Buchanan - 06 - Schattentanz
blickte sie finster an. »Ach so, Sie sind hinter dem Schatz her? Sie glauben, Sie könnten den Schatz finden, ihn vielleicht sogar behalten. Nun, ich kann Ihnen versichern, er war über Jahrhunderte gut versteckt. Wenn ich ihn nicht entdeckt habe, dann werden Sie bestimmt nicht einfach darüberstolpern. Alle Gräueltaten, die die Buchanans über die Generationen begangen haben, haben den Ursprung der Fehde verschleiert. Wahrscheinlich wird nie jemand den Schatz finden.«
Jordan war plötzlich entschlossen, die Ehre ihrer Familie zu verteidigen. »Kennen Sie eigentlich den Unterschied zwischen Fakten und Fantasie, Professor?«
Ihre Unterhaltung wurde immer hitziger, und es gelang ihnen kaum noch, leise zu sprechen. Als das Essen serviert wurde, erstarb jedoch das Gespräch. Jordan konnte es kaum fassen, was für ein riesiger, nahezu roher Fleischlappen vor den Professor gestellt wurde. Daneben lag eine nicht minder große gebackene Kartoffel. Ihr Hühnercurry wirkte dagegen wie eine Kinderportion. Der Professor beugte sich über den Teller, und er hob den Kopf erst wieder, als er den letzten Bissen verzehrt hatte.
»Möchten Sie noch Brot?«, fragte Jordan ruhig.
Statt einer Antwort schob er ihr einfach den Brotkorb hin. Sie winkte der Kellnerin und bat höflich um mehr. Die Kellnerin betrachtete den Professor misstrauisch; sie hatte den Streit bestimmt mitbekommen. Jordan lächelte ihr beruhigend zu.
»Sie lieben ihre Arbeit leidenschaftlich«, sagte Jordan zum Professor. Sie hatte sich überlegt, dass er vielleicht verärgert den Tisch verlassen würde, ohne ihr seine Forschungsunterlagen zu überlassen, wenn sie sich weiter mit ihm stritt. Dann wäre ihre Reise Zeitverschwendung gewesen.
»Und Sie bewundern sicher meine Hingabe«, antwortete er und erzählte eine weitere Geschichte von den Missetaten der Buchanans. Er unterbrach sich nur, um das Dessert zu bestellen, und als die Kellnerin es brachte, war er im vierzehnten Jahrhundert angelangt.
Alles in Texas war groß, einschließlich der Essensportionen. Sie starrte auf den Scheitel des Professors, der sich daran machte, das riesige Stück Apfelkuchen mit zwei Kugeln Vanilleeis zu vertilgen.
Ein Kellner ließ ein Glas fallen. Der Professor blickte sich um und stellte fest, wie voll es im Lokal geworden war, und auf einmal schien er auf seinem Stuhl zu schrumpfen.
»Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte Jordan.
»Ich mag keine Menschenansammlungen.«
Er trank einen Schluck Kaffee und sagte: »Ich habe Daten auf einem USB-Stick abgespeichert. Er ist in einer der Kisten für Isabel. Wissen Sie, was ein USB-Stick ist?«
Bevor sie antworten konnte, fuhr er schon fort: »Isabel muss ihn nur in ihren Rechner schieben. Man kann ganze Enzyklopädien darauf speichern.«
Sein herablassender Tonfall irritierte sie. »Ich sorge dafür, dass sie ihn bekommt«, erwiderte sie.
Er sagte ihr, wie viel der USB-Stick gekostet hätte und fügte hinzu: »Ich nehme an, Sie oder Miss McKenna geben mir das Geld zurück.«
»Ja, natürlich.«
»Jetzt?« Er zog eine Quittung aus seiner Tasche und blickte sie erwartungsvoll an. Offensichtlich wollte er das Geld auf der Stelle zurückhaben, also holte sie ihr Portemonnaie heraus und gab es ihm. Er schien ihr nicht gerade zu vertrauen, denn er zählte die Scheine, bevor er sie in die Tasche steckte.
»Was meine Forschungen angeht: Ich habe drei große Kartons voller Unterlagen. Ich habe ausführlich mit Isabel darüber gesprochen und beschlossen, Sie Fotokopien davon machen zu lassen. Sie hat mir versichert, dass sie die volle Verantwortung übernimmt, und ich verlasse mich auf ihre Integrität, da sie ja eine MacKenna ist. Wenn etwas fehlt, dann werde ich es merken. Ich habe ein fotografisches Gedächtnis. Wenn ich einmal etwas gelesen habe, behalte ich es im Kopf.« Er tippte sich an die Stirn. »Ich erinnere mich noch nach zehn, zwanzig Jahren an Namen und Gesichter von Personen, die mir einmal begegnet sind. Alles ist gespeichert. Das Wichtige und das Unwichtige.«
»Wie lange habe ich Zeit, um die Fotokopien zu machen?«, fragte sie, um das Gespräch zu einem Ende zu bringen.
»Ich bin früher als geplant mit den Vorbereitungen für meine Reise fertig geworden. Sie müssen in Serenity bleiben und die Kopien sofort machen. Es dürfte nicht mehr als zwei Tage in Anspruch nehmen. Vielleicht drei«, erwiderte er.
»Gibt es im Ort einen Copyshop?«
»Das glaube ich nicht«, meinte der Professor. »Aber es gibt ein
Weitere Kostenlose Bücher