nightingale beschirmte die Augen mit den Händen. Der Zwerg war verschwunden, und an seiner Stelle stand nun ein riesiges Wesen, dessen Kopf gegen die Decke stieß und dessen ledrige Flügel zu beiden Seiten des Pentagramms die Wände streiften. Es hatte eine schmale Schnauze, spitze Zähne und Reptilienaugen. Als es brüllte, war der Gestank so überwältige nd, dass Nightingale beinahe die Besinnung verloren hätte.
» Willst du noch mehr?«, schrie das Wesen, und Nightingale taumelte zurück.
» Ich will nur das, was mein Recht ist: Ich will dich herbeirufen, und ich will, dass du die Wahrheit sprichst.«
» Dein Recht?«, brüllte das Wesen. » Wer bist du, um von Rechten zu sprechen?« Das Wesen öffnete das Maul, und ein Flammenstoß zuckte über Nightingales Kopf hinweg.
» Ich heiße Jack Nightingale, und solange ich im Pentagramm bleibe, kannst du mir kein Leid zufügen!«, rief Nightingale.
Das Wesen brüllte, und wieder zuckte ein Blitz auf. Jetzt war der Zwerg zurück und blickte finster zu ihm auf. » Das Pentagramm ist eine Zuflucht und ein Gefängnis«, zischte er.
» Das habe ich schon gehört«, erwiderte Nightingale. » Ich möchte mit dir reden.« Er bemühte sich, ruhiger zu atmen; er spürte, wie sein Herz in der Brust hämmerte, als wolle es ihm herausspringen.
» Du bist entweder sehr dumm oder sehr verschlagen«, sagte der Zwerg. » Welches von beidem?«
Nightingale zuckte mit den Schultern. » Ich weiß es nicht«, antwortete er. » Viel hängt davon ab, wie die Dinge sich in den nächsten Minuten entwickeln.«
Ein lauter Knall ertönte, ein Blitz flammte auf, und ein widerlicher Gestank wie von einem fauligen Abwasserrohr erfüllte die Luft.
Lucifuge Rofocale verschränkte die Arme. » Du hast Sugart hereingelegt, und er ist nicht glücklich.«
» Ich habe überhaupt nichts getan. Meine Schwester hat ihn beschworen. Meine Schwester hat ihm ihre Seele im Austausch für ihre Freiheit verkauft.«
» Während du Frimost abgelenkt hast, der schon zuvor den Anspruch auf ihre Seele hatte.«
» Es ist wohl kaum meine Schuld, wenn Frimost nicht am Ball bleibt, oder?«
Lucifuge Rofocale starrte Nightingale wütend an. » Du hast das hier geplant. Du hast alles geplant.«
Nightingale rümpfte die Nase. » Die Sache ist nicht mein Problem, oder? Beide sind deine Untergebenen. Du hast nichts weiter zu tun, als zu entscheiden, wer von den beiden die Seele meiner Schwester bekommt.« Er steckte die Hände in die Hosentaschen. » Natürlich wird der, der verliert, ziemlich sauer sein, klar? Und ich schätze mal, kein Chef möchte einen Untergebenen, der sauer auf ihn ist, nicht einmal in der Hölle.«
» Du weißt nichts von der Hölle, Nightingale«, sagte Lucifuge Rofocale. » Noch nicht. Aber dein Tag wird kommen.«
» Hier geht es nicht um mich«, erklärte Nightingale. » Sondern um meine Schwester. Ihr Vater hat ihre Seele vor einunddreißig Jahren an Frimost verkauft. Sie hat sie jetzt selbst in gutem Glauben an Sugart verkauft. Mir scheint, dass beide mit gutem Grund Anspruch auf sie erheben. Beide haben überzeugende Argumente, die für sie sprechen, und keiner der beiden wird es gut aufnehmen, wenn man ihm sagt, dass er verloren hat.« Nightingale lächelte. » Du musst also entscheiden, oder? Und ich nehme einmal an, dass Seelen unteilbar sind, so
Weitere Kostenlose Bücher