Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
Vom Netzwerk:
anatomischen Details Schicht für Schicht aufgedeckt werden.«
    Fast wie beim Striptease, dachte Singsaker düster und beschrieb Dahle die Schautafel in Kittelsens Büro.
    »Die ist nicht von Vesalius. Hört sich eher wie der Kupferstich eines berühmten anatomischen Illustrators aus dem 17. Jahrhundert an – wie hieß er noch mal? Gérard de Lairesse, glaube ich.«
    »Sie wissen viel über dieses Thema?«, sagte er.
    »Hat man erst einmal ein paar Grabstätten ausgegraben und Knochen studiert, beginnt man sich für diesen Stoff zu interessieren. Im Grunde genommen sollten wir alle mehr darüber wissen. Erst wenn man seinen Körper versteht, versteht man sich selbst.« Er hielt kurz inne, und sein Blick wurde schwer.Vielleicht war ihm in diesem Moment die Diskrepanz zwischen der wissenschaftlichen Art seiner Äuße rungen und dem gefühlsmäßigen Chaos aufgefallen, in dem er sich befand.
    Aber Singsaker wollte noch mehr von ihm wissen:
    »Wissen Sie etwas über den Anatomen Alessandro Benedetti?«, fragte er.
    »Ja, das tue ich. Über ihn ist nicht so viel bekannt wie über Vesalius. Benedetti lebte in Venedig und Padua, bevor Vesalius dort zu wirken begann. Er ist einer von mehreren Ärzten, die, wenn man so will, den Nährboden für Vesalius bildeten. Es ist anzunehmen, dass auch er zahlreiche Sektionen vorgenommen hat, vielleicht sogar eigenhändig, und es ist durchaus möglich, dass er bereits viele der Dinge wusste, für deren Entdeckung Vesalius berühmt geworden ist.Wie Vesalius hat vermutlich auch er Leichen von Friedhöfen gestohlen, daneben aber auch genehmigte, öffentliche Sektionen durchgeführt. Im politischen Hoheitsgebiet Venedigs waren diese bereits seit dem 15. Jahrhundert erlaubt.Alessandro Benedetti ist der Erste, der ein anatomisches Theater beschrieben hat.«
    »Ein anatomisches Theater?«
    »Ja. Das erste anatomische Theater, das wir kennen, wurde in Padua errichtet. Es steht heute noch dort und kann von Touristen besichtigt werden. Davor gab es aller Wahrscheinlichkeit nach bereits mehrere kleine, provisorische Theater, vielleicht nach Benedettis Anweisungen, aber das ist nicht belegt. Das Theater sollte ein Ort sein, in dem man öffentliche Sektionen mit vielen Zuschauern vornehmen konnte. Das Hauptanliegen war, dass alle die kamen, um dem Spektakel beizuwohnen, also Studenten, Ärzte und andere Schaulustige, tatsächlich etwas sehen konnten. Infolge Benedetti sollte das Theater ein großes Auditorium haben, einen großen, hell beleuchteten Sektionstisch, eine gute Belüftung und eine ausreichende Bewachung. Er schlug vor, Eintritt für die Sektionen zu verlangen.Von Padua aus verbreitete sich dieses Konzept im 16. und 17. Jahrhundert von Universität zu Universität. Bald gab es überall anatomische Theater. Das nördlichste wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts in Uppsala in Schweden gebaut. Das Theater dort ist tatsächlich eines der drei, die heute noch aus dieser Zeit bewahrt sind. Ich empfehle Ihnen, da mal hinzufahren.«
    »Vielleicht, wenn dieser Fall abgeschlossen ist«, sagte Singsaker und sah wieder den Schatten in Dahles Augen.
    »Um noch einmal auf den Fall zurückzukommen«, sagte Dahle etwas steif. »Das Messer, das Sie suchen, könnte durchaus für solche Sektionen benutzt worden sein. Es ist dünn und sehr scharf, und die Klinge hat einen leichten Bogen wie ein modernes Skalpell. In der Zeit, über die wir hier reden, wurden in Norwegen keine Sektionen vorgenommen.Wenn das Messer also aus Norwegen stammt, ist es vermutlich eher für medizinische Eingriffe wie Amputationen verwendet worden.«
    »Verstehe. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass das Messer aus Venedig oder Padua stammen könnte?«, fragte er.
    »Nein, gibt es nicht.Aber sollte es tatsächlich für Sektionen benutzt worden sein, ist alles möglich.«
    »Was meinen Sie, wer könnte heute so ein Messer besitzen?«
    »Nicht viele, denke ich. Ein Sammler, ein Bauer, der keinen Überblick über die Unordnung in seiner Scheune hat, keine Ahnung. Die meisten Gegenstände dieser Art liegen sicher in irgendwelchen Kassetten in Instituten wie diesem.« Der Archäologe breitete die Arme aus.
    »Sollte sich herausstellen, dass das Messer tatsächlich aus dem 16. Jahrhundert stammt und in Privatbesitz ist, würden Sie sagen, dass es wertvoll ist?«
    »Vermutlich sehr wertvoll, allein schon wegen der Qualität und Beschaffenheit des Metalls.Aber es kommt natürlich auch auf die Geschichte des Messers an.Wenn es, zum Beispiel,

Weitere Kostenlose Bücher