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Buch des Todes

Buch des Todes

Titel: Buch des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Brekke
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erzählen.
    »Es war Holly, die dich gefunden hat. Nach deinem ersten Schuss Heroin. Du hattest dir gleich eine Überdosis gesetzt. Dass Holly gerade an diesem Tag aus den Ferien zurückgekommen war und sich in den Kopf gesetzt hatte, dich um jeden Preis zu treffen, war ein absolutes Geschenk Gottes. Sie hatte in den Ferien viel über dich nachgedacht und dabei irgendwie begriffen, dass etwas nicht stimmte. Sie hat nicht eher Ruhe gegeben, bis sie dich gefunden hatte, hat uns ausgefragt und all deine Freunde abgeklappert. Zum Schluss hat sie den Nachbarjungen angerufen, Brad. So erfuhren wir, dass er dir bereits in der Woche zuvor das Leben gerettet hat te, weil er sich weigerte, dir Heroin zu besorgen. Er dachte, dir das Ganze ausgeredet zu haben, aber so einfach wolltest du dich offensichtlich nicht retten lassen. Du hast dir anderweitig besorgt, was du zu brauchen glaubtest, irgendwo in der Stadt. Es war Brad, der uns den Tipp mit dem Geheimclub im Keller gegeben hat; er meinte, dass du vielleicht dort sein könntest. Komisch, dass keiner von uns auf die Idee gekommen bist. Ob er etwas wusste oder einfach nur geraten hat, weiß ich nicht. Ich will auch gar nicht wissen, wie viele Pillen er dir im Laufe des Sommers besorgt hat, ohne dass wir etwas bemerkt haben.« An dieser Stelle machte er eine Pause und trank einen Schluck Bier, ehe er fortfuhr:
    »Du lagst auf dem Sofa, bewusstlos, und auf dem Boden neben dir lag eine Spritze. Holly rannte zu uns hoch und rief einen Krankenwagen. Ich sehe noch vor mir, wie bleich deine Mutter wurde. Sie konnte nicht glauben, was geschehen war.Wir sind dann mit dir ins Krankenhaus gefahren, mussten aber im Warteraum bleiben, bis sie dich endlich reanimiert hatten. Deine Mutter hat in der ganzen Zeit nicht ein Wort gesagt.Als wir zu dir ins Zimmer kamen, und du da lagst, jetzt wieder mit etwas mehr Farbe im Gesicht, aber noch immer blass, kamen ihr die Tränen. Ich habe deine Mutter nie so weinen sehen wie an diesem Tag.«
    Felicia saß da und sah ihren Vater an. Sie hatte ihn nie darüber sprechen hören und hatte selbst kaum eine Erinnerung daran. Das alles war wie zäher Nebel. Sie erinnerte sich, dass die Entgiftung die Hölle gewesen war und dass sie anschließend in ein Reha-Center in West-Virginia gekommen war. Der Aufenthalt dort hatte ihr sehr geholfen. Dann war ihr Vater gekommen, hatte sie geholt und nach Alaska gebracht. Ihr Vater hatte dort eine Stelle als Bezirkspolizist in einem kleinen Ort bekommen.Alles für sie, eine fast symbolische Handlung, ein Jahr in der Eiseskälte, weit weg vom Rest der Welt. Ein Neuanfang. Sie durfte als Assistentin ihres Vaters bei der Polizei arbeiten. Zu ihrer großen Überraschung hatte ihr die Polizeiarbeit richtig Spaß gemacht. Und als ihre Eltern am Ende dieses Bußjahres zu der Erkenntnis kamen, dass sie sie loslassen mussten, weil sie ihre Tochter nicht für alle Ewigkeit vor der Welt schützen konnten, und zurück nach Richmond zogen, hatte sie auf der Polizeischule begonnen.
    Eigentlich war sie nicht gekommen, um ihrem Vater zuzuhören. Sie war es, die auf den Geheimnissen hockte. Die Eltern hatten sie nie gefragt, warum aus der glücklichen High school-Schülerin innerhalb von zwei Monaten ein Heroin-Junkie geworden war. Diese Frage musste sie gequält haben und ihren Vater noch heute belasten. Trotzdem hatten sie ihr dieses Geheimnis aus irgendeinem Grund gelassen, vermutlich in der Hoffnung, ihr Kind würde irgendwann die Kraft haben, selber darüber zu reden.
    »Wir haben nie darüber geredet«, sagte sie.
    »Nein«, antwortete ihr Vater und trank den Rest seines Biers in einem Zug aus.
    »Gut, dass wir jetzt damit angefangen haben.«
    »Ja.«
    Beim nächsten Mal bin ich an der Reihe, dachte sie. Beim nächsten Mal.
    »Ich muss wieder zurück zur Arbeit, zu diesem Fall. Du weißt ja, wie das ist«, sagte sie und stand auf.
    Der Vater nickte. Er wusste genau, wie das war.
    »Du solltest dich fragen …«, sagte er, als sie auf dem Weg durch die Tür war.
    Sie blieb stehen.
    »… was er mit der Haut macht«, fuhr ihrVater fort.
    Sie nickte nachdenklich. Dann verließ sie die Wohnung, froh darüber, diesen Umweg gemacht zu haben.
    Als sie über die Treppe nach unten ging, dachte sie wieder an Ed Gain. Er ist Wirklichkeit, sagte sie zu sich selbst. Den Mörder, der seine Opfer häutet, gibt es. Gleichzeitig wurde ihr klar, dass eine der größten Herausforderungen in diesem Fall ihr seltsames Gefühl von Unwirklichkeit war.

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